Review: Prins Thomas – 8-9 [Full Pupp]

Review: Prins Thomas – 8-9 [Full Pupp]

Features. 27. März 2022 | / 5,0

Geschrieben von:
Kristoffer Cornils

Anfang 2021 machte Prins Thomas große Inventur, ging durch Halbfertiges und Skizzenhaftes, baute es aus und kam schließlich mit zwei Alben zurück. Die heißen ‘8’ und ‘9’ beziehungsweise im Doppelpack ‘8-9’, denn Understatement ist seit jeher die Währung des Disko-Remiksers und verlässlichen Feel-Good-Lieferanten. Auch in diesen 13 Tracks, die er selbst als seine besten bisher bezeichnet. Nicht zu Unrecht.

Prins Thomas ist der Wadenwickel der Dance Music: Das, was aufgelegt wird, wenn der Körper den Geist im Stich zu lassen scheint; wenn die Hitze aus den Dingen genommen werden muss, damit es weitergehen kann. So begrüßt auch der Opener dieser Doppel-LP sein Publikum mit wohlig-sphärischen Arpeggien, denen von einem sanften Beat und einer bauchig-butterweichen Bassline Kontur verliehen werden. Das fühlt sich an wie eine achteinhalbminütige Umarmung bei einer Rückkehr nach langer Zeit in der Fremde an und auf eine Art ist es das auch: Nachdem Thomas Hermansen mit einer Reihe von EPs im Frühjahr 2020 und dem Album Træns für Gerd Jansons Running Back im Juli desselben Jahres noch ein paar Prä-Pandemie-Projekte abgewickelt hatte, konzentrierte er sich auf Remix-, pardon, Remiksing und Mixdowns – Serviceleistungen für andere.

Anfang 2021 folgte allerdings der große Inventurrausch und Hermansen ging durch Halbfertiges und Skizzenhaftes, um es fertigzustellen – und mit dem besten Album seiner Karriere zurückzukommen. Das zumindest sagt er selbst und allzu leicht lässt es sich ihm nicht widersprechen. Denn gerade wegen ihres zusammengewürfelten Charakters bilden diese 13 Stücke ein luftiges, leichtes Ganzes, das sich so stiloffen und optimistisch zeigt wie … na ja, eigentlich kaum etwas anderes in den zurückliegenden zwei Jahren.

‘Salto Mortale’ übernimmt nach dem Endorphin spendenden Auftakt ‘Kjære Mamma’ mit Disco-Ryhthmussektion und funkelndem Gitarrengeschrammel und leitet damit zu zwei Tracks über, die Live-Instrumentierung ins Zentrum stellen. ‘Cool Coronas’ ist eine der zwei Kollaborationen mit dem Jazz-Pianisten John Carroll Kirby, ‘Sunroof Down’ das auf dieser Platte einzige Zusammentreffen mit dem, tja, Jazz-Pianisten Bugge Wesseltoft. Kirbys Spiel wird in eine entspannte Midtempo-Nummer eingebettet, Wesseltoft hingegen darf mit Gniedel-Synthies einen abgehangenen Disco-Swagger mit viel kosmischem Käse überstreuen. Das ist eine Unernsthaftigkeit, die zuletzt schmerzlich gefehlt hat.

‘Cala Llonga’ und ‘Film 001 (Slapp Finale)’ lassen erneut Akustikgitarren erklingen, setzen deren gleichermaßen organischen wie geleckten Sound jedoch in ganz andere Kontexte: Der eine Track setzt auf freundliches Acid-Gefiepe, die Melodien verknoten sich über einem Midtempo-Beat und reizen die Reibungen zwischen den verschiedenen Sounds solange aus, bis der Moment für weitgreifendes, kathartisches Pathos gekommen ist. Die balearischen Untertöne werden vom folgenden Stücke aufgenommen, allerdings erinnert Prins Thomas’ Aufenthalt im Café del Mar dank spooky Synths an Air zu ‘Moon Safari beziehungsweise ‘Virgin Suicides’-Zeiten.

‘9’ knüpft stimmungsmäßig mit einem vergleichsweise unausgegorenem Intro genau dort an und geht mit ‘Layback Rollout’ dann in den Beach-Party-Peak-Time-Modus über, setzt aber statt gleißender Hook eine rumorige E-Gitarren-Line als Leitmotiv ein. Überhaupt zeigt sich Hermansen im zweiten Teil des Doppelalbums angriffslustiger. Die zweite Kirby-Kollaboration ‘Earthbound’ setzt auf einen vershuffelten Groove und eine wuchtige Bassline, ‘I Love U’ lässt seiner Leidenschaft für ‘Træns’ auf einem bouncenden Midtempo-Rhythmus freien Lauf.

Das wird von einer sprudelnden Sequenz aufgenommen, die im Kern des ausführlichsten Stücks auf ‘8-9’ steht. ‘Tåke Over Fjorden’ setzt erneut auf das Miteinander von Disco-Vibes und kosmischen Klängen und obwohl das gegen Ende des Albums schon fast wieder wie ein gängiger Taschenspielertrick aus Prins Thomas’ doch eigentlich viel breiterem Repertoire wirkt, rettet das Arrangement alles: Über die neuneinhalb Minuten Länge entwickelt sich hier gemächlich etwas, finden die verschiedenen Elemente entlang eines sorgsam ausgerollten Spannungsbogens in immer wieder verschiedenen Konstellationen zueinander. Dass der ebenso sehnsüchtige wie angefunkte Closer ‘Film 006’ danach etwas deplatziert wird: geschenkt.

So wie eben auch ‘8-9’ im Gesamten wie ein Geschenk wirkt, als bescheidene Gabe an alle, die Prins Thomas nach zwei weitgehend stillen Jahren mal wieder in seinem Element erleben wollten: verspielt, entspannt, bisweilen etwas kitschig und durchweg supersympathisch. Wadenwickelmusik für schwere Zeiten.

'8-9' erschien am 25.03.2022 via Full Pupp.

Veröffentlicht in Features und getaggt mit 8-9 , Bugge Wesseltoft , Full Pupp , John Carroll Kirby , Prins Thomas

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