Waldorf Protein im Test: Was kann der neue Wavetable-Synth?
Mit dem Protein bringt Waldorf im Jahr 2025 einen neuen Wavetable-Synthesizer auf den Markt, der direkt an eine der prägendsten Linien des Herstellers anschließt. Seit den frühen Microwave-Modellen haben Waldorf-Synthesizer digitale Wavetables mit markanten Filtern und klar strukturierten Synthesewegen kombiniert, wodurch über Jahrzehnte hinweg ein eigener Klangcharakter entstanden ist.
Diese Tradition soll auch beim Protein fortgeführt werden, denn Waldorf spricht von einem Wavetable-Synthesizer der oberen Klasse, der mehr bietet, als es das schmale Gehäuse vermuten lässt, und eine breite Palette eigenständiger Klänge ermöglichen soll. Einordnen lässt sich der Waldorf Protein als zugängliches Gerät zwischen den großen Flaggschiffen und den experimentelleren Modellen, was ihn zu einer interessanten Ergänzung der bisherigen Produktlinie Waldorfs macht. Ob der neue Ansatz tatsächlich dem langen Erbe der Waldorf-Wavetable-Synthese gerecht wird und welche Stärken oder Grenzen sich im praktischen Einsatz zeigen, zeigt dieser Test.
Quick Facts
- Kompakter Wavetable-Synthesizer mit vier unabhängigen Layern
- Zwei Wavetable-Oszillatoren pro Layer und 8-stimmige Polyphonie
- Intuitive Bedienung über Encoder, Display und klar strukturierte Sektionen
- Umfangreiche Modulationsmatrix mit Envelopes, zwei LFOs, MPE und Aftertouch
- Zwei FX-Slots, Arpeggiator & 32-Step-Sequencer
Verarbeitung und Haptik
Der Waldorf Protein fällt mit 255 x 170 x 48 mm und einem Gewicht von rund 0,9 kg äußerst kompakt aus und lässt sich problemlos in ein bestehendes Setup integrieren. Trotz der geringen Größe entsteht ein stabiler Eindruck, da die Frontplatte aus Metall gefertigt ist und sich angenehm griffig anfühlt. Der restliche Gehäusekörper ist aus Plastik und wirkt etwas einfacher, ergibt aber farblich mit der Frontplatte ein stimmiges Erscheinungsbild. Dank der vier gummierten Füße steht das Gerät jederzeit sicher auf dem Tisch und bleibt auch bei wilden Live-Sessions stabil. Im Alltag vermittelt der Waldorf Protein damit genügend Robustheit, um regelmäßige Bedienung und häufiges Umstecken souverän wegzustecken.
Die Bedienelemente sind übersichtlich angeordnet und folgen einer klaren Struktur, wodurch auch ohne längere Einarbeitung eine klare Übersicht gegeben ist. Das kleine Display zeigt stets die wichtigsten Parameter und Informationen an und lässt uns in Kombination mit dem Endlos-Encoder mit Klickfunktion präzise durchs Menü steuern. Alle Regler greifen ordentlich und reagieren zuverlässig, könnten für meinen Geschmack aber einen Tick mehr Widerstand vertragen. In der Praxis führt das jedoch zu keinen Einschränkungen, da sich die Werte sauber ansteuern und gut dosieren lassen. Die Taster bieten einen definierten Klickpunkt und geben dank LED-Beleuchtung stets eindeutiges Feedback.

Auf der Rückseite befinden sich alle Anschlüsse, darunter ein Stereo-Klinkenpaar in 6,35 mm, ein 3,5-mm-Kopfhörerausgang, USB-C für Stromversorgung und Computeranbindung sowie je ein MIDI-In und MIDI-Out im 3,5-mm-Format. Zwei Adapter auf klassische 5-Pin-MIDI sowie ein USB-C-Kabel liegen dem Gerät bei. Der rückseitige Ein- und Ausschalter lässt sich gut bedienen, steht jedoch etwas weit hervor, wodurch ein versehentliches Ausschalten nicht ausgeschlossen ist. Eine leicht versenkte Konstruktion hätte hier mehr Sicherheit geboten.

Wavetables
Herzstück des Instruments sind pro Layer zwei Wavetable-Oszillatoren, die zusammen mit der 8-stimmigen Polyphonie ein solides Fundament für vielseitige Patches bilden. Auffällig ist dabei, dass die Bewegung innerhalb eines Wavetables nicht völlig stufenlos, sondern in kleinen hörbaren Schritten erfolgt. Dieser Effekt ist nicht nur typisch für viele Waldorf-Synths, sondern trägt auch maßgeblich zum leicht rauen, kantigen Spektrum bei, das im direkten Vergleich mit weicheren, interpolationstreuen Engines anderer Hersteller auffällt. Gerade bei organischen Modulationen gewinnt der Protein dadurch eine gewisse Körnung, die sich gut im Mix durchsetzt und als bewusster gestalterischer Akzent verstanden werden kann.
Die Wavetables selbst bestehen aus 64 Teilabschnitten, wobei die letzten drei Plätze stets den klassischen Grundwellenformen Triangle, Square und Saw vorbehalten sind. Dadurch stehen diese zwar immer zur Verfügung, die Modulation der Wavetable-Position erfordert dadurch aber auch etwas Fingerspitzengefühl. Wird sie über die Position 60 hinaus gesteuert, schaltet der Oszillator abrupt auf eine der drei klassischen Formen um, was zu deutlichen Brüchen im Klang führen kann. Dieser Effekt lässt sich natürlich gezielt einsetzen, etwa für perkussive Akzente oder harte Transienten. Er verlangt aber in vielen Patches eine bewusste Begrenzung des Modulationsbereichs. Zudem fallen die Grundwellenformen durch deutliche Resonanzspitzen in ihrem Frequenzspektrum auf, die ihnen einen eigenwilligen Charakter verleihen. Das kann in bestimmten Settings reizvoll wirken, dürfte aber nicht jedem gefallen, da ein neutraleres Profil oder wählbare Varianten hier mehr Flexibilität geboten hätten.
Insgesamt bietet der Protein 64 unterschiedliche Wavetables, die ein breites Spektrum von metallisch-resonanten Strukturen bis hin zu weicheren, organischeren Klangfarben abdecken. Auch wenn einzelne Wavetables etwas spezieller ausfallen, ergibt sich insgesamt eine abwechslungsreiche Basis. Ergänzt durch die Layer-Architektur entsteht so ein Instrument, das theoretisch ein hohes Maß an klanglicher Komplexität zulässt, ohne dabei die einfache Bedienung zu opfern.
Beim Blick auf die werksseitigen Presets zeigt sich eine vielseitige Auswahl. Von den insgesamt 250 Speicherplätzen sind 224 mit Sounds belegt, sodass ab Werk ein breites Spektrum von Bässen, Flächen, Leads und Effektklängen für unterschiedliche Genres bereitsteht und dennoch einige freie Slots für eigene Kreationen bleiben. Die Presets lassen sich problemlos in verschiedensten Produktionen verwenden, könnten aber den einzigartigen Soundcharakter, gegeben durch das besondere Verhalten der Wavetables und des Filters, noch gezielter hervorheben. Insgesamt liegt hier aber sowohl für Neulinge als auch für Experten eine gelungene Preset-Auswahl vor.
Im praktischen Einsatz zeigt sich damit, dass von schimmernden Flächen über körnig angezerrte Texturen bis hin zu markant gefärbten Leads sich hier vieles vergleichsweise schnell realisieren lässt. Damit bietet der Waldorf Protein eine solide Grundlage für charaktervolle Wavetable-Sounds, die sich trotz kleiner Einschränkungen gut formen und vielseitig einsetzen lassen.
Aufbau & Klangbearbeitung des Protein
Nachdem die Wavetables bereits den Kern des Klangcharakters ausmachen, zeigt sich im Layout, wie der Protein den Rohklang der Wavetables weiter formt. Der Synthesizer ist dazu klar in mehrere Funktionsbereiche gegliedert, was nicht nur die Orientierung erleichtert, sondern auch dafür sorgt, dass Klangideen ohne große Umwege umgesetzt werden.
Zentral für die klangliche Flexibilität ist die Layer-Struktur des Protein, über die bis zu vier unabhängige Layer frei kombiniert werden können. Sie lassen sich stapeln, alternierend durchschalten oder zufällig auslösen, wodurch sich schnell sehr organische und lebendige Ergebnisse erzielen lassen.
Besonders bei mehrstimmigen oder perkussiven Patches bringt diese Verteilung spürbar Bewegung in den Gesamtsound, da jede gespielte Note potenziell eine andere Layer-Variante triggert. Einzelne Layer können dabei jederzeit deaktiviert oder in ihrer Lautstärke angepasst werden, und auch die Spielweise lässt sich pro Layer definieren, indem zwischen Poly, Mono und Legato gewählt wird. Zusätzlich lassen sich die Layer auch auf dem Keyboard splitten, um etwa Bässe und Chords in einem Patch zu vereinen.
Durch Speichern und Laden einzelner Layer entstehen in kurzer Zeit komplexere Patches, ohne sich durch verschachtelte Menüs arbeiten zu müssen. Je nach Anzahl aktiver Layer verändert sich die verfügbare Polyphonie, was in der Praxis jedoch selten negativ ins Gewicht fällt.
An die Layer schließt sich eine Reihe weiterer Sektionen an, die gemeinsam den Klangverlauf formen. In der Wavetable-Sektion werden die Wavetables ausgewählt, die Position im Wavetable gesetzt und der Einfluss der Hüllkurve bestimmt. Per Shift-Funktion lässt sich zusätzlich die Lautstärke der Oszillatoren regeln oder eine Velocity-Modulation der Wavetable-Position aktivieren.
Anschließend folgt die Filtersektion. Cutoff, Resonanz und Envelope-Amount lassen sich hier direkt über dedizierte Regler anpassen, während per Shift-Funktion Parameter wie Keytracking oder die Modulation des Filter-Cutoffs durch Anschlagsstärke ergänzt werden. Über das Menü kann zwischen Tiefpass, Hochpass und einem Drive-Modus umgeschaltet werden, womit die grundlegenden Filtercharakteristiken abgedeckt sind. Vermisst habe ich speziellere Filter-Kurven wie ein Bandpass- oder Notch-Filter, welche die Soundpalette des Protein an dieser Stelle gut erweitert hätten.
Ergänzend zum Filter lässt sich ein Dirt-Layer hinzu mischen, dessen verschiedenen Noise-Quellen den Sound gezielt aufrauen oder ihm ein markanteres Attack geben. Hervorzuheben ist, dass auch die Cutoff-Bewegung, ähnlich wie die Wavetable-Position, zwar hoch auflöst, aber nicht vollkommen stufenlos verläuft. Im Vergleich mit anderen digitalen Synthesizern auf dem Markt muss man das Filter aber schon sehr langsam durchsweepen und genau hinhören.
Für die zeitlichen Abläufe steht anschließend die Envelope-Sektion bereit. Auch ohne dedizierte Regler für Attack, Decay, Sustain und Release gelingt hier die Bedienung problemlos, da sich das Verhalten der Hüllkurven unmittelbar über das Menü steuern lässt und die Anzeige klar vermittelt, welche Parameter gerade aktiv sind.
Die Modulationssektion erweitert diesen Ansatz um ein breites Spektrum an Modulationsquellen und -zielen. Neben den drei Envelopes stehen hier zwei LFOs mit unterschiedlichen Wellenformen bereit, ergänzt um Spielhilfen wie Mod- und Pitch-Wheel, polyphonen Aftertouch, MPE, Pedal sowie verschiedene MIDI-CCs. Insgesamt können bis zu acht Modulationswege gleichzeitig genutzt werden, was trotz des kompakten Geräts für eine beachtliche Tiefe sorgt. Über die Shift-Funktion erweitern sich die LFOs zudem um tempobasierte Ratio-Einstellungen, wodurch rhythmisch komplexere Modulationen entstehen können.
Abgerundet wird die Klangbearbeitung des Protein durch zwei Effekt-Slots, die jeweils unterschiedliche Effektarten bereitstellen. Zur Auswahl stehen unter anderem Chorus, Flanger, Phaser, Tremolo, Drive, Compressor, EQ, Delay und Reverb, deren Parameter sich anpassen lassen. Rechts neben den Effekten befinden sich schließlich der Master-Volume-Regler und ein Flavour-Regler. Letzterer sorgt für leichte bis stärkere Änderungen des Klangs bei jedem Tastenanschlag was zu mehr Lebendigkeit führt.
Arpeggiator & Sequenzer
Nach den klangformenden Sektionen zeigt sich beim Blick auf Arpeggiator und Sequenzer, wie der Protein musikalische Ideen in Bewegung setzt.

Der Arpeggiator bietet zunächst die grundlegenden Parameter wie Tempo, Notenlängen von 1/1 bis 1/64 und eine Auswahl an klassischen Modi (Up / Down, Random etc.) und einer Oktavweite von bis zu vier Oktaven. Zusätzlich können Swing und Gate-Länge angepasst werden. Sogar rhythmische Pattern und verschiedene Reset-Verhalten sind vorhanden, wodurch sich der Arpeggiator auch für unterschiedliche musikalische Ideen nutzen lässt. Auch wenn hier keine spektakulären Sonderfunktionen geboten werden, entsteht im Zusammenspiel ein flexibles Werkzeug, das für schnelle melodische oder rhythmische Ideen am Protein mehr als ausreicht.
Der integrierte Sequenzer erweitert diese Möglichkeiten um feste Schrittfolgen mit bis zu 32 Steps, die bequem über eingehende MIDI-Daten eingespielt und anschließend bearbeitet werden können. Tempo und Rate folgen dabei dem gleichen Raster wie bereits der Arpeggiator und decken damit sowohl langsame Bewegungen als auch sehr fein aufgelöste Sequenzfolgen ab. Zusätzlich lassen sich unterschiedliche Pattern für rhythmische Variationen aktivieren, während die Wahl einer Skala das Arbeiten mit melodischen Sequenzen erleichtert. Über die Reset-Einstellungen kann anschließend festgelegt werden, ob die Sequenz bei erneutem Tastendruck wieder am Anfang startet oder fortlaufend weiterspielt, was vor allem bei wechselnden Phrasen sehr praktisch sein kann.
Besonders positiv fällt auf, dass sich die Sequenzen trotz des kleinen Displays erstaunlich komfortabel editieren lassen. Schrittweise Änderungen sind klar nachvollziehbar, und die Anzeige bleibt selbst bei komplexeren Reihen übersichtlich genug, um Anpassungen schnell vornehmen zu können. Dadurch entsteht ein Workflow, der ohne viel Vorbereitung auskommt und auch spontane Ideen zuverlässig umsetzt.


Der Workflow des Protein
Stellt sich nun die Frage, wie gut all diese Elemente im praktischen Arbeitsfluss ineinandergreifen. Entscheidend ist nicht allein, welche Werkzeuge ein Synthesizer bietet, sondern wie schnell und selbstverständlich sich mit ihnen arbeiten lässt, sobald erste Ideen entstehen oder bestehende Klänge angepasst werden sollen.
Im Studioalltag zeigt sich schnell, dass der Protein auf einen intuitiven Workflow ausgelegt ist. Viele Funktionen liegen nur eine Drehung oder einen Tastendruck entfernt, wodurch sich selbst komplexere Einstellungen ohne merkliche Unterbrechung des kreativen Flusses anpassen lassen. Ein kleines, aber äußerst hilfreiches Detail ist die Möglichkeit, die Shift-Taste kurz zu drücken und damit zu arretieren. So bleiben alternative Parameter-Ebenen dauerhaft aktiv, ohne dass eine Hand den Modus halten müsste. Gerade bei Modulationseinstellungen oder der Bearbeitung von Layern erleichtert das den Workflow spürbar.
Auch die Menüführung des Waldorf Protein wirkt sich positiv auf den Workflow aus. Dadurch entsteht eine Bedienung, die weitgehend ohne Umwege auskommt und selbst Einsteiger nicht ausbremsen sollte. Presets können über die zugehörigen Buttons ebenso schnell aufgerufen wie gespeichert werden, was insbesondere bei spontanen Klangvarianten oder Layer-Kombinationen hilfreich ist. Beim Speichern lassen sich nicht nur Namen vergeben, sondern auch Kategorien auswählen, die eine spätere Orientierung erleichtern und das Navigieren durch die eigenen Patches deutlich strukturieren. Lediglich die Benennung der Presets über den Select-Encoder gestaltet sich etwas mühselig, geht aber dennoch einfach genug von der Hand, um nicht weiter störend aufzufallen.
Für den Einsatz mit externer Hardware stehen im Menü zudem mehrere Einstellungen bereit, die das Zusammenspiel mit MIDI-Setups erleichtern. Neben Omni-Mode und der Wahl des MIDI-Kanals lassen sich hier auch Device-ID, LED- und Display-Helligkeit, globale Pitch-Parameter sowie der Poti-Modus zwischen Absolute und Relative einstellen. Darüber hinaus kann die Sync-Quelle definiert und MPE aktiviert werden, wodurch der Protein sich ohne Umwege in unterschiedliche Studio- oder Live-Konfigurationen einfügen lässt.
Alternativen
Fazit
Unterm Strich überzeugt der Waldorf Protein vor allem als kompakter, leicht zu bedienender Wavetable-Synthesizer mit vier Layern, charakteristisch rauem Grundklang und einem Workflow, der schnelle Ergebnisse begünstigt. Die Kombination aus klar gegliederten Sektionen, brauchbaren Effekten, Arpeggiator, Sequenzer und MPE-Unterstützung macht ihn zu einem vielseitigen Werkzeug für moderne elektronische Sounds, ohne dass komplexe Menüs oder überladene Spezialfunktionen im Weg stehen. Im Gegenzug bleibt das Filterangebot eher pragmatisch, das Rauschen auf dem Stereoausgang ist zu präsent, und die Factory-Presets setzen den eigenständigen Charakter der Engine leider nur begrenzt in Szene. Wer vor allem einen portablen Wavetable-Synth mit markanter Note, schneller Bedienung und Fokus auf eigenem Sounddesign sucht, wird mit dem Waldorf Protein keinesfalls enttäuscht.
Pro
Schneller Workflow durch klare Struktur und intuitive Menüführung
Wavetables und Filter agieren nicht "stufenlos” → eigener Klangcharakter
Vielseitige Modulationsmöglichkeiten inklusive MPE
Preis:
329.-€
Weitere Informationen gibt es auf der Website von Waldorf.

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