Inside The Setup - Overmono live in Manchester
Mach doch mal Analysen von Live-Setups haben sie mir in der Redaktion gesagt. Eine schöne Idee, bis dann so Setups wie das von Overmono kommen. Gleich die erste Kameraeinstellung und der Anblick von tonnenweise Kabeln löst ein bisschen Schwindel bei mir aus. Hatten wir es bei unserer letzten Ausgabe mit KiNK und Raredub noch mit einem kleinen, flexiblen und vor allem überraschend günstigen Setup zu tun, ist hier von Anfang an klar: da liegt richtig Geld und Gear aufm Tisch.
Das Duo Overmono erlebte zwar erst vor ein paar Jahren ihren gigantischen Durchbruch, Ed und Tom Russell sind aber sowohl als Band, als auch Solo schon eine halbe Ewigkeit in der Techno-Branche unterwegs. Dementsprechend elaboriert ist dann auch das Live-Setup, das nicht mal eben für die erste große Tour zusammengeworfen wurde, sondern bereits seit Jahren systematisch am Reißbrett erstellt und erweitert wurde. Ausgangspunkt, um Overmonos Set in Manchester zu entschlüsseln, ist dementsprechend ein sieben Jahre altes Video von Resident Advisor.
Hardware-Freiheiten und Software-Ordnung
Das Magazin besuchte die Russel-Brüder in ihrem Studio, wo sie uns Einblicke in den Aufbau und die Prämisse ihrer Live-Sets geben. (Analoge) Hardware, die die Möglichkeiten für einen spielerischen und improvisierten Eingriff in die Tracks gibt und die Software, die als Fundament für Ordnung und Übersicht sorgt. Die Software ist in diesem Fall der Klassiker – Ableton Live in der Clip-View und das hat sich auch sieben Jahre später nicht geändert. Im Boiler Room in Manchester sieht man diesen zentralen Ausgangspunkt kein einziges Mal. Das liegt aber nicht daran, dass Overmono etwas zu verbergen hat, der Laptop hat schlicht einen guten Platz direkt hinter dem Mixer gefunden und ist dort "versteckt". In vielen kleinen Videos des Duos sieht man ihn aber und der erste Handgriff in Manchester führt bei Sekunde 23 ebenfalls zum Laptop, um das Set zu starten.
Ab diesem Moment wird der Laptop für Overmono uninteressant, denn die unzähligen Geräte auf dem Tisch werden konstant mit Clips gefüttert, die Tom und Ed dann bearbeiten und in die richtigen Bahnen lenken. Die Tracks werden also, wie auch bei KiNK und Raredub nicht von Grund auf gespielt, sondern viel mehr live arrangiert und zusammengesetzt. Das ist bei der Musik von Overmono, die viel wert auf Vocals und eine klare, teils poppige Struktur setzt auch kaum anders zu lösen.
Fangen wir mit den Synthesizern an, von denen hier, vom kleinen Desktop bis zum großen 61 Tasten Schiff alles zu finden ist. Am auffälligsten ist der UDO Audio Super 6 – der polyphone Hybridsynthesizer ist der einzige mit einer Tastatur und wird nicht nur mit Clips gefüttert, sondern auch so "richtig" mit den Händen gespielt. Über dem UDO steht ein Vermona PerFOURmer (der Vermona wurde scheinbar bereits ausgetauscht. In dem neuen Video zu Paradise Runner (https://www.youtube.com/watch?v=XaxLARUESbk) sieht man an gleicher Stelle einen Korg ModWave), der monophone und polyphone Klänge erzeugt, die an den Roland SH-101 erinnern. Der liegt in seiner Neuauflage als SH-01a neben dem Sequential OB-6 direkt vor Tom Russell (von uns aus gesehen links) ebenfalls auf dem Tisch. Generell ist die Synthesizer-Sektion Toms Bereich, die noch um einen etwas versteckten Roland JX-08 abgerundet wird.

Ed Russell hat es dagegen das Modulare angetan. Er steht konstant an einem "kleinen" Modular-Rack und schraubt an Sounds. Welche Klänge alle aus diesem System stammen, ist kaum zu entschlüsseln, man kann aber davon ausgehen, dass Overmono die Bereiche recht klar getrennt hat und die Drums und rhythmischen Elemente zu Ed Aufgabe gehören und die Synthies zu Tom.
Overmonos Hauptgerät für die Drums ist, wie sollte es auch anders sein, eine TR-8S von Roland. Die Performance-Maschine ist, wie auch bei KiNK und Raredub das zentrale Element für Ed. Overmono reicht das aber nicht und baut direkt noch eine zweite TR-8S hinten rechts (wieder von uns aus gesehen) ein. Diese scheint aber gar nicht selbst als Klangerzeuger, sondern als Sequenzer für die darüber stehende SOMA Pulsar 23 zu funktionieren. Zu den Drums zählen wir, auch wenn ziemlich sicher andere Sounds dort rauskommen, den Elektron:Samples, der auf der Seite von Tom liegt.

Bündeln, sammeln, mixen und verteilen
Sämtliche Sounds und Geräte müssen natürlich mit ihren Signalen irgendwo hin und, im besten Falle, sauber verarbeitet und gemischt werden. Dafür steht eine ganze Reihe an Equipment vor den Rüssel-Brüdern. Zentral ist es der DJM V-10 – im Sechskanal-Mixer von Pioneer DJ läuft alles zusammen. Sehr viel wird an diesem Gerät nicht gearbeitet und nur gelegentlich wird auf die Effektsektion zurückgegriffen. Das genaue Routing und welche Geräte in welchen Kanal laufen, wird aber vorerst Overmonos Geheimnis bleiben.
Zuvor werden allerdings schon Signale gebündelt. Auf der Seite von Tom finden wir zwei Mackie 802 Mixer, in denen die verschiedenen Synthesizer, der Sampler und Effektgeräte zusammengeführt werden. Ed hat zusätzlich noch einen Faderfox MX12 vor sich stehen, den ich allerdings nicht vollständig entschlüsseln konnte – sicher ist nur, dass hier Abläufe in Ableton gesteuert werden. Es gibt Einstellungen, in denen wir sehen, wie ganz eindeutig Vocal-Spuren raus- und reingefadet werden. Teilweise scheint es so, als würden weitere Drums aus einem Ableton Rack angesteuert werden. In anderen Momenten sieht es so aus, als würde Ed Send-Effekte aus Ableton damit ansteuern, um sie auf das Modular-Rack oder die TR-8S zu legen.

Bei Overmono liegen jede Menge Pedals auf dem Tisch und nicht alle konnten eindeutig erkannt werden. Dabei handelt es sich sowohl um klassische Effekte wie Delays, aber auch um Kompressoren und Preamps, die die Signalwege putzen und verbessern. Sowohl auf Eds, als auch auf Toms Seite finden wir einen Universal Audio UAFX Preamp – ein fantastisches Pedal, in dem klassische Kompressoren aus mehreren Jahrzehnten und der hauseigene 610 Preamp emuliert werden. Ebenfalls ein Kompressor, aber darüber hinaus noch viel viel mehr, ist der Elektron Analog Heat +FX, der auf der Seite von Ed liegt und dort vermutlich den Drums weiteren Punch verleiht.

Neben der TR8S von Ed steht der Boss DD200, ein digitaler Delay, der zwischen dem großen Boss 500 und dem DD-8 angesiedelt ist. Direkt daneben liegt ein mir bisher unbekanntes Pedal. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um einen Reverb handelt (vielleicht ein Earthquaker Devices Afterneath V3?), der den Delay ergänzt. Neben der zweiten TR-8S liegt zudem ein weiteres unbekanntes weißes Mini-Pedal mit einem einzigen Fader.
Bei Tom finden wir den bereits angesprochenen DD-8, der mit einem Universal Audio UAFX Del-Verb Ambience Company und dem Dreadbox Kinematik Filter neben dem Roland SH-01 liegt. Zentral vor Tom, neben dem Elektron:Samples, rundet der Eventide H9 Multieffekt diese Sektion ab.

Spannend ist bei dem Setup von Overmono auch wieder ein Blick in die Vergangenheit. Ähnlich wie bei Moderat können wir eine klare Entwicklung vom Improvisationsansatz zu einem gesetzten und gut gegliederten Set erkennen. Der Boiler Room von 2016 zeigt noch ein ganz anderes Bild. Der Tisch ist deutlich kleiner und Ed und Tom stehen lediglich vor ein paar kleinen Geräten. Ein bisschen modular, ein bisschen mixing, ein bisschen synthesizing – der Sound ist dementsprechend deutlich rougher, frickeliger und experimenteller.
Overmono: Gear-Liste
Mixer
- 2x Mackie 802
- DJM V10-LF
- Faderfox MX12
Drums und Samples
- 2x TR-8s
- SOMA Pulsar 23
- Elektron Modal:Samples
Synthesizer
- Sequential OB-6
- Roland JX-08
- UDO Audio Super 6
- Vermona Performer
- Roland SH 01
Effekte
- Elektron Heat FX
- 2x Universal Audio UAFX Preamp
- Universal Audio UAFX Del-Verb Ambience Company
- Eventide H9
- Boss DD200
- Boss DD-8
- Dreadbox Kinematic



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