Lesetipp: Wie Techno Georgien verändert

Lesetipp: Wie Techno Georgien verändert

Features. 30. September 2019 | / 5,0

Geschrieben von:
Redaktion

Dass Techno die Kraft hat, als Motor für revolutionäre Kräfte zu dienen, ist insbesondere in Deutschland bekannt. Der Sound der Wiedervereinigung ist schließlich elektronisch, drückend und im Viervierteltakt, die frühen 90er Jahre nicht ohne ihn denkbar. Doch auch 3000 Kilometer östlich von der Hochburg Berlin drückt eine ganze Generation von jungen, international denkenden Menschen ihr Streben nach mehr Freiheit innerhalb der Gesellschaft durch Techno aus: Die Rede ist von Georgien und seinem Nachtleben.

Im Zeit Magazin ist nun eine Lesenswerte Reportage erschienen, die einen Einblick in das Treiben der georgischen Nächte gibt. Obwohl die Gesellschaft in ihrem Alltag durch Angst vor russischer Expansionsrepublik und dem Einfluss der orthodoxen Kirche geprägt ist, bieten Nachtclubs und Bars eine Möglichkeit zum Rückzug, ja sogar zur Dehnung der auferlegten Grenzen.

Die Rede ist dabei natürlich auch vom Bassiani, einem Berghain-inspirierten Club mit zwei Floors, der im Mai 2018 als Austragungsort von polizeilicher Gewalt und den anschließenden spontanen Protesten weltberühmt wurde. Der Zeit-Artikel beschreibt allerdings neben der eindrucksvollen, unter dem Fußballstadion von Dynamo Tbilisi gelegenen Feier-Location auch die Schwierigkeiten, mit denen LGBTQ-Bars und allgemein für tolerante Liebe einstehende Örtlichkeiten in Georgien und insbesondere die Hauptstadt Tbilisi zu kämpfen haben: Beschimpfungen und Angriffe stehen hier auf der Tagesordnung.

Wie junge Schaffende, insbesondere Frauen, sich dennoch ihre Freiräume erkämpfen, ist im Zeit-Beitrag spannend zu lesen. Auch wenn die Reportage durchaus kritischer hinterfragen könnte, wie ein Club, der über 10€ Eintritt kostet und für einen Shot 3,50€ verlangt, als freiheitlicher Rückzugsraum für eine Gesellschaft, in der beispielsweise LehrerInnen nur knapp 100€ im Monat verdienen, funktionieren soll, wird dennoch klar: Elektronische Musik kann durch ihr solidarisches Gedankengut durchaus als Verstärker für liberale Bestrebungen wirken. Das zeigten zuletzt dann übrigens auch wieder in Deutschland die Techno-befeuerten Demonstrationen von bspw. Reclaim Club Culture, sei es nun als Positionierung gegen rechtes Gedankengut oder als lauter Beitrag zu den Protesten von Fridays For Future: Techno ist wieder politisch.

Reportage im Zeit Magazin

 

Veröffentlicht in Features und getaggt mit Bassiani , Georgien , Tbilisi , Zeit Magazin

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