Studie: Tiefe Basstöne bringen Menschen zum Tanzen, selbst wenn man sie nicht hört

Studie: Tiefe Basstöne bringen Menschen zum Tanzen, selbst wenn man sie nicht hört

News. 9. November 2022 | 4,0 / 5,0

Geschrieben von:
Mathias Walter

Der Bass gibt den Takt vor - die wohl älteste Weisheit auf der Tanzfläche. Dabei regen selbst tiefe Basstöne, die nicht gehört werden, zu mehr Bewegung an. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie aus Kanada.

Neurowissenschaftler:innen von der McMaster University in Kanada haben die Auswirkungen niedriger Frequenzen auf das Tanzverhalten von Menschen untersucht. Dabei wurden bei einer Live-Veranstaltung mit elektronischer Musik sehr tiefe Frequenzen eingesetzt. In der Folge bewegten sich die Gäste mehr, obwohl sie die Töne nicht hören konnten. "Dies ist ein realer Beweis dafür, dass der Bass die Leute wirklich zum Tanzen bringt, und das ist nicht nur etwas, das wir bewusst wahrnehmen", so Dr. Daniel Cameron, Neurowissenschaftler und Erstautor der Arbeit an der McMaster University.

So lief die Studie ab

Bei einem DJ-Set des kanadischen Duos Orphx wurden die Gäste gebeten, bewegungserfassende Stirnbänder zu tragen. Während des 55-minütigen Auftritts wurden dann alle 2,5 Minuten spezielle VLF (very low freqeuncy)-Lautsprecher ein- und ausgeschalten. Bei den 43 Besucher:innen mit solchen Stirnbändern wurde gemessen, dass sie sich im Durchschnitt 11,8 Prozent mehr bewegten, wenn die VLF-Lautsprecher eingeschaltet waren. Am Ende des Konzerts füllten 51 Besucher:innen einen Fragebogen aus, in dem sie gefragt wurden, ob sie die Musik in ihrem Körper spüren konnten und ob die Körperempfindungen ihren Bewegungsdrang beeinflussten. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Konzertbesucher:innen Körperempfindungen in Verbindung mit der Musik wahrnahmen. Die Gefühle wurden jedoch nicht als stärker eingestuft als bei ähnlichen Konzerten, bei denen keine VLF-Lautsprecher verwendet wurden.

Das Forschungsteam führte noch ein weiteres Experiment durch. Dabei wurden 17 Personen gebeten, zwischen zwei identischen Musikclips aus dem Konzert zu unterscheiden. Der einzige Unterschied war das Vorhandensein bzw. das Fehlen der niedrigen Frequenzen. Die Ergebnisse von 72 dieser Versuche zeigten, dass die Personen nicht zwischen den Musikclips unterscheiden konnten. Damit wurde bestätigt, dass die Teilnehmer:innen die tiefen Töne nicht bewusst wahrnehmen können. "Wir würden jede Aussagekraft verlieren, wenn wir einfach die Lautsprecher aufdrehen würden, so dass sie knochentrocken werden und jeder sagen kann: 'Hier passiert wirklich etwas anderes'", sagte Cameron. "Wir wollten nicht, dass sie sich dessen bewusst sind, was wir tun."

Das Team hält es für sehr wahrscheinlich, dass die VLFs von Mechanorezeptoren auf der Haut und im Körper sowie vom vestibulären System im Innenohr, das mit dem Gleichgewichtssinn verbunden ist, aufgenommen werden.

Neurowissenschaftlerin wünscht sich mehr Forschung

Die englische Zeitung The Guardian hat mit Dr. Anne Keitel, Dozentin für kognitive Neurowissenschaften an der Universität Dundee, gesprochen. Die Forscherin, die nicht an der Studie beteiligt war, sagte, dass die sehr niedrigen Frequenzen zwar keinen großen Einfluss auf die Bewegungen der Teilnehmer hatten, die Wirkung aber bemerkenswert konsistent über alle Personen hinweg zu sein schien. Ihr Vorschlag: Bei der nächsten Studie die Gehirnaktivität der Menschen messen, während solche Frequenzen abgespielt werden. Daraus könnten Schlüsse gezogen werden, wie groß der Einfluss auf Bewegungen ist. "Die Studie leistet hervorragende Arbeit bei der Überwachung der Bewegungen von Personen während eines echten Konzerts, und die Fragebögen zeigten, dass die Teilnehmer das Erlebnis sehr genossen haben - etwas, das im Labor normalerweise nicht vorkommt", sagte sie.

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