Review: DJ Koze - Knock Knock [Pampa Records]

Review: DJ Koze - Knock Knock [Pampa Records]

Features. 4. Mai 2018 | / 5,0

Geschrieben von:
Tim Tschentscher

Klopf, klopf. Nee, streicht das. Dieser Text fängt sicherlich nicht mit einem Knock-Knock-Joke an. Nicht, weil an dieser Stelle kein Platz für Humor wäre. Ganz im Gegenteil sogar. Von der Begabung des Menschen dem Groll des Alltags mit heiterer Gelassenheit zu entgegnen, davon besitzt der gebürtige Flensburger Stefan Kozalla – Uns Koze – ja genug.  Trocken aber intelligent blieb deshalb auch der Humor im Video zur Flaggschiff-Single »Pick Up«. Eine blass-dünne Schrift auf dunklem Hintergrund schaukelt über den Bildschirm und erklärt nicht mehr und nicht weniger als den obligatorischen Club-Hit dieses Sommers. Aneinandergereihte Vocal-Chops von Gladys Knight, hypnotisierender Disco-Groove und ein behutsam aber bestimmt treibender Beat. DJ Koze verrät dabei höchst selbst seinen Trademark-Trick und resümiert: »deep feeling of happiness«.

Dass wir uns hier nicht falsch verstehen. »Knock Knock« sucht keinesfalls nur den sicheren Weg über Sunshine-House und Plastiklaune, auch wenn es schon fast anödet wie viel er hier richtig macht. Mit dem Eröffnungstrack »Club Der Ewigkeiten« triggert Koze seinen innersten Kanye anno 2010, als dieser noch Maximalismus propagierte. Das darauf folgende Stück »Bonfire« wickelt sich sukzessive um Bon Iver-Schnipsel aus »Calgary«. Wer sich bis dahin noch nicht abgeholt fühlt, möchte spätestens nach »Colors Of Autumn« alte Pharrell-Maxis hören. Das ist durchaus positiv gemeint, denn wie kaum ein anderer (deutscher) Produzent verknüpft Koze hier Virtuosität, Experiment und eklektischen Feinsinn.

Auf 16 Tracks tauchen sieben Gäste auf, Sophia Kennedy und Róisín Murphy gleich doppelt. Gästen eine Plattform zu bieten um schlußendlich seinen Namen drunterklecksen zu können ist nichts neues, scheint bei Koze hier aber eine neue Form annehmen zu wollen. Denn immerhin denkt der auf die goldenen 50 zu rollende 46-Jährige nicht ans Aufhören, wohl denn aber ans Weitermachen. Die Zukunft eines alternden DJs liegt im Produzieren. Oder man bleibt hängen. Ersteres scheint hier hörbar in Vorbereitung zu sein. Alles klingt penibel ausproduziert und aufpoliert, möglichst viele Facetten sollen zur Geltung kommen. Mit einem von José González begleiteten Stück zeigt Koze zudem: Es muss nicht immer die krachende Kick und nicht immer die pure Ekstase sein. Dahin tröpfelnde Romantik gehört eben auch zum Repertoire eines versierten Musikers. Mit der Zeit wird man ja auch gemütlicher.

Ob Alter aber wirklich eine zentrale Lesart vom mittlerweile vierten Studioalbum ist, liegt vielleicht eher in den Zwischenräumen verborgen. Immerhin verschwimmen House und Pop hier ebenso selbstverständlich wie Hip-Hop und Soul. Es soll gefallen. Zeitgeistig fusioniert, was zusammen funktioniert. 9th Wonder huldigend, wirkt das Album auch auf den Gelegenheitshörer elektronischer Musik anziehend. Darum geht es wohl letztlich auch. Koze klopft und wartet, wer antwortet. »Drone Me Up, Flashy« beschließt das Werk schließlich mit einer großen Geste. Wahl-Hamburgerin Sophia Kennedy mimt in bester Knef-Manier das große Gefühl der Wehmut. Wie schon zuvor auf »Amygdala« endet Koze mit einem Hang zur Dramatik. Jeder gute Closer muss schließlich kitschig sein. Zu gutem Humor gehört eben auch Timing. Vielleicht ist »Knock Knock« so Kozes wichtigster Output vor einem kreativen Kurswechsel.

 

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Release: 04.05.2018 auf Pampa Recordings.

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