Daft Punk Essentials: Die prägendsten Tracks des Duos

Daft Punk Essentials: Die prägendsten Tracks des Duos

Features. 23. Februar 2021 | 5,0 / 5,0

Geschrieben von:
Christoph Benkeser

Edit, 01. Februar 2024: Daft Punk haben angeblich vor, einen Nachfolger zu 'Random Access Memories' zu veröffentlichen. Alle Infos dazu gibt es hier.

Daft Punk sind nicht mehr. In einem YouTube-Video haben Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo das Ende der Roboter verkündet – in der Wüste, mit einem Knall, auf Wiedersehen! Das Video, ein Ausschnitt aus 'Electroma', dem Daft-Punk-Film von 2006, zieht den Stecker und zerbröselt das Projekt der Franzosen in seine Einzelteile: 1993 bis 2021. Eine lange Zeit, viel ist passiert. Immerhin: Man geht mit einem Bang!

Was Anfang der 90er in einem Pariser Wohnzimmer begann, ging around the world. Es mag pathetisch klingen, aber Daft Punk haben nicht nur die elektronische Musik um die Welt gebeamt, sondern auch gezeigt, was Rockstars ab den 2000er Jahren nicht mehr sein mussten: altbackene Macho-Männer mit Gitarren als präpotenter Schwanzverlängerung. Genau das, was Bangalter und Homem-Christo noch 1992 zu verkörpern versuchten. Mit ihrer Band Darlin’ rotzten sie ihren französischen Dialekt über amerikanischen Punk. In der Zeitschrift Melody Maker nannte das jemand „daft punky trash“ – der Rest ist Geschichte.

Daft Punk waren Dance Music, die zum Pop mutierte. Zuerst für den Underground, später für die Masse. Eine Nähe zum French Touch um Motorbass und Laurent Garnier schrieb man ihnen immer zu. Dabei war das Roboter-Duo ihr eigenes Bekenntnis, das weder in Frankreich begann noch an seinen Grenzen endete. Homem-Christo und Bangalter dachten das Ding von Anfang an groß. Schon bei Auftritten vor ihrem ersten Album „Homework“, das 1996 erschien, ballerten sie einen Sound, der sich auf Techno und House stützte, von dem man aber erahnen konnte, wie er zu etwas Größerem wachsen könnte.

Die Plattenfirma Virgin wusste das. Und gestattete Daft Punk künstlerische Freiheiten. Das Duo behielt die Rechte an ihrer Musik und ihrem Image. Schließlich war das Projekt von Beginn an eine Vision, die in den Köpfen der beiden auskomponiert war. Sie brauchten nur das Geld, um sie mit zwei verchromten Roboterhelmen und einer Menge Gegenwartsfuturismus umzusetzen. Als Daft Punk Anfang der 2000er-Jahre zu Robotern wurden, spiegelte sich die Verwertungslogik des Mainstreams in ihren Visieren. Daft Punk blieb gesichtslos, frei – und doch human after all.

Man stelle sich vor, wo die elektronische Musik der Nullerjahre gelandet wäre, hätte es Daft Punk nie gegeben. Bands und Projekte wie Justice, MGMT und Kavinsky wären woanders abgebogen, Skrillex und Deadmau5 hätten uns vielleicht sogar ganz verschont – wenn Daft Punk nicht irgendwann in ihr Leben getreten wäre und sie nicht diesen einen Auftritt am Coachella Festival 2006 gesehen hätten. Die Roboter mögen ihre Helme für immer abgesetzt haben, ihr Vermächtnis bleibt.

Daft Punk 1993: 'The New Wave'

1993 verbrannten Daft Punk ihre Gitarren und verkabelten stattdessen die Drum Computer, um in den Techno-Keller hinabzusteigen und den Laden mit Beats auseinanderzunehmen, für die sich Leute mit Gitterstäben piercen. Kein Wunder: Kurz davor landeten Homem-Christo und Bangalter auf einem Pariser Vorstadt-Rave. Ein Erlebnis sei das gewesen, Drogen habe Bangalter danach nie wieder genommen, weil: Ecastasy führe zum Kontrollverlust. Und Daft Punk brauchen Kontrolle! 'The New Wave' war trotzdem rasender Roboter-Rave für die Techno-Sause eine Elektrokution – als hätte man Kraftwerk mit dem falschen Adapter aufgeladen oder gleich ganz auf den elektrischen Stuhl verbannt. 220 Volt auf Anschlag, kein Erbarmen.

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Daft Punk 1995: 'Da Funk'

Klassiker, Hit, Rentenversicherung. 'Da Funk' pumpte 1995 Energie in die Knochen der Rave-Generation. Die Synthesizer schnurrten wie eine Katzenarmee auf Speed. Böse Zungen behaupteten sogar, das verrückte Alien-Teil namens Furby – das übrigens erst 1998 auf den Markt kam – hätte seine Stimme direkt aus den Schaltkreisen der Daft-Punk-Hymne entliehen. Jedenfalls drehten sich die Platten auf einmal überall, die Telefonleitungen beim viel zu kleinen Label Soma liefen heiß. Plattentypen aus Tokio, London und New York wollten wissen, wer hinter dem Sound steckt. Niemand, dachten sich Daft Punk und veröffentlichten ein weirdes Hunde-Video, das Spike Jonze für 'Da Funk' drehte. Thomas Bangalter meinte dazu: „Es geht um einen Mann, der als Hund verkleidet durch New York schlendert. Sonst ist da nix.“ OK, cool!

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Daft Punk 1997: 'Revolution 909'

1997 war das Jahr, in dem Daft Punk alte Auto-Anlagen auf die Probe stellten. So viel Bass pumpte damals niemand im Mainstream-Radio. Und dort landeten Homem-Christo und Bangalter mit 'Homework', eine Platte, die mit Bumms und Brimborium aus den Lautsprechern schepperte. Daft Punk produzierten das Teil in ihrem Wohnzimmer, David Guetta sagte später: „Sie benutzten zwei 8-Track-Maschinen, einen Ghettoblaster und keine Abhöre. Dafür knallten sie einen fetten Kompressor auf den Master“ – und bliesen damit Songs wie 'Revolution 909' zu einem Hurrikan auf. Übrigens und für alle Silberrücken aus den Feuilletonspalten: Das ist Filter House! Man dreht die Höhen raus und langsam wieder rein, das ist einfach und klingt dumpf wie eine Bootsparty nach fünf Mai Tai, ist aber genau das Gegenteil von „Bass rein und Abfahrt“.

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Daft Punk 2001: 'Aerodynamic'

Die Popkultur gierte nach Identität – und Daft Punk setzten sich die Helme auf. Der Millenium-Bug, ein Computerproblem, das man zur Jahrtausendwende befürchtete aber doch nicht eintrat, faszinierte Thomas Bangalter so sehr, dass er sich immer mehr mit Computern beschäftigte. Irgendwas war da im Schaltsystem! Ein neues Jahrhundert begann, die Welt schimmerte in Chrom – und Daft Punk wurden zu dem, was sie immer sein sollten: eine Mischung zwischen Mad Max und Cybertron, Business-Punks für die Generation X, ein Gruß aus der animierten Zukunft. 'Aerodynamic', das immer im Schatten von 'One More Time' stand, säbelte das beste Gitarrensolo aller Zeiten von den Saiten. Eine echte 'Discovery', ganz so, als hätte Johann Sebastian Bach vor 250 Jahren die Laute abgefackelt, fünf Pillen runtergewürgt und die Elektrische entdeckt. Jimmy Paige und Eddie Van Halen pissen sich vor lauter Ehrfurcht noch immer in die Lederhose.

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Daft Punk 2001: 'Veridis Quo'

Auf YouTube hat jemand geschrieben: „Discovery = Disco Very = Very Disco = Veridis Quo“. Wer sich seinen Arsch mit Seide abwischt, weiß, was damit gemeint ist. Es ist der Song, zu dem sich Daft Punk ihre Kabel wie Eingeweide aus den Bäuchen reißen, sich selbst auflösen, nicht wiederkommen. Eine heimliche Hommage an Jean-Michel Jarres 'Equinoxe', eine Verbeugung vor der Wehmut des Vergangenen, eine Träne im Augenwinkel des virtuellen Futurismus. Der Bass schluckt die rote Pille und steppt die Wände in der Matrix hoch, um zu sehen wie weit man kommt. Der Synthesizer verschränkt sich für immer vor der Wahrheit und blickt zurück. Damals war nicht alles besser, aber dieser Song bleibt für immer.

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2005: 'The Brainwasher'

Was haben sich die lieben Leute aus den Musikredaktionen 2005 die Haare aus den spärlich bekleideten Kopfgärtnereien gerissen! Ein Skandal sei dieses Album, völlig halbherziger Dance-Rock und eine lieblose Ansammlung vager Ideen hörten die Herren (ja, Herren) der versammelten Fachpresse in 'Human After All'. Die Platte, mit der Daft Punk ihre Visiere einen Spalt weit öffneten, um den Geruch des Technokellers zu schnuppern: Smells like teen spirit. Wieder einmal. 'The Brainwasher' ist eine psychedelische Abrissbirne in Form von fünf doppelten Espresso-Kapseln, der Totalabbruch im Viervierteltakt und ein fetter Mittelfinger in Richtung der Rich Kids, die in Segelschuhen immer noch zu 'One More Time' abgehen wollten. Übrigens: Nachdem die Franzosen sich für 300.000 Dollar überreden ließen, beim Coachella Festival aufzutreten, änderte sich die Meinung der Musikmagazin-Fritzen. Eine Light-Show, für die sich jeder Twitch-Streamer 2021 hinter seinem Green Screen verstecken würde, hat die Stimmung gedreht. Endlich durften Daft Punk wieder alle geil finden!

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Daft Punk 2013: Kanye West – 'On Sight'

Yeezus, was war das für ein Opener! Als Kanye 2013 seine Hommage an sich selbst veröffentlichte, krachte ein Sound aus den Lautsprechern, bei dem die Hip-Hop-Heads nicht wussten, ob sie das Gejaule feiern oder haten sollten. Es kratzte, quietschte und gluckste wie beim jährlichen Oldtimer-Treffen für Synthesizer, wo alte Männer an ihren Bärten zwirbeln und die olle Roland TB-303 auf ihre Funktion überprüfen. In den Händen von Daft Punk klang 'On Sight' wie eine Horde wildgewordener Nilpferde, die zum ersten Mal am MDMA-Trog schlabberten. Das Fundament für Kanye auf Amphetaminen!

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2013: 'Beyond'

Klar, 'Get Lucky' war der Pop, auf den sich Knabenchöre aus Kaiserslautern und Kleingartenvereine in Kassel genauso einigen konnten wie verbitterte Mittfünfziger, die Daft Punk bis zu diesem Zeitpunkt nur hörten, weil es kleine Kinder auf ihren Handys im Bus abspielten. Auf einmal war der Song überall, eine Ode an eine Epoche, die online ging. Sogar Oma Baimer schunkelte wie ein junges Ding in Videos, die jeden Kindergeburstags-Bumms in eine musikalische Mitmach-Katastrophe verwandelten. Dabei war Daft Punks letztes Album 'Random Access Memories' eine Verbindung zwischen Iron Man und Tron. Allein das Intro auf 'Beyond' klingt wie der Bombast, der in alten MGM-Filmen hinterm brüllenden Löwen auf uns wartete. Eine andere, eine neue – eine bessere – Welt. Vielleicht.

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