Test: Behringer Grind – Semi-modularer Desktop-Synth mit Plaits-DNA und eigenem  Charakter 

Test: Behringer Grind – Semi-modularer Desktop-Synth mit Plaits-DNA und eigenem  Charakter 

Tests. 24. Juni 2025 | 4,6 / 5,0

Geschrieben von:
Felix Fischer

Mit dem Grind bringt Behringer einen kompakten Desktop-Synthesizer auf den Markt, der auf den ersten Blick stark an das populäre Eurorack-Modul "Plaits" von Mutable Instruments erinnert. Doch der Schein trügt – auch wenn viele Engines übernommen wurden, hat Behringer dem Gerät einen eigenen Dreh verpasst: Der Grind kombiniert die digitale Oszillator-Engine des Brains Moduls mit analogen Elementen, einem Sequencer, einem eigenen Gehäuse samt Stromversorgung und zusätzlichen Features wie MIDI, Arpeggiator und Glide. Wir haben das Gerät unter die Lupe genommen – und ausprobiert, ob es mehr ist als eine bloße Kopie. 

Quick Facts

  • 24 digitale Oszillator-Engines: 15 vom Plaits, 9 neu von Behringer (u. a. Bassline, Vocoder, FM, Additiv, Wavetable) 
  • Analoges 24-dB-Ladder-Filter mit Resonanz, als Lowpass oder Highpass nutzbar 
  • Drei Klangparameter (Timbre, Morph, Harmonics) pro Engine individuell zugewiesen 
  • Semi-modulares Desktop-Design mit 34 Patchpunkten (22 In, 12 Out) 

Standalone statt Modul – das Konzept 

Das Herzstück des Behringer Grind basiert auf dem Plaits-Modul von Mutable Instruments – einem der beliebtesten digitalen Makro-Oszillatoren im Eurorack-Universum. Plaits bietet eine Vielzahl an Oszillator-Modellen in einem einzigen Modul, von klassischen Analog-Sounds über FM und Waveshaping bis hin zu perkussiven und sprachähnlichen Klängen. Seine Besonderheit liegt im direkten Zugang zu komplexen Klangtexturen über nur wenige Parameter – ganz ohne Menüs. 

Der Grind übernimmt große Teile dieser digitalen Engine, verpackt sie aber in ein vollständig eigenständiges Desktop-Gerät. Kein Eurorack-Case, keine zusätzliche Stromversorgung nötig – einfach anschließen und loslegen. MIDI kommt per USB oder klassischem 5-Pin-DIN, ein Audioausgang ist ebenfalls an Bord. Dazu ein großzügiges Patchfeld und das Ganze verpackt in einem robusten Gehäuse mit Kunststoff-Seiten in Holzoptik. 

Das semi-modulare Design erlaubt kreatives Patchen, ist aber auch ohne Kabel direkt spielbar. Gerade für Einsteiger:innen ist das ein großer Pluspunkt – während Fortgeschrittene mit 34 Patchpunkten (22 Eingänge, 12 Ausgänge) reichlich Spielraum für Modulationen und Integration in bestehende Setups bekommen. 

Verarbeitung und Haptik 

Das Gerät ist solide gebaut: Alle Buchsen sitzen fest, die Regler sind griffig, Potis gut dosierbar – und: sie sind stufenlos (nicht gerastert), was für sanftes Schrauben sehr willkommen ist.

Das Bedienfeld ist logisch aufgebaut. Die wichtigsten Sektionen: 

1. Modellwahl & Klangformung: 24 Oszillator-Engines, davon 15 vom Plaits übernommen,  ergänzt durch 9 neue Modelle von Behringer (z.B. DX7, TD-3 Bassline, Vox etc.). Gesteuert  über Timbre, Shape und Harmonics. 

2. Filter & Modulation: Analoges 24-dB-Ladder-Filter (umschaltbar zwischen LP/HP), ADS Hüllkurve, analoger LFO (Dreieck & Rechteck), Glide, VCF Depth mit einstellbarer  Polarität. 

3. Sequencer & Arpeggiator: 32-Step-Sequencer mit Speicherplätzen, erweiterter Arpeggiator  für performatives Spiel. 

Klang 

Der Grind schöpft sein klangliches Potenzial aus der Kombination von digitalen Oszillator-Engines und einem analogen 24-dB-Ladder-Filter. 24 Engines stehen zur Auswahl – 15 davon stammen direkt vom Plaits, die restlichen 9 sind Neuzugänge von Behringer selbst. Darunter finden sich Bassline-Emulationen, Vocoder-artige Stimmen, additive Wellen und sogar DX7-inspirierte FM-Modelle. 

Was mich beim Testen besonders überrascht hat, ist, wie schnell man zu musikalischen Ergebnissen kommt: Perkussive Sounds, metallische FM-Klänge oder komplexe Texturen sind in Sekunden gebaut. Schon mit wenigen Handgriffen lässt sich etwa ein roher Kickdrum-Sound patchen. Einfach Engine wählen, Envelope auf VCA und Filter, Harmonics mit dem LFO modulieren – fertig ist die Kick mit Bewegung. Für glitchige Percussions reicht es oft, die Modulationspolarität des Filters auf negativ zu stellen und Morph ein wenig zu modulieren. So simpel – und genau deshalb so spaßig. 

Besonders praktisch ist, dass die Parameter Timbre, Morph (Shape) und Harmonics je nach Engine auf unterschiedliche klangformende Elemente zugreifen: Mal steuert man Obertöne, mal Feedback, FM-Intensität oder Granularbewegung. Das verleiht jeder Engine einen eigenen Charakter. Manche klingen roh und digital, andere überraschen mit weichem, fast analogem Charme. 

Auch für Pads oder Ambient-Flächen ist der Grind geeignet: Mit den spektralen oder Wavetable-Engines lassen sich breite Sounds erzeugen, die mit etwas externem Reverb oder Delay schnell an Tiefe gewinnen. 

Das analoge Filter ist dabei mehr als nur Beiwerk. Ob als weich zupackender Lowpass oder als aggressiver Highpass – es veredelt digitale Klänge, bringt Wärme und Tiefe ins Spiel und sorgt dafür, dass auch harsche Texturen kontrollierbar bleiben. Die Resonanz pfeift ordentlich, ohne dabei zu dünn zu klingen. 

Insgesamt macht der Grind klanglich einiges her. Er wirkt nicht wie ein reines Tech-Demo der Plaits-Engines, sondern wie ein vollwertiger, vielseitiger Synth, der sowohl in experimentellen Kontexten als auch in straighteren Produktionen überzeugt. Von Techno-Kicks über IDM-Percussion bis hin zu Ambient-Flächen ist hier alles drin – ohne Menüdiving, direkt zugänglich und absolut performance-tauglich.

Modulation & Patchbarkeit 

Das Patchfeld ist mit 34 Punkten solide ausgestattet. Besonders erfreulich: Es gibt interne  Modulatoren. Der Grind hat einen eigenen LFO (analog, Dreieck & Rechteck), eine ADS-Hüllkurve  und einen VCF Depth-Parameter, der sich zwischen positiver und negativer Modulationspolarität  umschalten lässt. Damit sind expressive Filterfahrten ohne externe Geräte möglich – ein klarer  Pluspunkt gegenüber dem originalen Plaits. 

Zudem erlaubt der VC-Mix interessante interne Routings, Glide sorgt für flüssige Übergänge bei  Melodien, und mit ein wenig Patchaufwand lassen sich auch chaotische Feedback-Schleifen  erzeugen. Wer will, kann den Audio-In nutzen, um externe Signale zu verarbeiten – etwa durch  granular inspirierte Engines oder das Filter. 

MIDI, Sequencer & Arp 

Dank USB- und DIN-MIDI lässt sich der Grind problemlos mit DAW, Controller oder Groovebox  kombinieren. Poly-Chaining erlaubt sogar den Zusammenschluss mehrerer Geräte für bis zu 16  Stimmen – nice to have. 

Der integrierte 32-Step-Sequencer mit 64 Speicherplätzen ist eines der Features, die den Grind deutlich vom Original-Plaits abheben. Sequenzen lassen sich direkt am Gerät eingeben, editieren und speichern – ganz ohne externen MIDI-Sequencer. Dabei können nicht nur Noten, sondern auch Parameterbewegungen aufgenommen werden, was den Grind zu einem echten Werkzeug für lebendige und modulierte Performances macht. Auch Timing-Optionen wie Ratchets, Shuffle oder Gate-Length lassen sich anpassen, was für Groove und Variation sorgt. 

Der Arpeggiator ergänzt das Setup um eine schnelle Möglichkeit, Ideen zu generieren. Verschiedene Modi wie Up, Down, Random oder As Played sind vorhanden – und in Kombination mit Clock-Sync, Sequencer und Modulationen lassen sich komplexe rhythmische Muster und Soundbewegungen erzeugen. Besonders live oder beim Jammen macht das richtig Spaß. 

Was fehlt? Wahnsinnig komplexe Pattern-Längen oder Polyrhythmen sind nicht drin – dafür ist der Workflow bewusst direkt und zugänglich gehalten. Wer tiefer gehen will, kombiniert den Grind einfach mit einem externen MIDI-Sequencer oder Modular-Setup. 

Fazit

Der Behringer Grind ist viel mehr als eine einfache Plaits-Kopie. Er bringt die DNA des Originals  mit, ergänzt sie aber um sinnvolle Features wie analoges Filter, LFO, Hüllkurve, Sequencer und Arp  – und das in einem standalone-fähigen Gerät für knapp unter 190 Euro. Die Verarbeitung stimmt,  der Klang ist vielseitig und eigenständig, die Bedienung zugänglich.  Für Einsteiger:innen ist der Grind ein hervorragender Start in semi-modulare Synthese und für  Fortgeschrittene ein flexibles Soundmodul mit Charakter. Wer gerne schraubt, moduliert und  performt, wird hier viel Spaß haben – egal ob im Studio, auf der Bühne oder unterwegs.

Gesamtwertung:
4,5 von 5,0
Qualität:  
4,0 von 5,0
Klang:  
4,0 von 5,0
Preis-Leistung:  
5,0 von 5,0

Pro

24 vielseitige Oszillator-Engines
Analoger Filter & Modulatoren (LFO, ADS-Envelope)
Semi-modulares Patchfeld mit 34 Punkten
Integrierter Sequencer & Arpeggiator
Gute Verarbeitung & stufenlose Potis
Sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis

Kontra

Einige Engines klingen ohne Nachbearbeitung etwas dünn
Kein 6,3-mm-Klinken-Audio-Ausgang
Kein umfangreiches Manual

Preis:

189 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Behringer.

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