Test: Studio Electronics SE-3X / paraphoner Synthesizer

Test: Studio Electronics SE-3X / paraphoner Synthesizer

Tests. 5. März 2022 | / 5,0

Geschrieben von:
Kai Dombrowski

Der paraphone Synthesizer SE-3X des amerikanischen Boutique-Herstellers Studio Electronics ist nach knapp dreißig Jahren der erste Nachfolger des legendären SE-1X. Verbessert wurden vor allem die digitale Steuerung, die jetzt auch den Oszillator-Mix und das Finetuning regelt sowie die Hüllkurven, welche jetzt direkter ansprechen. Hinzu kommt erstmals die Möglichkeit, nicht nur monophone Klänge, sondern auch dreifach paraphone Sounds zu erzeugen. Was das Schmuckstück sonst noch auf dem Kasten hat, zeigt dieser Test.

Verarbeitung, Anschlüsse und technische Daten

Als Racksynth mit drei HE misst der SE-3X 483 x 133 x 205 mm bei einem Gewicht von knappen fünf Kilogramm. Die Verarbeitung ist – wie für Studio Electronics typisch – hervorragend und dem Preis angemessen. Das mattschwarze Metallgehäuse ist überaus stabil und von allen Seiten fest und dicht verschraubt.

Die 24 Potis kommen im Vintage-Look und bilden zusammen mit den ebenfalls oldschool wirkenden, rot beleuchteten Buttons die wichtigsten Bedienelemente des Synths. Auch hier stimmt die Qualität und die rote Beleuchtung der Taster gibt Aufschluss über den Status der Oszillatoren, LFOs und Co. – nur etwas heller könnten sie sein. Die übrige Steuerung des SE-3X wird am 20 x 4 Zeichen starken LC-Display, dem darunter liegenden Rotary Knob und den vier Menü-Buttons vorgenommen.

Eine der großen Stärken des Synths ist das digitale Speichern der erstellten Sounds. Dafür stehen acht Bänke mit je 99 Plätzen zur Verfügung. Außerdem gibt es vier Bänke mit Factory Presets und vier Bänke mit Sounds von Designer:innen wie PARAdizer, Diademer, Infared oder Scroggins Synquence. Ähnlich üppig sieht es bei der MIDI-Implementierung aus, mit Modwheel, Dynamics, Pressure und Breathcontrol als mögliche Modulatoren für die gleichen Ziele wie bei den LFOs und Hüllkurven.

Die Anschlüsse auf der Rückseite des SE-3X sind hingegen überschaubarer gehalten. So kommt der Boutique-Synth mit lediglich einem Audioausgang sowie einem Eingang für externe Signale, jeweils als 6,3mm-Klinke, Kaltstromanschluss sowie MIDI-In, -Out und -Thru nach fünfpoliger DIN-Norm aus. Im Lieferumfang sind außerdem eine Anleitung sowie das passende Kaltstromkabel enthalten.

Die VCOs

Die drei Oszillatoren des SE-3X sind komplett identisch aufgebaut und können als Dreieck-, Sägezahn- und Rechteckwelle erklingen. Dabei sind, wie beim SE-1X, auch mehrere Wellenformen pro Oszillator möglich, über die drei Buttons werden die Schwingungstypen in den Signalweg ein- oder ausgeklinkt. Auf dem Panel gibt es je Oszillator ein Poti für das Tuning und eins für die Pulsbreite der Rechteckwelle. Diese fungieren mittels Shift-Funktion zusätzlich als Finetune beziehungsweise Oszillator-Level – praktisch! Alternativ geht das Ganze aber auch über die Digitalanzeige.

Ansonsten gibt es wieder zwei Sync-Toggles, um die drei Oszillatoren in verschiedenen Konstellationen zu synchronisieren. Der obere der beiden Taster erlaubt per Doppelbelegung den Zugriff auf die Paraphonie. Was den Klang der Oszillatoren betrifft, lassen sie sich getreu ihrer analogen Funktionsweise als warm und organisch beschreiben. Dass es sich hier streng genommen um einen Moog Klon handelt, ist ebenfalls hörbar. Bemerkenswert beim SE-3X sind jedoch die ultra crispen und transparenten Höhen gepaart mit ordentlich Druck im Bassbereich.

Filter und LFOs

Das Lowpass-Filter des Studio Electronics SE-3X hat vier verschiedene Modi zur Auswahl, die auf verschiedenen Synth-Klassikern basieren: Minimoog mit 24 dB Flankensteilheit, ARP mit ebenfalls 24 dB sowie Roland Juno und Jupiter mit 24 beziehungsweise 12 dB. Ist der Mode-Schalter inaktiv, greift ein 12 dB Oberheimfilter, das sogar als Bandpass eingestellt werden kann. Zusammen mit Cutoff-Regler, regelbarer Resonanz und dediziertem Tracking-Poti hat die Filtersektion also eine Menge zu bieten – Selbstresonanz lässt grüßen!

Ansonsten stehen noch drei LFOs zur Verfügung, um nicht nur das Filter weiter mit Leben zu füllen. Mit den Wellenformen Dreieck, Rechteck, Sägezahn auf- und abwärts sowie Noise und Sample and Hold lässt Studio Electronics nicht viele Wünsche offen. Auf dem Panel sind zwar nur die Rate und Depth plus Schalter, um zwischen den LFOs zu switchen, erreichbar, am Display geht aber noch mehr. MIDI-Sync mit Subdivisions, Key-Trigger, Phase und Auto-Gate können per Digitalanzeige geregelt werden. Die Ziele, Rates und Depths der LFOs sind dabei völlig unabhängig.

ADSR und Co.

Wie eingangs erwähnt haben die Envelopes des SE-3X eine überarbeitete Ansprache, sodass sich perkussive Sounds jetzt leichter einstellen lassen. Mit sage und schreibe vier identischen ADSR Hüllkurven können die Frequenzen, Pulsbreite und Mix-Level der Oszillatoren sowie Noise Level, Ringmod Level und die Filterresonanz moduliert werden. Das Routing passiert wieder über das Digitalmenü, wobei Hüllkurve eins für den Filter-Cutoff reserviert ist und Hüllkurve zwei den Amp regelt. Damit bieten die Envelopes übrigens genauso viele Modulationsmöglichkeiten wie die LFOs, wobei die Hüllkurven sogar noch Rate und Depth der LFOs steuern können.

Wer noch nicht genug hat, kann noch den Ringmod oder den Noisegenerator des SE-3X in Erwägung ziehen, wobei beide super klingen, aber leider nur „digital“ ansteuerbar sind. Dafür gibt es einen physischen Kippschalter für die beiden Fuzzes, die Studio Electronics dem Synth spendiert haben. Entweder ein 60s Fuzz mit Low Gain oder 90s Fuzz mit High Gain sorgen für noch mehr Charakter im Sound. Ein Glide Feature mit dediziertem Poti und natürlich noch weiteren Funktionen via Display runden das Angebot des SE-3X ab.

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Fazit

Paraphone Analog-Synths scheinen zur Zeit im Trend zu liegen: Behringer Monopoly, ARP 2600 M oder UNO-Synth-Pro verleihen der eigensinnigen Syntheseform viel Aufmerksamkeit, mit spannenden Angeboten über ein breites Preisspektrum. Der SE-3X von Studio Electronics ist hingegen teuer und mit 2699 Euro eher ein Liebhaberstück. Er besticht klanglich auf einer Detailebene, die sich gemessen an der Ausgabe vermutlich nur für wenige lohnt. Wer also nicht genau diesen Synthesizer haben will, hat vermutlich woanders und für weniger Geld mehr Glück. Das heißt nicht, dass der SE-3X schlecht klingt, im Gegenteil. Er kostet nur einfach viel. Wer sich Boutique leisten kann, sollte sich den SE-3X aber definitiv genauer anschauen.

Pro

Satter Analog-Sound mit Vintage-Charakter
Hochwertige Verarbeitung
Digitale Steuerung vieler extra Parameter

Kontra

Teuer

Preis:

3149,00 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Studio Electronics.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit analog , Eurorack , paraphon , SE-3X , Studio Electronics , Synthesizer

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