Test: Sonicware Liven XFM / FM-Synthesizer mit Sequencer

Test: Sonicware Liven XFM / FM-Synthesizer mit Sequencer

Tests. 19. Februar 2022 | / 5,0

Geschrieben von:
Kai Dombrowski

FM-Synthese im Groovebox-Format samt vierspurigem Sequenzer und Parameterlocks? Der neueste Streich aus der Liven-Serie des japanischen Herstellers Sonicware erinnert stark an Elektrons Digitone, heißt XFM und ist mit einem Preis von 249 Euro deutlich günstiger als das "Original" aus Schweden. Sonicware will den Zugang zu FM-Synthese aber nicht nur preislich erleichtern und verspricht mit Liven XFM eine besonders intuitive Handhabung dieser doch eher komplizierten Form der Klangerzeugung. Was das im Detail bedeutet, zeigt dieser Test.

Verarbeitung, Anschlüsse und technische Daten

Mit Abmessungen von 297 x 176 x 48 mm und 790 g Gewicht ist XFM im selben Formfaktor gehalten wie Sonicwares LIVEN 8-bit warps. Auch was das Design samt Anzahl und Anordnung der Bedienelemente betrifft, sind beide Geräte nahezu identisch. Konkret bedeutet das vor allem eins: Viel Plastik. Das Gehäuse ist zwar spalt- und wackelfrei verarbeitet, wirkt durch das geringe Gewicht aber etwas spielzeugartig.

Auch die Potis, Klaviatur und Step-Buttons sind aus Kunststoff, was diesen Eindruck verstärkt. Die Funktionstaster sind hingegen gummiert und wirken etwas wertiger. Für den besseren Überblick sind sie außerdem hintergrundbeleuchtet und kodieren den aktuellen Betriebszustand in verschiedenen Farben von Grün über Orange bis Rot. Zusammen mit dem vier Zentimeter breiten Digitaldisplay muss das aber auch genügen, mehr Orientierungshilfen bietet Liven XFM nämlich nicht.

Die Anschlüsse des kleinen FM-Synths befinden sich alle auf der Gehäuseoberfläche und sind mit Line In, Line Out und Kopfhörerausgang im 3,5mm-Klinkenformat sowie MIDI-IN und -Out nach DIN-Norm recht überschaubar gehalten. Der Gebrauch von Miniklinkenkabeln erinnert eher an Korgs Volca-Serie statt Elektron und schlägt erneut in die Spielzeug-Kerbe. Glücklicherweise hat Sonicware zumindest die MIDI-Buchsen in ausgewachsener Version verbaut, sodass sich das Maß an zu besorgenden Extrakabeln wenigstens etwas in Grenzen hält.

Apropos Extrakabel: Sonicwares Liven XFM kommt ohne Netzteil und benötigt ein Kabel mit extra kleinem center-positive Barrel-Stecker. Wer also nicht vor hat, das Instrument dauerhaft mit Batterien zu betreiben, bestellt sich das passende Stromkabel lieber gleich mit. Der Batteriebetrieb ist auch eher für unterwegs gedacht, was sich am integrierten Lautsprecher des Synths zeigt. Sonicwares Liven XFM kommt mit auflegbarer Pappschablone für die Belegung der Bedienelemente im Editiermodus, Garantiebescheinigung und einem QR-Code, der zum Download der Bedienungsanleitung führt.

Überblick

Jede der vier Spuren des Sonicware Liven XFM arbeitet im Kern mit zwei Grundsounds, die auf verschiedene Arten miteinander frequenzmoduliert werden. X-LAB mischt die beiden ausgewählten Klänge miteinander, wobei deren Verhältnis via Poti geregelt wird. XFORM wechselt periodisch von einem Sound zum Anderen, wobei das Tempo samt Delay für asynchrone Wechsel justierbar sind. X-LFO funktioniert ganz ähnlich, hier gibt es aber erweiterten Zugriff auf die LFO-Shape für komplexere Morphing-Muster. Die Ausnahme bildet der Library-Modus, in dem die entsprechende Spur des XFM zum FM-freien Sampleplayer wird.

Die vier Spuren können entweder sechsstimmig polyphon, monophon, mit Legato oder als Arpeggiator gespielt werden. Pro Track gibt es separate Multimode Filter, zugehörige Hüllkurven, FX-Sends sowie einen LFO für Pitch- und Filtermodulation. Der FX-Send steuert die globale Effektsektion an, welche Chorus, Flanger, Send Delay, Insert Delay, Bitcrusher, Distortion, zwei Reverbs, Lowpassfilter, Highpassfilter, Tremolo und einen Isolator zu bieten hat. Der 64 Schritt starke Sequenzer sorgt mit Parameterlocks, Stutter- und Random-Effekten, variabler Schrittlänge sowie Patternchain-Funktion für noch mehr Abwechslung und hilft dabei, das Maximum aus den eingegebenen Loops herauszukitzeln.

Sound

Als digital arbeitendes Instrument mit Fokus auf FM-Synthese ist der Klang des Liven XFM erwartungsgemäß obertonreich, vielschichtig und bei Bedarf metallisch bis harsch. Die zur Auswahl stehenden 16 mal 32 Grundsounds decken von Bass und Leads über Pads bis hin zu Drums jede erdenkliche Facette der klanglichen Welt elektronischer Musik ab, sodass Liven XFM auch als reiner Sampleplayer oder "normaler" FM-Synthesizer genutzt werden kann.

Schließlich können die Preset-Sounds im eingangs erwähnten Edit-Modus bis ins letzte Detail umsynthetisiert werden, noch bevor es an Sonicwares neuartige Misch-Funktionen geht. Während in der Edit-Ansicht beinahe sämtliche Bedienelemente des XFM für die Klangregelung zuständig sind – ADSR, Operator Feedback, Operator Level, Detune und Co. –, stehen im herkömmlichen Betrieb lediglich die vier Potis unter dem Display zur Verfügung, wovon die ersten beiden für die Auswahl der Ausgangssounds reserviert sind.

Zusätzlich zu deren Mischverhältnis via Drehregler Nr. 3 bleibt also noch das Color-Poti für weiteren Zugriff auf die Obertonstruktur, von da aus geht es jedoch nach subtraktiven Syntheseprinzipien weiter. Der eingebaute Lautsprecher ist zwar cool für unterwegs oder spontane Minijams, wird der klanglichen Bandbreite des XFM aber nicht wirklich gerecht.

Gerade im Bassbereich fehlt der Druck, was technisch zwar nachvollziehbar ist, aber erneut die Spielzeugassoziation weckt. Mit dem Liven 8 bit warps als Vorgänger drängt sich jedoch die Frage auf, ob das nicht sogar ein Stück weit gewollt ist. Schließlich erinnern auch die Klänge des XFM immer wieder an Videospielmusik – eine Ästhetik, die durchaus ihre Daseinsberechtigung hat.

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Workflow

Die sehr reduzierte Herangehensweise an FM-Synthese schützt definitiv davor, sich in der eigentlich eher vielschichtigen Arbeitsweise zu verirren und lädt zum Experimentieren ein. Wie sich welche Parameteränderung auf den Klang auswirkt, ist jedoch schwer vorhersehbar. Klar, obertonreiche, metallische Crazyness ist schnell erreicht, aber bei mehr Liebe zum Detail führt kein Weg am Edit-Modus vorbei.

Umso besser also, dass Sonicware diese Möglichkeit offen gelassen haben. Die digitale Funktionsweise des XFM sorgt außerdem immer wieder für hörbare Sprünge im Sound statt eines fließenden Übergangs beim Blenden und erzeugt beim Sequenzieren mit Parameterautomationen schnell ungewollte Artefakte und Glitches. Ein gewisser Eigensinn ist beim XFM also vorhanden und verlangt immer mal wieder die Anpassung der eigenen Arbeitsweise – intuitiv geht eigentlich anders.

Auch die Bedienung des Sequenzers selbst läuft in der Praxis leider nicht so rund wie erhofft: Dass es für Taster und Potis dedizierte Shift-Taster gibt und alle Bedienelemente mindestens zweifach belegt sind, erfordert eine gewisse Einarbeitungszeit. Weil die Potis und Co. für alle vier Spuren gelten, multipliziert sich die Belegung noch weiter und man ist fast mehr damit beschäftigt, mittels Catchup den gewollten Wert wiederzufinden, als tatsächlich etwas am Klang zu verändern.

Auch die Implementierung der Effekte ist mit AMOUNT-Regler für den Effekt selbst und relativ verstecktem FX-Send irgendwie umständlich. Zumal beide Regler mit unfassbar viel Headroom daherkommen und beispielsweise der Send Delay bei einem AMOUNT von 50 und FX-Send von 35 bereits lauter ist als das Dry-Signal.

Fazit

On Paper wirkt der Sonicware Liven XFM fast zu schön, um wahr zu sein, schließlich kostet eine Groovebox mit leistungsstarkem Sequenzer, breit gefächertem Effektarsenal und trendy FM-Synthese bei Elektron mehr als das Doppelte. Praktisch fallen aber doch ein paar Defizite auf, die den XFM eher in Richtung Korg Volca FM, als Elektrons Digitone ansiedeln. Allein schon durch das plastiklastige Gehäuse und den verbauten Miniklinkenbuchsen spielt der XFM einfach in einer anderen Liga, auch wenn die Verarbeitung für das Material eigentlich gut ist. Fairerweise ist ein Kompromiss in Sachen Bauweise zugunsten des Preises und den klanglichen Kapazitäten bei pfleglichem Umgang aber gut zu verkraften. Dass der Sequenzer nicht so rund läuft wie bei der Konkurrenz aus Schweden, war ebenfalls zu erwarten, irgendwo muss der Preisunterschied ja herkommen. Gerade die Parameterlocks machen Live-Performances mit ihrem Glitching aber zum regelrechten Abenteuer. Sonicwares Liven XFM ist also eher für lockere und unkonventionelle Anlässe geeignet, was sich nicht zuletzt am Batteriefach und dem integrierten Lautsprecher zeigt: Outdoor-Jams und Songskizzen während der Zugfahrt (hier dann lieber den Headphone Out verwenden) stehen der kleinen Wunderkiste hervorragend. Das Produzieren ganzer Songs ist streng genommen zwar auch möglich, dann aber eher in Ambient- oder Videospielkontexten. Sobald es dediziertere Drumgrooves sein sollen, kommt man beim XFM schnell an die Grenzen. In seiner klirrigen Klangqualität und der trotz aller Features irgendwie reduzierten Art steckt aber auch ein gewisser Charme, der durchaus inspirieren kann. Zusammen mit Sonicwares einzigartiger Herangehensweise an FM-Synthese ist der Liven XFM zwar kein Nobrainer aus der Rubrik, aber auf jeden Fall einzigartig genug, um ausgecheckt zu werden.

Pro

Geringer Preis bei vielen Features
Einzigartige Implementierung von FM-Synthese
Ideal für unterwegs

Kontra

Spielzeugcharakter bei Verarbeitung und einigen Sounds

Preis:

279,00 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Sonicware.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit FM-Synth , groovebox , LIVEN XFM , Sonicware

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