Test: Elektron Model:Samples

Test: Elektron Model:Samples

Tests. 15. Juni 2019 | / 5,0

Geschrieben von:
Kai Dombrowski

Seit der Winter-NAMM 2019 wurde über Elektrons Model:Samples als Budget-Version des Digitakt spekuliert. Was wegen ein paar geleakter Bilder als Gerücht begann, hat sich längst als Wahrheit entpuppt und Elektron hat tatsächlich ein Instrument unter der 500€-Grenze veröffentlicht. Ob der Model:Samples nicht nur preislich attraktiv ist, sondern auch die Leistung stimmt, zeigt dieser Test.

Überblick

Das Wichtigste gleich vorab: Elektrons Model:Samples ist kein Sampler, sondern ein Sample Player. Das heißt, er ist nicht dazu in der Lage, eigenständig Samples aufzunehmen. Möglich ist das Abspielen eigener Sounds nur, indem man Model:Samples per USB mit dem Rechner verbindet. Über die kostenlose Software 'Elektron Transfer' können dann Samples transferiert und die Firmware geupdatet werden. Als samplebasierte Sechsspur-Groovebox mit Delay, Reverb und Distortion sowie einem LFO per Track kommt Model:Samples zusätzlich mit Elektrons großartigem Sequenzer samt Parameterlocks und Trig Conditions daher.

300 Preset-Sounds aus dem Hause Splice sind ein stabiler Ausgangspunkt, um Out Of The Box mit dem Model:Samples arbeiten zu können. Die Sounds sind – wie von Elektron gewohnt – gut und können mit zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten verfeinert und individualisiert werden. Da äußert sich auch schon die große Stärke des Model:Samples: Knob per Function lautet das Design-Konzept und mit streng genommen 16 Encodern liegen einem beinahe alle Funktionen zu den Fingerspitzen.

Verarbeitung und technische Daten

Im Gegensatz zu den meisten anderen Instrumenten der schwedischen Sequenzer Mafia ist das Gehäuse des Model:Samples nicht aus Metall, sondern aus Kunststoff wobei die Verarbeitung dennoch solide und roadtauglich wirkt. Es gibt keine störenden Kanten oder Spalten und das Plastikgehäuse macht sich positiv beim Gewicht bemerkbar: 800 Gramm und Abmaße von 270 x 180 x 38 machen Model:Samples extrem mobil. Abgesehen vom verbauten Plastik dürfte auch die weiße Farbe sicher einige Stammkunden irritieren, gleichzeitig gibt sie dem Model:Samples neben seinen zahlreichen Verwandten aber etwas Profil. Rückseitig befinden sich 6,35mm-Klinkenanschlüsse für Kopfhörer- und Main-Ausgang, die erwähnten Miniklinken-MIDI-Buchsen, ein Micro-USB2.0-Anschluss sowie der Eingang fürs leider externe Netzteil.

Für das Netzteil war vermutlich beim besten Willen kein Platz im Gehäuse, warum ein Micro-USB-Port verbaut wurde und nicht USB-C lässt sich hingegen deutlich schwerer nachvollziehen. MIDI Ins und Outs in Miniklinkenausgabe sind für das kompakte Gehäuse ebenfalls okay, für unterwegs können seitlich sogar zwei externe Akkus (Powerhandle BP-1) angeschlossen werden. Diese sind zwar leider noch nicht auf dem Markt, sollen aber gleichzeitig als Kickstand fungieren.

Die sechs Track Pads des Model:Samples sind Velocity empfindlich und insofern dem Digitakt voraus. Statt erneut auf die charmanten Klappertasten zu setzen, wurden hier Gummipads implementiert, die beim Anschlag kaum nachgeben. Das ist zunächst gewöhnungsbedürftig, sorgt aber auch bei schnelleren Eingaben für ein gleichberechtigtes Spielgefühl. Die Step Buttons sind auch aus Gummi, können aber im Gegensatz zu den Track Pads merklich eingedrückt werden. Die recht kleinen Step Buttons sind zwar für den Sequenzer okay, das chromatische Spiel bedarf allerdings wieder etwas Einarbeitungszeit. Von den 16 Encodern muss streng genommen der orangefarbene Data Encoder oben links abgezogen werden, genauso wie der Mastervolume und die Regler für die Delay und Reverb Master-Send-Effekte oben rechts.

Diese erfüllen eher Makrofunktionen, während die übrigen 12 exklusiv für den aktiven Track gelten. Data und Master verfügen darüber hinaus über eine Push-Funktion. Beim Data Encoder wird damit die Auswahl bestätigt, der Master Encoder fungiert als Power Knopf. Die Potikappen sind wieder gummiert und schön griffig, auch der Abstand zwischen den Encodern ist groß genug, um in aller Freiheit Schrauben zu können – sehr gelungen!

Beim Display wurde dieses Mal gespart und so misst das im Model:Samples integrierte LCD nur 3,3 x 1,8 cm bzw. 128 x 64 Pixel. Das stört jedoch erstaunlich wenig, weil die flachen Menüstrukturen und die vielen Encoder auch ohne Display für ausreichend Überblick sorgen. Allerdings kann das Display nur wenige Buchstaben anzeigen, was z. B. die Orientierung erschwert, wenn man eigene Samples nicht entsprechend benennt. Auf eine Navigation mittels Tasten wurde beim Model:Samples verzichtet und stattdessen voll auf den Data Encoder gesetzt. Dieser lädt jedoch regelrecht zum Verhaspeln ein und es dauert eine Weile, bis man im Umgang wirklich effizient wird.

Um den Bildschirm herum befinden sich zu guter Letzt eine Handvoll Funktionstaster für Transport und Bearbeitung. Diese fühlen sich beim Drücken wieder so an wie die Step-Buttons. Unter der Haube wartet Model:Samples mit 1 GB Speicher und 64 MB Sample Memory pro Projekt auf – das entspricht Monosamples von ca. 11 Minuten Länge. Model:Samples fasst bis zu 96 Projekte, die wiederum 96 Patterns enthalten können. Mitgeliefert werden das passende Netzteil, ein Micro-USB-Kabel, zwei Adapter von Miniklinke auf MIDI sowie eine Menge Sticker, um den Model:Samples zu 'verschönern'.

Der Sound

Die 300 Sounds, die Splice spendiert hat, reichen weit über Percussion und Drumhits hinaus und decken jede Menge Genres ab. So können auch ohne externe Samples vollwertige Tracks gejammt werden, wobei nicht nur die Factory Samples als Grundlage brillieren, sondern auch die Klangbearbeitung des Model:Samples einen guten Job macht: Jeder der sechs Tracks kann anhand der Parameter Pitch, Decay, Sample Start, Sample Length, Filter, Resonance, Sends für Delay und Reverb, LFO-Speed, Volume, Swing und Chance variiert werden. Eine lange Liste, die erst mal verinnerlicht werden muss, aber der Workflow des Model:Samples besticht früher oder später durch seine immer gleiche Bedienoberfläche.

Nicht nur die Menge der Encoder unterscheidet sich von anderen Elektrons, auch die Verteilung der Parameter ist anders. So befindet sich etwa der Volume-Regler in der untersten Reihe, statt oben links, wie beim Digitakt. Beim Justieren der Encoder sind leider auch deutlich hörbare Stufen im Sound, was vor Allem beim Pitch stört.

Statt auf Menüansichten, an denen sich die Encoder orientieren, hat Elektron dieses Mal auf die Doppelbelegung einiger Encoder gesetzt. So teilen sich die Regler für Delay und Reverb die Funktionen Delay Time und Feedback bzw. Decay und Tone, der neue Chance Encoder fungiert gleichzeitig als Condition Regler. Ansonsten lässt sich der Workflow beim Soundscaping durchweg als direkt beschreiben. Beinahe jede Aktion hat direkte Auswirkung auf den Sound, einzig die Einstellung für den LFO ist etwas frickelig geraten. Während der Chance Parameter mehr oder weniger auch bei Digitakt und Co. Mittels Trig Conditions eingestellt werden kann, befindet sich im Menübereich des Model:Samples ein Control All Button, den es so wirklich noch nicht bei Elektron gegeben hat.

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Mehr Informationen

Hält man Control All gedrückt, verändern die Encoder die Parameter aller Tracks gleichzeitig, was besonders mit dem Chance-Regler für herrlich unvorhersehbare Klangoffenbarungen sorgt. Hat man das Pattern erstmal schön kaputt geschraubt, lässt es sich über Pattern Recall wieder zurücksetzen. Aber auch die üblichen Verdächtigen Sample Start und Loop Length machen zusammen mit der Loop-Funktion jede Menge Spaß. Über den Loop Button spielt Model:Samples das aktive Sample in Dauerschleife, was bei extrem kurzen Samples zu Selbstoszillation führt und herrlich Wavetable-mäßige Sounds generiert.

Der Reverb und Delay Effekt klingen okay, wegen der wenigen Ausgänge und nicht vorhandener Routing-Optionen ist man aber leider auf sie angewiesen, wenn nur einzelne Tracks an die Effekte geschickt werden sollen. Wahrscheinlich sind sie gerade deshalb eher generisch gehalten, zumindest ein Tone für den Delay wäre aber schön gewesen. Der Distortion-Effekt versteckt sich beim Volume Encoder und greift mit steigendem Pegel irgendwann automatisch ein. Deshalb ist Distortion beim Model:Samples zwangsläufig laut, es sei denn, man gleicht mittels Velocity aus.

Beim Filter wurde ähnlich gespart: So reicht ein einziger Regler, um von Lowpass zu Highpass durch alle Einstellungen zu sweepen. Hier stört der Kompromiss deutlich weniger. Klarer Vorteil bei der Sache ist, dass die Regler extrem vielseitig auf den Klang einwirken und man weniger Encoder im Kopf und zwischen den Fingern behalten muss.

Der Sequenzer

Es ist kein Geheimnis, dass Elektron ein Händchen für raffinierte Sequenzer hat, die das Pattern Crafting auf spannende und musikalische Weise inspirieren. Als Grundlage dürfen da natürlich Grid und Live Recording nicht fehlen, wobei die Step Buttons im letzten Modus sogar als chromatische Tastatur dienen. Das macht Sinn, weil Model:Samples auch gut für die Bearbeitung melodischer Sounds geeignet ist, nicht nur für das Arrangement von Drum Grooves. Jede Sequenz kann bis zu 64 Steps lang sein, wobei die Länge von Track zu Track individuell gestaltet werden kann. Das eignet sich natürlich hervorragend für polyrhythmische Produktionen, lädt aber auch ohne Mathe zum Experimentieren ein.

Über den Chance-Regler können wie bereits erwähnt einzelne Trigs in ihrer Abspielwahrscheinlichkeit justiert werden. Die Einstellungen reichen hier von Prozentzahlen für Zufallseffekte bis zur genauen Taktangabe auf bis zu acht Takten. Damit können auch auf 16 Steps immens komplexe Patterns programmiert werden, was das Blättern durch die Step Pages erspart. Den Button nutzt man lieber für die Fill Funktion, die ebenfalls über Chance eingestellt werden kann. Wird dann der Fill Button unten links auf dem Model:Sample gedrückt, werden alle Trigs mit der entsprechenden Einstellung gespielt – allerdings muss dafür die Aufnahme deaktiviert sein.

Parameter Locks ist das nächste Zauberwort der Schweden und dahinter verbirgt sich die Möglichkeit, beliebige Einstellungen des Model:Samples nur für ausgewählte Trigs abzuspeichern. Dazu muss man lediglich den oder die gewünschten Step Buttons gedrückt gehalten und währenddessen die jeweiligen Einstellungen vornehmen. Beim Live-Recording werden die Parameterfahrten sogar in Echtzeit mit aufgenommen. Dadurch werden jedoch alle Steps im Sequenzer mit Parameterlocks versehen, wobei der Unterschied zwischen tatsächlich klingenden Steps und aufgenommener Encoder-Bewegung nicht mehr erkennbar ist. Zum Glück kann man die Parameterlocks jederzeit mittels simpler Tastenkombination löschen. Bei einzelnen Trigs geht es am schnellsten, per Doppeldruck auf den Step Button die ganze Eingabe zurückzusetzen.

Parameterlocks für Lautstärke und Tonhöhe werden übrigens am Besten per Velocity und MIDI-Note vorgenommen, dann greifen die Pitch und Volume Encoder immer noch für die Parameter gelockten Trigs mit. Lockt man hingegen Pitch oder Volume, werden diese von den 'normalen' Parameterfahrten nicht mehr beeinflusst. Nur die Einstellungen, die nicht eingespeichert sind, können dann noch zusammen mit den regulären Trigs über die Encoder verändert werden. Über Parameter Locks können sogar die Samples von Step zu Step variiert werden, sodass man in einem Track gleich mehrere Sounds unterbringen kann.

Fazit

Was in geschriebener Form überschaubar wirkt, sorgt praktisch für eine unfassbare Fülle an Möglichkeiten, innerhalb kürzester Zeit Sounds und Patterns zu erstellen, die lange interessant und musikalisch klingen. Samples können verfeinert oder komplett entfremdet, sogar in Oszillatoren verwandelt werden, sodass Elektron mit dem Model:Samples mal wieder die Grenzen zwischen Synthesizer und Drum Machine verwischt. Das kleine Display ist beinahe überflüssig, im Fokus stehen ganz klar die vielen Encoder. Knob per Function ist nicht nur Marketingkonzept, sondern Workflow-Garant, denn so gut wie alle Parameter können gleichzeitig in beliebiger Kombination bedient werden.

Ist die Oberfläche des Model:Samples einmal verinnerlicht, fliegen die Finger nur so über die weiße Kiste, wobei sich so ziemlich jede Aktion auch im Sound äußert. Kritikwürdig ist  aber der Preis, denn 449 Euro UVP sind doch enttäuschend wenig Unterschied zur magischen 500€-Grenze. Zusammen mit dem kompakten Design und den bald kommenden Akkus für unterwegs besetzt Model:Samples außerdem eine ähnliche Nische wie die Volca-Serie von Korg, die deutlich günstiger – wenn auch mit weniger Features – daherkommt. Vielleicht ist das aber auch einfach der Preis, der für den Elektron Sequenzer gezahlt werden muss. Wer das Geld hat, wird jedenfalls nicht enttäuscht, wer noch mehr Geld hat, kauft sich besser den Digitakt.

Pro

Kompaktes Design
Knob per Function Workflow
Elektron Sequenzer

Kontra

Digitakt light Flair (kein Sampler!)
Veralteter Micro-USB-Port
Gar nicht mal so günstig

Preis:

349,00 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Elektron.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit Drum Machine , Elektron , Model:Samples , Producing , Sampler

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