Über Exibeat sollen aufstrebende Produzent:innen ihre neuesten Tracks an etablierte DJs verkaufen können. So weit, so normal. Oder? Das Leipziger Unternehmen will mehr als nur einen digitalen Marktplatz an den Start bringen, erklärt Geschäftsführer Boris Parasochka.
Der Name für Exibeat kam dem DJ, Veranstalter und Tech-Unternehmer Boris Parasochka alias Ostblock beim jährlichen Rundgang der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig: Im englischen Wort "exhibit" klang nicht nur das Wort "beat" an, auch lässt sich so der Grundgedanke der gemeinsam mit Alicia Rapiera aus der Taufe gehobenen Plattform beschreiben: als Ausstellung von Beats von aufstrebenden Künstler:innen, die käuflich erworben werden können. DJs soll im Gegenzug eine zentrale und den eigenen Vorlieben angepasste Anlaufstelle für Promos geboten werden, mit denen sie normalerweise über zig verschiedene Kanäle bombardiert werden. Das erklärte Ziel von Exibeat: mehr Fairness.

Was war die ursprüngliche Idee hinter Exibeat?
Ich lege schon lange auf, bin aber erst seit etwa 2017 ernsthaft als DJ aktiv und versorge mich vor allem über Bandcamp, Beatport, SoundCloud und andere Plattformen. Bandcamp aber wurde überhaupt nicht für elektronische Musik konstruiert. Das Angebot ist groß, die Suche aber ein pain in the ass. Weil ich einen Tech-Hintergrund als Entwickler und Produktmanager habe, wollte ich meine Skills aus diesem Bereich mit meiner Leidenschaft für elektronische Musik zusammenführen. Schnell haben wir gemerkt: Exibeat wird ein Marktplatz und kein eCommerce-Shop, wie zum Beispiel Beatport einer ist.
Anders als bei Beatport können Produzent:innen und Labels die Musik auf einem Marktplatz wie Bandcamp selbst und weitgehend unter ihren eigenen Bedingungen anbieten.
Genau. Exibeat soll aber eben nicht einfach Bandcamp 2.0 für elektronische Musik sein.
Das versprechen ja schon Nina oder Acid Nation. Exibeat hat einen speziellen Fokus.
Über Exibeat können DJs oder auch Labels unveröffentlichte Musik entdecken beziehungsweise können die Artists diese dort verkaufen. Wir fangen aber erstmal klein als Promo- und Discovery-Tool an, das aufstrebende Produzent:innen mit etablierten DJs zusammenbringt. Normalerweise schicken die Artists ihre Musik umsonst an DJs. Wir wollen ihnen dabei helfen, Geld zu verdienen und nachhaltige Karrieren aufzubauen.

Das unterscheidet euch von großen Promo-Diensten wie FatDrop oder Inflyte. Wieso aber sollten DJs eure Plattform verwenden?
Laut dem Aslice-Bericht "A Slice of Fairness" spielen DJs in ihren Sets rund 30 Prozent unveröffentlichte Musik. Viel davon bekommen sie über diese Tools oder per Mail, das alles ist aber komplett ungefiltert. Gerade am Anfang soll Exibeat für die Musik von aufstrebenden Produzent:innen dienen, die solche Services noch nicht verwenden und stattdessen unzählige Dropbox-Links oder SoundCloud-DMs schicken. Wir vereinfachen die Sache also auch für DJs, die die neue Musik in Form einer Playlist präsentiert bekommen. Sie können an einem zentralen Ort ihr Feedback hinterlassen, die Musik herunterladen oder eben dafür bezahlen. Sie werden keinen separaten Mail-Account für ihre Promos mehr brauchen und wir werden die Musik sogar vorsortieren. Wenn du kein Tech-House spielst, filtern wir das raus.
Exibeat soll DJs mehr Bequemlichkeit bieten. Und weiter?
Wir betrachten Exibeat auch als Ort der Kommunikation und des Netzwerkens, wo etwa Labels proaktiv Artists entdecken und DJs mit Produzent:innen in Kontakt treten können. Ich bezeichne Exibeat deshalb als Ort für fair support and connection. Insgesamt sehe ich eher eine Verbindung zu Aslice als zu anderen Marktplätzen oder Promo-Diensten.
Aslice ist daran gescheitert, dass nicht genug DJs ihre Einnahmen mit den Produzent:innen von Musik teilen wollten. Wie wollt ihr diesbezüglich ein Umdenken anstoßen?
Das wird nicht von heute auf morgen passieren. Ich habe mit etwa 200 DJs gesprochen. Einige waren begeistert von dem Prinzip. Viele haben berichtet, dass sie Produzent:innen zuvor nach ihrem PayPal fragen mussten, um für die Musik zu bezahlen. Das geht bei uns mit einem Klick. Sicherlich werden aber nicht alle Exibeat verwenden wollen. Manche Produzent:innen möchten sogar nicht, dass befreundete DJs Geld für ihre Promos zahlen. Deshalb kann Musik auch nach dem Name-Your-Price-Prinzip angeboten werden. In unseren Gesprächen haben wir allerdings festgestellt, dass viele Produzent:innen genug davon haben, dass ihre unveröffentlichte Musik kostenlos heruntergeladen und dann in Clubs oder bei Festivals gespielt wird. Wir bieten ihnen die Möglichkeit, den Preis dafür selbst festzulegen. Letztens habe ich mit Barker gesprochen, der davon begeistert war. Er sagte, er brächte jetzt manche EPs gar nicht mehr veröffentlicht, sondern könnte beispielsweise fünf Euro pro Track verlangen und die Stücke an zwanzig ausgewählte DJs rausschicken. Die Einnahmen würden denen einer regulären EP-Veröffentlichung entsprechen und außerdem könnten dann nur wenige DJs exklusiv sein Musik spielen.
Das gute alte Dubplate-Prinzip! Das wäre allerdings ein Extremfall: Die meisten werden ihre Musik doch lieber über Labels veröffentlichen wollen. Sollen auch Labels Exibeat nutzen können?
Wenn du einen Marktplatz wie Exibeat aufbaust, musst du dein Angebot zuerst einschränken und deine Nische finden, bevor du dein Geschäft skalieren kannst. Deshalb fokussieren wir uns auf Clubmusik und nicht etwa Experimentelles oder Ambient, obwohl das natürlich auch Potenzial hätte. Ebenso konzentrieren wir uns anfangs rein auf DJs und Produzent:innen. Kämen jetzt schon Labels hinzu, wäre das zu viel. Aber auch sie erhalten viel neue Musik per E-Mail und wir könnten das vereinfachen. Anders als DJs wollen sie allerdings keine Musik kaufen, weshalb wir über ein Abomodell für Labels nachdenken. Aber das wäre der nächste Schritt.
Sinnvoll wäre das, weil Exibeat ein potenziell spannendes A&R-Werkzeug wäre: Ihr könntet Talent Scouts Daten darüber zur Verfügung stellen, welche Tracks gerade viel gekauft werden, was für Feedback kommt, und so weiter.
Wir waren vor geraumer Zeit mit einem Vertrieb in Kontakt, der sich genau für solche Daten interessierte. Bei uns dreht sich aber alles um die Frage, wie die Artists von Exibeat profitieren. Wenn sie dadurch entdeckt und unter Vertrag genommen werden können, sind wir gerne dabei behilflich. Wenn es aber wieder nur auf Ausbeutung hinausläuft, ist das nichts für uns. Ich mache es ja nicht, um reich zu werden – sonst hätte ich ein KI-Start-up aufgebaut! (lacht) Wir werden auf jeden Fall versuchen, die Resultate zu messen, also etwa wie viel Geld die Produzent:innen durchschnittlich verdienen oder welche Genres besonders viel Einnahmen generieren. Dabei geht es hauptsächlich darum, wie wir unseren Service optimieren können.
Woher sollen die Gelder kommen, um ihn überhaupt am Laufen zu halten?
Wir erheben zum Anfang 20 Prozent auf jeden verkauften Track. Wir werden aber sicher noch viel rumprobieren. Erstmal müssen wir herausfinden, ob DJs überhaupt für unveröffentlichte Musik bezahlen wollen. Und dann sehen wir, wie sich die Sache entwickelt.
Wann soll Exibeat für die Öffentlichkeit zugänglich werden?
Mitte Juli haben die ersten fünf DJs die Plattform getestet, mittlerweile sind es schon 20 mehr und seit Mitte September wird die Zielgruppe graduell erweitert. Im November wird Beta gelauncht und danach geht es auf Invite-Basis weiter. Zu Beginn wollen wir so Qualitätskontrolle betreiben: Die Community soll auf DJ- wie auch auf Produzentenseite organisch wachsen und sie sollen mitentscheiden, wer zu der Plattform eingeladen wird. Während wir Stück für Stück herausfinden, was funktioniert und was nicht. Sobald wir das erreicht haben, werden wir Exibeat voraussichtlich im Frühjahr 2026 für alle öffnen.



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