Test: Sequential Prophet-5 / Desktop-Synthesizer

Test: Sequential Prophet-5 / Desktop-Synthesizer

Tests. 17. Juni 2021 | / 5,0

Geschrieben von:
Jan Jankowski

Die von MIDI-Urvater Dave Smith entwickelten Instrumente genießen seit jeher einen Legendenstatus und stehen seit Jahrzehnten für kompromisslose Qualität und einen unverkennbaren Klang, den man selbst heute in Chart-Hits diverser Genres wiederfindet. Der jüngste Zuwachs im Produktkatalog Sequentials ist das Prophet-5 Desktop Module, ein polyphoner Desktop-Synthesizer mit fünf Stimmen und analoger Klangerzeugung. Wie gut das Konzept des Prophet im Desktop-Format funktioniert und ob der amtliche Preis dem Synthesizer gerecht wird, haben wir für euch getestet.

Historisches

Bevor wir uns dem neuen Prophet-5 Desktop Module widmen, lohnt es sich, die Geschichte hinter der Prophet-Serie und dem Gründer Dave Smith zu beleuchten: Im Jahr 1978 stellt der zuvor eher als Hobby-Bastler bekannte Dave Smith den weltersten Synthesizer vor, der dank Mikroprozessor vorab eingestellte Patches speichern und wieder abrufen ließ – den Prophet fünf. Nur vier Jahre nach dieser bahnbrechenden Entwicklung und der Markteinführung des zehnstimmigen Prophet 10 sowie dem monophonen Pro-One überraschte uns der immer bekannter werdende Visionär mit dem Prophet 600, dem ersten MIDI-fähigen Synthesizer der Welt. Dave Smith selbst war neben dem damaligen Gründer der Roland Corporation, Ikutaro Kakehashi, maßgeblich an der Entwicklung des MIDI-Standards beteiligt, der heute kaum aus den Studios, Bühnen und Booths wegzudenken ist – danke, Dave!

Hardware und Anschlüsse

Mit seinen Maßen von 53 x 8 x 19 cm findet der Synthesizer gut Platz zwischen MIDI-Tastatur und Bildschirm und ist dank des leicht abgeschrägten, schwarzen Bedienfeldes und der weißen Beschriftung einzelner Regler bzw. Taster gut überschaubar. Die Qualität der Bedienelemente ist, wie von einem Instrument dieser Preisklasse zu erwarten ist, tadellos: Die griffigen Drehregler haben einen angenehmen Widerstand und sitzen fest auf dem Gerät. Auch die Knöpfe und Taster weisen einen deutlichen Druckpunkt und ein wohliges Knacken beim Bedienen auf.

Zusammengehalten wird das Desktop Module von eleganten Seitenteilen. Vier Gummifüße sorgen zudem für einen sicheren, rutschfreien Stand auf dem Schreibtisch. Allgemein hinterlässt die Verarbeitung ein sehr hochwertiges, edles Feeling und man merkt dem Traditionshersteller seine langjährige Erfahrung in der Herstellung professioneller Instrumente schnell an.

Auf der Rückseite des Prophet finden sich neben der Kaltgeräte-Buchse zur Stromversorgung sowie dem On/Off-Switch auch zahlreiche In- und Outputs im 6,3mm-Klinkenformat. Angefangen mit den Audio-Outputs für Line- wie auch Phones-Pegel lässt sich der Synthesizer via In- und Outputs für CV/Gate auch in (semi-)modulare Systeme einbinden. Expression-Pedale, wie sie in jedes gute Repertoire eines Keyboarders gehören, können sowohl an den Amp- als auch Filter-Input angeschlossen werden und ermöglichen ein expressiveres Spielen des Synthesizers.

Der Release-Input arbeitet mit einem gewöhnlichen Sustain-Pedal. Das obligatorische MIDI-Trio (In/Out/Thru) ist selbstverständlich auch verbaut, doch findet sich auch eine USB-Buchse zur bidirektionalen Kommunikation mit dem PC/Mac, was besonders in moderneren Studios eine Menge Patchen und Kabelsalat erspart.

Nach dem Einschalten des Prophet-5 Desktop Module empfiehlt der Hersteller, diesen vorerst zu stimmen. Das Stimmen der Oszillatoren erfordert lediglich einen Tastendruck und dauert etwa drei bis fünf Minuten. Wie es für Synthesizer mit analogen Oszillatoren üblich ist, empfiehlt es sich (besonders bei neuen bzw. länger nicht genutzten Geräten), diesen Vorgang mehrmals täglich zu wiederholen. In den wenigen Tagen, in denen mir das Testgerät zur Verfügung stand, verstimmte sich der Synthesizer jedoch immer seltener, sodass ich ihn zuletzt nur noch ca. einmal pro Tag durchstimmen ließ.

Sequential Prophet-5 Anschlüsse.

Oszillatoren & Filter

In den ersten Minuten, die überwiegend aus Durchschalten und Testen verschiedener Presets bestanden, ließ sich eine gewisse Euphorie (gefolgt von einem breiten Grinsen im Gesicht) nicht vermeiden. Das Prophet-5 Desktop Module klingt, von beißenden Leads, pumpenden Bass-Sounds bis hin zu breiten Flächen, einfach großartig. Der Klang ist, je nach Preset bzw. Patch, mal fett und wuchtig, subtil und zurückhaltend oder bissig und durchsetzungsstark – jederzeit aber warm, organisch und äußerst musikalisch.

Grundsätzlich erfolgt die Klangerzeugung des Prophet einem eher klassischen Signalpfad mit zahlreichen Modulationsmöglichkeiten: Zwei Oszillatoren, basierend auf dem CEM 3340 Chip, führen in den Mixer und von dort aus geht es weiter in das Filter. Abschließend lassen sich Attack, Decay, Sustain und Release in der Amplifier-Sektion bestimmen. Spannender wird es, sobald man die Modulationsquellen mit ins Sounddesign einbezieht. Hierzu stehen klassische, aber auch neue Funktionen parat, die später im Test behandelt werden wollen.

Oszillator A verfügt, anders als der etwas komplexere Oszillator B, über eine Sägezahn- und Rechteck-Wellenform. Dem Oszillator B hingegen steht eine zusätzliche Dreieck-Wellenform zur Verfügung und lässt sich mit OSC A synchronisieren und mit gedrückter “LO FREQ“ Taste auch als LFO einsetzen. Tonhöhe beider Oszillatoren lässt sich in Halbtonschritten mit dem Frequency-Regler bestimmen, wobei OSC B zusätzlich über einen Fine-Regler verfügt, der auch über microtonal gegen OSC A gestimmt werden kann.

Sequential Prophet-5 Draufsicht.

Gemeinsam haben beide Oszillatoren auch einen Regler zum Bestimmen der Pulsweite zugeschalteter Wellenformen. Selbst ohne jegliche Modulation klingen beide Oszillatoren sehr durchsetzungsfähig, rau und mächtig. Zusammengeführt wird der Klang beider Oszillatoren im Mixer, wo sich, via namensgebendem Regler, White-Noise zumischen lässt, möchte man den Sound beispielsweise etwas perkussiver gestalten oder andicken.

Eine der Neuerungen ist die mit gleich zwei wählbaren Filtern ausgestattete Filter-Sektion. Hier lässt sich mit Hilfe des “Rev-Switches“ zwischen dem SSI2140-Filter der ersten und zweiten Generation und dem moderneren Curtis CEM3320-Filter der dritten Generation wählen. Obwohl es sich bei beiden um 4-Pol Low-Pass-Filter mit 24 dB per Oktave handelt, ist der klangliche Unterschied beider Filter immens: Das Rev 1/2 Filter klingt etwas cremiger und greift sanfter in den sehr kräftigen Klang der Oszillatoren und eignet sich besonders gut für subtilere Pad- und Keyboard-Sounds. Deutlich aggressiver hingegen wirkt das Curtis-Filter der Rev 3, welches sich mit mehr Drive und einem drastischeren, “griffigeren“ Regelweg bestens für bissige Bass- oder Lead-Sounds eignet.

Neben einem klassischen, via Regler zu justierenden Envelope mit ADSR-Hüllkurve lässt sich mit Drücken des “Keyboard“-Tasters die Auswirkung gespielter Töne auf das Filter bestimmen. Je nach Einstellung – Half, Full oder Off – öffnet sich das Filter mal mehr, mal weniger, oder eben gar nicht bei hohen Tönen. Das soll das Verhalten akustischer Instrumente simulieren, lockert den Sound besonders bei polyphonen Settings auf und erlaubt ein etwas lebhafteres, organischeres Spielen des Synthesizers.

Modulation & Aftertouch

Über der VCO-Sektion findet sich das mit zwei Reglern und drei Tastern ausgestattete LFO, welches mit Sägezahn-, Dreieck- und Viereck-Wellenform in der daneben liegenden “Wheel Mod“-Sektion als Modulationsquelle verschiedensten Modulationszielen zugewiesen werden kann. Frequenz (bzw. Tonhöhe) beider VCOs sowie Pulswith und das analoge Filter lassen sich, neben dem eben erwähnten LFO, auch mit Noise als Modulationsquelle bearbeiten, was unter anderem besonders experimentelle Sounds generieren kann.

Wesentlich abgedrehter zeigt sich die “Poly Mod“, mit dessen Hilfe sich die Frequenz des ersten Oszillatoren (OSC A), dessen Pulsweite und das Filter modulieren lassen – und zwar, wie der Name schon erahnen lässt, polyphon! Oszillator B und Filter Envelope dienen der polyphonen Modulation hier als Modulationsquellen, wobei der Anteil über die Modulation separat über zwei Regler bestimmt wird. Um damit musikalisch brauchbare Klänge, speziell bei polyphon gespielten Sounds, zu erzielen, erfordert es ein wenig Fingerspitzengefühl beim Einstellen der Parameter, da willkürliches Herumprobieren oft im experimentellen Klang-Fiasko endet. Spaß macht es jedoch allemal!

Eine weitere Neuerung ist der mit der jüngsten Keyboard-Version des Prophet-5 bzw. Prophet-10 eingeführte monophone Aftertouch, mit den sich Öffnen und Schließen des Filters, sowie die Frequenz des LFO dynamisch auf der Tastatur spielen lassen. Neben der ebenfalls zuschaltbaren Velocity-Funktion ermöglicht der Aftertouch ein expressives Spiel und erweitert den Retro-Synth um ein modernes Feature, welches vielerlei neue Möglichkeiten und Spielweisen mit sich bringt.

Programmer & Vintage-Regler

Presets, MIDI-Konfigurationen und weitere Settings können mehr oder weniger bequem im Programmer organisiert, gespeichert und eingestellt werden. Die 200 voreingestellten Werkssounds sowie die 200 zur Verfügung stehenden User-Bänke lassen sich mit Hilfe der Group- und Bank-Select-Taster in 100er- bzw. 10er-Schritten browsen. Die acht Taster rechts vom Display dienen hierbei als Auswahltaster einzelner Presets (numerisch 1 bis 8) innerhalb der vorab ausgewählten Gruppe. Ist man zufrieden mit einem selbst erstellten Sound, lässt sich dieser mit gedrückter Record-Taste und Druck auf eine der Auswahltasten 1-8 speichern, wobei der vorab installierte Sound überschrieben wird. Dieser Vorgang ist erfreulich einfach und logisch.

Möchte man sich außerhalb der Preset-Bänke bewege,n um beispielsweise an einem eigenen Sound zu basteln, ohne versehentlich ein bestehendes Preset zu überschreiben, reicht ein einfacher Blick auf den Preset-Schalter: leuchtet dieser rot, befindet man sich innerhalb der Preset-Auswahl. Tut er das nicht, verhält sich der Synthesizer ganz analog und oldschool, je nach eingestellten Parametern. Besonders Live-Musiker:innen werden sich über die sehr rudimentäre, kaum Platz für Fehler bietende Organisation der Sounds freuen. Auch Einstellungen an MIDI- bzw. CC-Parametern und Kanälen lassen sich dank des übersichtlichen Bedienfeldes recht einfach vornehmen. Dem vier Lettern umfassenden Display geschuldet tauchten während meiner Testphase immer mal wieder verwirrende Wortkürzel auf, die nach einem Blick in das beiliegende, gut geschriebene Handbuch schnell erklärt sind.

Apropos: Das mitgelieferte, etwa 100 Seiten umfassende Handbuch behandelt Funktionen und Bedienung der Tasten-Versionen des Prophet-5 bzw. Prophet-10. So werden selbstverständlich Velocity, Aftertouch, Pitch- und Mod-Wheel-Features behandelt, die der, bis auf die fehlende Tastatur, nahezu baugleichen Desktop-Version selbstverständlich fehlen. Klar wird hier sehr borniert auf hohem Niveau gemeckert, dennoch finde ich, dass ein Instrument dieser Preisklasse mit einem eigens dafür verfassten bzw. entsprechend gekürzten Handbuch ausgeliefert werden sollte.

Die letzte Neuerung der aktuellen Prophet-5/-10 Serie ist der zentral platzierte Vintage-Knob: Analoge Synthesizer der frühen 80er Jahre neigten dazu, im Einsatz etwas zu eiern. Frequenzen der VCOs und LFOs begannen laufend zu variieren, Filter griffen mal mehr oder weniger präzise und das Instrument musste wesentlich häufiger, oft händisch gestimmt werden. Dieser Umstand war bedingt durch deutlich größere Toleranz und das Fehlen maschineller Präzision bei der Fertigung der Instrumente. Genau dieses unberechenbare, organische Verhalten emuliert der Vintage-Knob, indem man diesen stufenlos von links nach rechts regelt.

Bereits bei halb aufgedrehtem Poti tauchen kleinere, zufällig aufblitzende Nuancen auf, die den Klang des Prophet angenehm lebhaft wirken lassen. Dreht man den Regler hingegen voll auf, beginnt der Synth gegen eingestellte Parameter und durchgestimmte Oszillatoren zu rebellieren. Ob ein so unpräzise wirkendes Instrument in modernen Produktionen seinen Platz findet, ist fraglich, eher sehe ich den Vintage-Knob als eine charmante, nostalgische Dreingabe für Fans der Synthesizer-Historie.

Fazit

Eine rein objektive Beurteilung eines so polarisierenden und namenhaften Produktes fällt mir schwer. Selbstverständlich klingt das Prophet-5 Desktop Module vom Traditionshersteller Sequential großartig und selbst nach all den Jahren erstaunlich zeitgemäß. Auch an der Verarbeitung und nahezu selbsterklärenden Bedienung gibt es nur wenig auszusetzen. Bei all dem Lob muss jedoch erwähnt werden, dass es sich um einen knapp 2500 Euro teuren Synthesizer ohne Effekteinheit, Tastatur oder bahnbrechende Innovationen handelt. Neuerungen wie Aftertouch, USB-MIDI und der charmante Vintage-Knob sind willkommene Features, rechtfertigen den hohen Anschaffungspreis meiner Meinung nach nicht wirklich. Eher sehe ich die neu aufgelegte Prophet-5/-10 Serie als Liebhabergeräte oder für Musiker:innen, die auf eben jenen legendären, charakteristischen Sound nicht verzichten wollen.

Gesamtwertung:
4,5 von 5,0
Qualität:  
5,0 von 5,0
Klang:  
5,0 von 5,0
Preis-Leistung:  
3,5 von 5,0

Pro

Toller Sound
Gute Verarbeitung
Einfache Bedienung
Aftertouch
USB-MIDI
Vintage-Knob für organischen Sound
Zwei Filter-Varianten

Kontra

Hoher Preis
Keine spezifische Bedienungsanleitung für Desktop-Version beiliegend

Preis:

2699,00 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Sequential.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit Prophet-5 , Sequential , Synthesizer

Deine
Meinung:
Test: Sequential Prophet-5 / Desktop-Synthesizer

Wie findest Du den Artikel?

ø: