Review: VA – 20 Years Of fabric [fabric Records]

Review: VA – 20 Years Of fabric [fabric Records]

Features. 14. Dezember 2019 | / 5,0

Geschrieben von:
Tim Tschentscher

Während wiederkehrende Berichte über Clubschließungen immer wieder am traditionsbewussten Nervenkostüm der Feiernden zerren, kommt es andernorts glücklicherweise dann und wann zu spektakulären Rettungsaktionen. So auch geschehen beim Club fabric aus London, dessen BetreiberInnen 2016 wegen unzureichender Schutz- und Sicherheitskonzepte vorübergehend die Lizenz entzogen werden musste. Nicht zuletzt aber Dank des großen Supports von innerhalb und außerhalb der Szene konnte dem Club unter Einhaltung aktueller Standards in letzter Instanz eine neue Betriebslizenz ausgestellt werden. Seit 2017 hat fabric wieder geöffnet. Offenbar nimmt man diese Chance nun sehr ernst. Eine striktere Tür und stärkere Kontrollen gewährleisten sicheres Feiern. Seitdem wird die Marke fabric wieder intensiv beworben. Nach einigen Aufs und Abs feiert man nun das 20-jährige Bestehen.

20 Jahre fabric, das bedeutet auch 20 Jahre Veränderung. Entsprechend divers fällt die Hommage ’20 Years Of fabric’ aus – ein dynamischer Mix aus zwei mal zehn Stücken zwischen Techno und House bis hin zu freieren Formen bassgetriebener Auswüchse elektronischer Musik. Der Mix soll Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Clubs widerspiegeln. So finden sich in der Zusammenstellung DJs, die von Beginn an den Aufbau mitgestaltet haben, selbst dort erste Bookings spielen konnten oder sich mindestens von der Strahlkraft haben inspirieren lassen. Teil Eins der Zusammenstellung widmet sich unter der Überschrift 'fabric' dem straighten Samstagabend-Programm des Hauses. Mit dem zweiten Teil 'FABRICLIVE' orientiert man sich an dem freieren Mixformat des Labels.

Standesgemäß beginnt 'fabric' mit einem Opener der Grande Dame Nina Kraviz. Ein zügiger Stampfer, der strikt maschinell mit dem Vocal-Schnipsel 'Da' um sich wirft. Kraviz' charakteristische Handschrift aus klirrend krachenden Kickdrums und konfuser Hypnose kommt hier offen zum Tragen und wirkt aufs Einfachste heruntergebrochen. Das Stück 'Ankertje' der Niederländerin Steffi entwickelt sich aus einem harmlosen UK-Garage-Rhythmus über düstere Reverbs von Vocoder-Fetzen zu flirrender Acid-Panik. Die Beiträge von Marcel Dettmann und Cassy drücken das Tempo deutlich, während Call Super und fabrics neuste Resident-DJ IMOGEN abstraktere Weiten erforschen. Auch Anastasia Kristensens Track 'Go Getter' wirkt recht Acid-lastig. Kein Wunder, immerhin ist Acid House tief verwurzelt in Londons Musikgeschichte.

Experimenteller wird Minimal-DJ Margaret Dygas auf ihrer zehneinhalbminütigen Kurzreise 'Zeitgeist'. Hier improvisiert die gebürtige Polin über einen stoisch marschierenden Beat mit verschiedenen Plugins, verhallt die Einsätze und lässt ihre Echos in die Ferne gleiten. Das ist mehr Meditation als Club-Material. Progressive-House-Veteran Sasha arbeitet sich mit 'Comet Chaser' ähnlich wie Kraviz schließlich durch ein Geflecht von Vocal-Chops. Nennenswert: Allen Sexisten zum Trotz befinden sich übrigens auf fabrics erster Zusammenstellung zwischen drei Männern sieben Frauen. Weitermachen.

Die zweite Hälfte des Mixes ist stilistisch deutlich durchmischter. Special Requests Paul Woolford verströmt mit 'Codename Turbo Nutter' zu Beginn elektrisierte Dark-'N'-Bass-Vibes, an die Source Direct nahtlos anknüpft. Hängen bleibt man dann schnell an Shackletons 'Drawn And Quartered', einer recht psychedelischen Glockenspiel-Erfahrung, zu der gelegentlich Tubulumartige PVC-Sounds hinzukommen. Man möge sich solche Klänge mal auf fabrics durch 450-Bass-Wandler angetriebenen vibrierenden Bodysonic-Dancefloor vorstellen. Üblicherweise für Dubstep-Klänge bekannt tobt sich Grime-MC Trim auf einer kurzen Skizze von Pinch aus. Die recht kompakte Kollaboration ist die einzige ihrer Art auf dieser Zusammenstellung. Zuletzt können nochmal massive Disco-Hitze von Groove Armada und ein episch-melancholischer House-Closer von UNKLE begeistern. Es ist vor allem die Diversität dieses runden Geburtstags, auf die fabric hinzuweisen weiß. In London ist man offensichtlich noch immer ‘alive and well’. Also dann, auf die nächsten 20 Jahre!

’20 Years Of fabric' erschien am 6. Dezember auf fabric.

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