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Review: André3000 – New Blue Sun [Epic/Sony]

Review: André3000 – New Blue Sun [Epic/Sony]

Features. 20. November 2023 | 4,2 / 5,0

Geschrieben von:
Christoph Benkeser

Und er so: "Ey, ich mach jetzt einfach mal ne Platte, da spiel ich nur Flöte, irgendwo in Kalifornien, die Sonne scheint den ganzen Tag, mir geht’s gut und wem das nicht in den Kram passt, von wegen Rap und so – san frantschüssko!"

So ähnlich hat sich das André 3000 gedacht. Für alle, die den nicht kennen: André 3000 war mal bei einer Hip-Hop-Gruppe namens Outkast, die haben in den 2000ern und eigentlich immer geile Songs gemacht. Aber weil Outkast schon ewig nix mehr gemacht haben, hat jetzt André wieder mal was gemacht. Ein neues Album, um genau zu sein, das erste Solo-Ding seit gefühlt ewig. Hat mit Hip-Hop aber zero zu tun. Also: keine Beats, keine Rhymes, nur Flöten, viele Flöten, und ein paar Trommeln, die André beim Schamanen ausgeborgt hat.

Wer jetzt meint, hä, wieso erzählt mir der Typ von DJ LAB das alles? Ja, well – weil das schon ein bisschen crazy ist. Der Typ könnte "Hey Ya" stotternd vortragen und in drei Minuten ganze Stadien ausverkaufen. Aber dann stellt er sich hin und kloppt eine New-Age-Platte raus, die eineinhalb Stunden dauert: eine fucking Ewigkeit. Und alle Lieder haben auch noch richtig lange Namen, bei denen man sich denkt, puh, ich schmeiß mir jeden Freitag ein halbes Breaking-Bad-Labor, aber im Vergleich dazu hab ich meinen Shit ja echt so halbwegs beieinander.

Na ja, das ist ein bisschen unfair, weil André 3000 eine Legende ist und über die macht man keine Scherze. Außerdem ist der Mann inzwischen 48, verdient allein mit den Tantiemen täglich zwei Sportwagen, kann deshalb machen, was er will – und scheint damit zufrieden zu sein. Also for real: Schaut euch Interviews mit dem an und sagt mir, dass da kein Mensch spricht, der absolut bei sich ist. André geht in der früh zwei Stunden spazieren, pflanzt danach Rosen und spielt irgendwann Flöte. Andere kaufen sich in dem Alter einen Tesla und fahren die Schüssel dann so wie einen Tesla.

Im Nachhinein ist man ja immer gescheiter, aber ein paar Auffälligkeiten hätte man schon früher ausmachen können. 2018 hat André zwei Songs auf seine SoundCloud gekippt – einer davon: so ein 17-Minüter, für den James Blake am Klavier saß und André auf der Klarinette rumtrötete. Eigentlich super, weil wahrscheinlich Jazz. Jedenfalls kein Hip-Hop. Und so gar nicht outkastig. Heute würde man meinen: Von ’New Blue Sun’, seinem Flöten-Epos, war André damals nur noch zwei Ayahuasca-Kuren entfernt.

Die dürfte er gemacht haben. Deshalb macht die Hip-Hop-Welt mit Andrés neuer Platte Wohnzimmer-Wellness. Ist ja ein bisschen egal, ob man sich jetzt zu Oldschool-Boom-bap oder Zimmerbrunnenplätschern einraucht. Hauptsache, das Zeug geht rein. Deep ist das Ding sowieso, da muss man keine Ahnung von Coltrane, Glass oder dem kompletten Eso-Kanon haben. Den Sony-Executive hätt ich trotzdem gern gesehen, der sich mit Dollarzeichen in den Augen die neue Platte von André reinzieht – und dann Räucherstäbchen-qualmendes Trötengebimmel in Spielfilmlänge hört.

Dass so ein Ding auf einem Major kommt, ist irgendwie eine Ansage. Gibt vermutlich wenige Artists, die das bringen können. Aber who knows: Vielleicht bastelt Ye schon an einem Triangel-Comeback und Pharrell an seiner Kalimba-Kapelle. ’New Blue Sun’ bleibt jedenfalls in der Rotation, die Journalist:innen labern was von einer "himmlischen Massage" und ich sag: tschüsseldorf!

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