NUMARK iDJLive - Review

NUMARK iDJLive - Review

Archiv. 6. Juli 2011 | / 5,0

Geschrieben von:
Olaf Hornuf

Das dritte Review eines NUMARK Neulings binnen Monatsfrist. Irgendwie haben die aktuell mehr Output als der Rest der Hersteller.
Heute: ein Controller fürs iPad und Co.

 

Nachdem sich die "echten DJs", die mit Vinyl, über die DJs mit CD empört hatten, schüttelten die mit der CD über DJs mit einem Rechner den Kopf. Zuerst über die mit einem Digitalem Vinylsystem, woraufhin selbige später dann DJs mit einem Controller ins Visier nahmen. Nun haben die Controller DJs Gelegenheit den Staffelstab weiterzugeben, an DJs mit einem iPad, iPod oder iPhone.

Schön wenn sich Dinge weiterentwickeln. Auch wenn diese Entwicklungen manchmal seltsame Blüten treiben und gelegentlich zu meinem Unverständnis verkommen. Es tut sich was, was gut ist.  Das iPad, welches hier stellvertretend für Apples iOS-Mobilgeräte steht, hält seit einiger Zeit Einzug in den möglichen Equipmentpark eines DJs, Liveacts oder Producers. Noch klemmt es an verschiedenen Stellen, wie Speicherplatz, Anschlussmöglichkeiten oder Displaygröße, aber vielversprechende Ansätze sind da und immer mehr DJ-nützliche Programme, die sogenannten Apps, kommen hinzu.

Die App
Eine dieser Apps ist DJAY, die Simulation eines klassischen DJ-Setups aus Playern und Mixer, ursprünglich für Mac OS. Auf dem iPad steuert man die Funktionen über Fingerbewegungen, was recht akzeptabel umgesetzt ist. Manchmal, um zum Beispiel an beiden EQs gleichzeitig zu schieben oder einen Loop zu setzen, wünscht man sich aber vier Hände. Anstelle dieser bekommt man von NUMARK ab sofort den iDJLive, einen Controller, der dann die App auf dem iPad steuert. Man steuert als per Hardware das, was man auch Dank der Segnung eines Touchscreens steuern könnte. Hilfreich und widersinnig zugleich, ein Schritt zurück und gleichzeitig anderthalb Schritte nach vorn.

Der Controller
Der iDJLive erinnert an schon mal gesehenes Einsteiger DJ-Zubehör wie den  ION DISCOVER DJ. Bedienelemente für elementarste Funktionen, viel Kunststoff, kleiner Preis. Wer glaubt hier für 99 Euro das zu finden, was auch der DJ im Berliner Watergate zur Verfügung hat, der lasse sich kurz in die Nase zwicken. Es geht eher um ein Funtool, auf deutsch, um ein Gerät für gelegentliche Feiern im Partyraum oder eine Requisite zum Nachspielen von dem, was "DJs at work"  so machen oder um eine Notlösung, falls das Hauptsystem ausfällt. Damit will ich den iDJLive keinesfalls schlecht reden, nur erstens: stellen sich oft falsche Erwartungen ein und zweitens: fehlt dem iPad, bei aller Innovation,  (noch) einiges an System- und Programmvoraussetzungen um ein Laptop vollständig zu ersetzen.

Der iDJLive ist etwa so groß wie anderthalb DIN A4 Blätter. Die Aufteilung ist DJ-Controller typisch: rechts und links je ein Jogwheel von ca. 13 cm Durchmesser, welches sich durch den schweren Lagerpunkt erstaunlich gut anfühlt. Mittig dazwischen der "Mixer" mit Reglern für das Notwendigste: Crossfader, Gain, EQ, Mastervolume und Browse, sowie Buttons zum Pitchen, Track laden, Play, Cue, Synch und zum Umschalten der Jogwheels, zwischen Scratch- und Searchmodus. Alles wie bei größeren Controllern, nur nicht ganz so reichlich und zu 100% aus Kunststoff.

Mitgeliefert wird ein Audioadapter und ein faltbares iPad-Gestell (siehe Bild). Der Controller selbst verfügt über ein Kabel zur Verbindung mit dem iPad. Sonstige Anschlüsse gibt es nicht. Der Sound wird über den Audioausgang des iPads wiedergegeben, selbst vorhören geht - begrenzt  (dazu später mehr).  Die DJAY App erhält man für 19,99 Dollar bei iTunes. Womit wir bei dem Unterschied zwischen Theorie und Praxis sind.

In Action
Der Controller wird von DJAY (in der aktuellen Version) sofort erkannt. Was nicht wundert, ist er doch - siehe Aufkleber am Gerät - "made for djay". Laut NUMARK werden sonstige Core / MIDI Apps ebenfalls unterstützt. In DJAY stehen die Funktionen sofort, also ohne Mapping oder Routing, zur Verfügung. Soweit, so gut. Bei genauerer Betrachtung fragt man sich, warum es hardwareseitig nur Regler für einen 2Band EQ gibt, obwohl die App über 3Band verfügt. Auch Loops bringt die Software mit, sowie eine Cue / Vorhörfunktion (sogar mit Cue Mix) - entsprechende Gegenparts am Controller? Missing. Mir ist bewusst, dass (selbst dedizierte) Hardware mitunter der Software nachhinkt. Aber 3Band EQ gab es in DJAY schon länger. Gewöhnungsbedürftig sind auch der Master Volume - und der Gain-Regler, da man diese nahezu auf Maximum stellen muss, um gängige Lautstärkeansprüche zu befriedigen. Dafür kann NUMARK nichts, aber von einem Mixer kennt man das anders. Unergründlich blieben mir zudem die ständig aktiven SYNC Buttons. Bug oder Feature? Ein wirkliches Drama ist die "Touchsensivität" der Jogwheels.  Schon die kleinste Berührung, z.B. während man eigentlich am EQ schraubt, wird mit Soundaussetzern quittiert. Ähnliches hatte ich bereits am  DJ2GO zu bemängeln und auch in diesem Fall bietet sich keine Lösung über die Soft- oder Hardwareeinstellungen.
Dafür gibt es in den Optionen den Menüpunkt: vorhören mit Split Output. Per Geste kann man die Kopfhörerlautstärke und das Verhältnis zwischen vorgehörtem Deck und Mastersignal einstellen. Ganz wie beim guten, alten Analogmixer. Nur fehlen die entsprechenden Regler an der Hardware. Überhaupt hat ja das iPad nur einen Stereoausgang. Der Trick: das mitgelieferte Split Kabel. Ein Kanal liefert das Mastersignal, einer das von Cue. Also eigentlich jeweils Mono, im Kabel dann aber auf "Pseudo-Stereo gelötet".  Hm, besser als nichts, aber nicht besser als gemeinhin normal. An diesem Punkt zeigt sich, dass ein eventueller iDJLive Pro, mit integrierter Soundkarte, diese wiederum mit zwei unabhängigen Stereokanälen, sinnvoll wäre. Dazu noch die, oben als fehlend bemängelten, Regler sowie etwas Finetuning an den Jogwheels und die Kombination hätte auch bei mir eine Chance.

Wer & Warum überhaupt?
Was uns zur Frage nach der Zielgruppe führt. Diese braucht ein iPad, klar. Das schließt schon mal jene aus, deren Budget nicht so hoch liegt, dass sie zum günstigen Deckel extra den notwendigen, teuren Topf kaufen würden. Die MAC Fetischisten haben alles von der Apfelfirma, auch ein iPad. Aber vermutlich werden sie den iDJLive nicht so stylisch finden, um ihn in massig zu kaufen. Der Mobil DJ mit iPad und Musikrechner inklusive BPM-Studio hat schon einen CD-Player für den Notfall am Start, allerdings könnte auch der ausfallen. Da bietet sich, sozusagen als Drittlösung, DJAY an. Wenn die Notlösungslatte auf dem Level liegt, reicht es auch die App per Pad zu steuern. Controller gespart, Platz gespart, Geld gespart. Bleibt der Consumerbereich. Wenn es mal derartige Controller bei Otto, Plus oder Tschibo gibt,  könnte NUMARK vielleicht Unmengen verkaufen. Bedingung 1: iPads, Pods und Phones billig für alle, Bedingung 2: Mitbewerber machen nichts besser.

Fazit
Irgendwie klingt meine Einschätzung negativ. Dabei ist der iDJLive keine schlechte Sache. Nur ist es meiner Meinung nach zu früh Lobgesänge anzustimmen. Da fehlt es mir an Grundvoraussetzungen auf Seiten des iPads und des Controllers, um die Kombination so richtig Ernst zu nehmen. Ich schätze an NUMARK, dass sie neuen Technologien offen gegenüberstehen. Oft wurden die Vorreiter, als ihnen die Puste ausging, von Jockeys auf lahmeren Gäulen überholt. Ein Controller fürs iPad ist nicht sinnfrei, siehe mein Beispiel mit dem EQ. Bass auf Deck A raus, auf Deck B rein und crossfaden, geht per Touchpad nur mit beiden Händen plus Nase. Positiv gesagt ist der iDJLive ein Beginn und bietet Potential (leider schon allein dadurch, dass man nicht alle aktuellen Funktionen der Software wirklich anzusteuern kann). Es wird sich auf diesem Gebiet noch viel tun und ich freue mich darauf. NUMARK hat schon mal den Claim abgesteckt. Hoffentlich auf einem Gold- und nicht auf einem Spargelfeld. 🙂

 iDJLive im Angebot des Musikhaus Thomann
Produktseite (englisch)

Veröffentlicht in Archiv und getaggt mit controller , DJ-Software , djay , Hardware , iPad , Numark iDJLive

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