SY-1 Syncussion ist ein Behringer-untypisches Instrument. Statt legendäres Gear namhafter Hersteller des Synthesizer-Marktes zu klonen, hat die deutsche Firma beim SY-1 den gleichnamigen und absolut nischigen Drumsynthesizer der Schlagzeugmarke Pearl neu aufgelegt. Während das Original mit Drumpads geliefert wurde und als Ergänzung am Schlagzeug gedacht war, ist Behringers Version mit semimodularem Aufbau und Eurorack-Kompatibilität eher auf Tabletop-Settings zugeschnitten. Wie gut sich Syncussion auch ohne Drumpads macht und was sonst noch in der preiswerten Kiste steckt, zeigt folgender Test.
Quick Facts
- Zwei identische VCOs mit jeweils sechs Oscillator-Modi von FM bis Pure Noise
- Volume, Tune, Decay und Filter-Cutoff pro VCO
- Pitchsweep entweder Up oder Down mit Fadern für Speed und Range
- Jeweils ein LFO für Pitch-Modulation mit Square und Triangle-Wellenform
- Eurorack-Format und Patchpoints für Modular-Setups
Verarbeitung, Haptik und technische Daten
Mit Abmaßen von 95 x 424 x 136 mm und einem Gewicht von 1,9 kg entspricht Behringers Syncussion demselben Format wie Model D und Co. mit vergleichbar zufriedenstellender Verarbeitung. Das Metallgehäuse ist robust, sicher verschraubt und dank der Kombination aus Holzflanken und minimalistischem Aufdruck absolut schick. Über die Langlebigkeit der insgesamt 16 Fader lässt sich zunächst nur spekulieren: Straight out of the Box hält sich der Wackelfaktor der kleinen Schiebeköpfe zwar in Grenzen und auch der Widerstand ist ausreichend hoch für präzise Einstellungen, doch die rund 6 cm langen Fader-Spalten bieten reichlich Platz für Staub und Dreck. Klares Pro Agument an dieser Stelle ist, dass die Fader beleuchtet sind, sodass die Settings auch bei Dunkelheit sichtbar bleiben.
Die Kippschalter für LFOs, Pitch-Modulation und Sample and Hold wirken hingegen überaus stabil und rasten deutlich in den verschiedenen Positionen ein. Apropos Einrasten: Auch die Potis zur Auswahl der Oszillator-Modi rasten ein, sind jedoch dermaßen schwergängig, dass es beispielsweise kaum möglich ist, während der Performance gezielt den Modus zu wechseln. Auf der anderen Seite heißt das zwar, dass die Settings nicht so leicht aus Versehen verändert werden können, ein gesundes Mittelmaß wäre hier aber noch besser gewesen. Abgerundet werden die Bedienelemente durch vier kleine Stiftpotis für Fine Tune und Trigger-Sensitivity, sowie einem Trig-Taster pro VCO. Diese machen zwar, was sie sollen, zeigen in Sachen Qualität und Haptik aber deutlich, dass die Fader das Hauptbedienelement des Syncussion darstellen.
Die Anschlüsse
Die rückseitige Anschlusssektion des SY-1 ist ziemlich überschaubar: Jeweils eine 6,35 mm Klinkenbuchse als Ausgänge für die beiden VCOs, MIDI-THRU nach fünfpol DIN, ein USB-B-Slot für USB-MIDI und den Anschluss eines Computers sowie ein DC-In samt Powerschalter sind schon alles. Hinzu kommen vier Dipswitches, mit denen sich die MIDI-Kanäle der VCOs von 1 bis 16 einstellen lassen.
Etwas spannender wird es bei der Patchbay des Syncussion. Diese befindet sich oben rechts auf der Vorderseite des Synths und besteht aus zwei 3,5-mm-Ausgängen für die jeweiligen VCOs sowie einem Phones-Out im selben Format. Eingänge für Tune und Trig mit zugehörigen Sense-Regler gibt es ebenfalls pro VCO und werden von Mute und MIDI-IN – natürlich wieder nach fünfpol DIN – ergänzt.

MIDI-Settings und Betriebsmodi
Um SY-1 mit externem Gear zu steuern, gibt es verschiedene MIDI-Modi: Modus 1 verwendet den via Dipswitch ausgewählten MIDI-Kanal, wobei VCO 1 von MIDI Note 36 und VCO 2 von MIDI Note 38 getriggert werden. So können beide VCOs mit nur einem MIDI-Input gesteuert werden, inklusive unabhängiger CC-Befehle für Decay. Allerdings ist die Tonhöhe ausschließlich vom Setting des Pitch-Faders abhängig und lässt sich hier nicht per MIDI verändern.
Modus 2 schafft da Abhilfe und erlaubt es, die Oszillatoren des Syncussion wie einen "normalen” Synthesizer chromatisch via Tastatur zu spielen. Einziger Nachteil: Pro VCO benötigt der SY-1 einen eigenen MIDI-Channel, sodass sich die VCOs nur abwechselnd spielen lassen, wenn nicht zwei unabhängige MIDI-Quellen als Input genutzt werden – Bad News für Arturia Keystep Fans!
Die Patchbay
Als Kompromiss kann über die Patchbay beispielsweise der Output von VCO 1 als Trigger für VCO 2 verwendet werden. So lässt sich VCO 1 via MIDI chromatisch spielen, während VCO 2 gemäß dem Pitch-Fader auf einem festen Ton mitgetriggert wird. Noch besser wäre natürlich, wenn es einen weiteren Output pro VCO gäbe, sodass sich Pitch und Trigger gleichzeitig übertragen ließen. Die am Syncussion vorhandenen Tune-Buchsen sind nämlich fürs Stimmen via Footpedals gedacht und geben keine Control Voltages aus.
Noch mehr Footswitch Action gibt es beim Mute-In, der die Fader-Stellung des Decay-Parameters unterbricht und abstoppt. So lassen sich zum Beispiel noisige Hihats mit Open- und Closed-Varianten realisieren. Bemerkenswert ist außerdem, dass der Pitch-Fader beim MIDI-Modus-2 immer von der eingegebenen MIDI-Note überschrieben wird. Der Pitch verändert sich zwar, wenn bei gehaltener Note mit dem Fader gespielt wird, korrigiert sich jedoch spätestens mit neu getriggerter MIDI-Note nach.

Die Oszillatoren
Behringers Syncussion SY-1 besteht aus zwei identischen, monophonen Drumsynth-Schaltkreisen, die jeweils 6 verschiedene Oszillatortypen zur Auswahl haben und sich gemäß einer Handvoll Parameter in Echtzeit steuern lassen. Der Aufdruck auf der Gehäuseoberfläche bringt leider nur wenig Einsicht darüber, was sich hinter den verschiedenen Oszillatortypen verbirgt und setzt auf eine ominöse, alphabetische Beschreibung:
Typ A ist ein Single-Oszillator, der sich nicht nur für Drums, sondern auch hervorragend für Melodien eignet. Gleiches gilt für Dual-Oszillator-Mix Typ C, der quasi auf Typ A aufbaut, dem Signalfluss aber einen weiteren, höher oktavierten Oszillator beisteuert. Bei den Typen B und E handelt es sich um FM-Varianten, wobei letztere mit einem Noise-Mix daherkommt, was für ziemlich aggressive Sounds sorgt.
Typ D umgeht die manuellen Pitch-Sweep-Settings der Fader-Sektion und setzt stattdessen auf Velocity-Empfindlichkeit, sodass die Sweep Intensity von der Trigger-Stärke abhängt. Zu guter Letzt gibt es Typ F für Pure Noise. Generell ist die Mischung aus simplen Wellenformen, FM und Noise ziemlich gelungen und deckt eine Menge Anwendungsbereiche ab, die über Drums und Percussion hinausgehen.
Die Bedienelemente
Der Großteil der Bedienelemente des SY-1 Syncussion besteht aus rot beleuchteten Fadern. Jeder der zwei Oszillator-Circuits kommt mit Schiebereglern für Tune, Decay und Filter Cutoff sowie Speed und Range für automatisierte Pitch Sweeps. Ein Kippschalter bestimmt, ob aufwärts oder abwärts gesweept wird und auf Mittelstellung lässt sich die Modulation sogar umgehen, ohne dafür die Fadersettings ändern zu müssen.
Als weitere Modulationsquelle gibt es pro Oszillator einen LFO, der sich ebenfalls über eigene Fader bedienen lässt. Hier gibt es Speed und Depth zur Auswahl, wobei ein weiterer Kippschalter zwischen Rechteck- und Dreieckswelle wechselt. Auch hier gibt es Bypass via Mittelstellung, sodass sich die LFO-Modulation auch als Perfomance-Tool punktuell zuschalten lässt.
Schade ist, dass die LFOs ausschließlich auf den Pitch der Oszillatoren zugreifen. Filter-Cutoff und Decay wären als weitere Option durchaus praktisch gewesen. Apropos Filter-Cutoff: Dieser steuert in den meisten Fällen die Filterfrequenz eines Lowpassfilters, über dessen Flankensteilheit leider weder im Manual noch auf Behringers Homepage genauere Infos verfügbar sind.
Ebenfalls unnötig geheimnisvoll ist die Faderbelegung beim Noise-Oszillator Typ F. Hier steuert offenbar der Pitch-Regler die Filterfrequenz, was in Kombination mit LFOs, Pitchsweep und MIDI-Input durchaus von Vorteil ist. Umso fragwürdiger, warum Behringer auch hier keine Details preisgeben wollen. Generell sind die Sounddesign-Optionen relativ begrenzt, aber was Syncussion bietet, klingt definitiv gut.
Alternativen
Fazit
Behringers SY-1 Syncussion ist ein sonderbares Produkt. Nicht nur die Tatsache, dass das Original nicht ansatzweise so legendär ist wie bei anderen Behringer-Clones, auch die relativ reduzierte Bedienbarkeit des Synths fällt schnell auf. Die große Stärke des Syncussion ist definitiv der Sound, der sich besonders für technoide Percussions oder mellow Melodien eignet. Mit den verfügbaren Bedienelementen lässt sich zwar deutlich weniger anstellen als bei den meisten anderen Synthesizern der Preisklasse, aber immer noch genug, um Spaß am Schrauben zu haben.
Hinzu kommt die Tatsache, dass Syncussion ein vergleichsweise einzigartiges Produkt ist, was über einige Kritikpunkte hinweg tröstet. Dedizierte, analoge Drumsynthesizer sind in diesem Preissegment recht selten. Außerdem können Einschränkungen im Funktionsumfang auf eigene Art und Weise die Kreativität fördern, sodass Behringers SY-1 am Ende doch einen erstaunlich positiven Eindruck hinterlässt. Wer es technoid aggressiv oder minimalistisch gediegen mag und seine Drums nicht ständig samplen möchte, sollte Syncussion definitiv auschecken.
Pro
analoger vintage Sound
einzigartiges Konzept
faires Preis-Leistungs-Verhältnis
Kontra
überschaubares Sounddesign
LFOs nur für Pitch-Modulation
kaum Infos über Oszillatoren, Filter und Co.
Preis:
199 EUR
Weitere Informationen gibt es auf der Website von Behringer.
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