Test: Elektron Digitakt – Beat Making Powerhouse

Test: Elektron Digitakt – Beat Making Powerhouse

Tests. 11. November 2018 | 5,0 / 5,0

Geschrieben von:
Kai Dombrowski

Der Digitakt ist ein achtstimmiger Drumcomputer und Sampler aus dem Hause Elektron. Typisch für die schwedische Firma ist der äußerst effektive Sequenzer des Digitakt: Parameter Locks und Trig Conditions zählen zu den Stamm-Features des Herstellers und bringen Step Sequencing auf das nächste Level. Abgerundet wird die kleine Kiste mit Delay und Reverb als Master-Send-Effekte sowie Filter, Overdrive und einem LFO für jede der acht Stimmen. Seit dem Softwarepatch 1.08 ist auch ein Sidechain-fähiger Mastercompressor an Bord. Bei so vielen Eigenschaften in einem derart kleinen Gehäuse drängt sich die Frage nach der Bedienbarkeit auf. Ob die insgesamt zehn Encoder und 39 Buttons einen intuitiven und kreativen Zugang zu den Features des Digitakt erlauben und ob am Ende auch der Sound stimmt, wird in folgendem Test unter die Lupe genommen.

Quickfacts:

- Beat- und Sampling-Tool
- Für Einsteiger:innen als auch Profis
- Acht Audio- und weitere acht MIDI-Tracks
- Hochwertiger Sequencer

Anschlüsse und technische Daten

Die Audioqualität des Digitakt sorgt mit einer Auflösung von 16 Bit und 48 kHz für einen vollen, beinahe dreidimensionalen Klang, der schon auf den ersten Seiten des Manuals zurecht angeteasert wird. Bei einem Rauschabstand von 108 dB von 20 bis 20.000 Hz steht aber auch all den Sounds nichts im Wege, die nicht im Digitakt enthalten sind und noch gesampelt werden wollen. Mit Außenmaßen von 215 × 176 × 63 mm ist die Kiste schön transportabel. Das macht Doppelt- und Dreifachbelegungen der Buttons und Encoder jedoch zwingend notwendig und kann schon mal für Verwirrung sorgen: Bei schlechtem Licht sind nur die Erstbelegungen auf den beleuchteten Tastern erkennbar, die sekundären Funktionen sind in orangefarbener Schrift unter die Buttons gedruckt und leuchten nicht.

Die Taster selbst erinnern an Tastaturen vergangener Desktopcomputer und besitzen ein ganz eigenes Spielgefühl – und leider auch den zugehörigen Klapper-Sound. Sie sind weder druckempfindlich noch After-Touch-kompatibel, sollen aber 50 Millionen Betätigungen standhalten. Die Endlos-Encoder wirken im Gegenzug sehr modern und stabil, reagieren direkt und können Werte bei gleichzeitiger Druck- und Drehbewegung extra schnell ändern. Eine beleuchtete Beschriftung brauchen sie nicht, da ihre Zuweisung stets vom super crispen OLED-Display abzulesen ist. 6,35 mm Stereo Ins und Outs sowie ein Kopfhörerausgang sind OK, es könnten aber gerne mehrere Ausgänge vorhanden sein, um den Digitakt besser in ein größeres Setup integrieren zu können.

Computerbasierte Setups profitieren bald von der kostenlosen Overbridge Software, welche über den USB-Port des Digitakt in der Lage ist, die acht Audiospuren separat in die DAW zu speisen, was die geringe Anzahl an Ausgangsbuchsen unter Umständen kompensiert. Das Update dazu steht aber noch aus und wird heiß erwartet. MIDI In, Out und Thru dürfen natürlich nicht fehlen, wenn man bedenkt, dass der Digitakt mit seinen Sequenzeroptionen neben den Audiospuren zusätzlich acht MIDI-Spuren versorgen kann. Der Digitakt kommt mit Netzteil und USB-Kabel.

Klangregelung

Ein neu erstelltes Projekt wird grundsätzlich mit den gleichen acht Drumsounds geladen: Kick, Snare, Tom, Clap, Cowbell, Closed Hat, Open Hat und Cymbal. Über den Track-Knopf in Kombination mit den korrespondierenden Step Buttons wechselt man zwischen den acht Audiospuren. Diese verfügen jeweils über eine erschlagende Fülle an Klangfärbungsoptionen, welche sich auf verschiedene Menüs – sogenannten Ansichten – verteilen. Die aktive Spur befindet sich zunächst in der Source-Ansicht, wo das ausgewählte Sample mit Hilfe der acht Encoder beliebig gekürzt, rückwärts abgespielt oder bis zu zwei Oktaven rauf und runter gestimmt werden kann.

Zwischen den Ansichten wechselt man mit den Tasten unterhalb der acht Encoder und findet schnell eine Menge weiterer nützlicher Klangfärbungsoptionen: In der Amplitude-Ansicht gibt es ADSR, Panning und die Sends für Delay und Reverb. Letztere können in einer jeweils eigenen Ansicht genauer eingestellt werden und auch Filter und LFO verfügen über eigene Menüs mit genauso detailreichen Einstellungen.

Das Multimode Filter kann entweder als 2-pole Low Pass- oder 2-pole High Pass Filter fungieren. In der zugehörigen Filter-Ansicht lassen sich ADSR für die Filter Hüllkurve sowie Resonanz und Grenzfrequenz einstellen und sind graphisch auf dem Display abgebildet. Das Low Pass Filter klingt leider etwas verhalten, das High Pass Filter macht hingegen einen soliden Job. Schade ist, dass es kein Bandpassfilter oder Equalizer für einen besseren Mix der Tracks gibt. Der LFO lässt sich an jeden Parameter aus der Source-, Filter- und Amplitude-Ansicht schicken, was für reichlich Spielraum sorgt.

Neben den zahlreichen Wellenformen und den gängigen Regelmöglichkeiten von Speed und Depth gibt es auch einen Trig Mode, der bestimmt, ob der LFO frei vor sich hin oszilliert oder beispielsweise neu startet, immer wenn der zugehörige Track getriggert wird. Auch die Startphase der LFOs ist einstellbar und für die Geschwindigkeit gibt es sogar noch einen zusätzlichen Multiplikator. Dieser funktioniert ähnlich wie ein Subdivision-Regler und erlaubt, die Frequenz des LFOs in Relation zum Speed-Regler zu variieren. Somit beweist Elektron ein gutes Händchen, wenn es darum geht, bewährte Features mit raffinierten Neuerungen zu erweitern.

Filter und LFO existieren für jede der acht Spuren separat, genauso wie die Einstellungsmöglichkeiten aus der Source- und Amplitude-Ansicht. Das ergibt eine unfassbar flexible Klangregelung, mit der so ziemlich jedem Sample Leben eingehaucht werden kann. Hinzu kommen noch die Master-Send-Effekte, die sich ebenfalls hören lassen können: Das Delay verfügt über die üblichen Parameter Time, Feedback und Volume. Zusätzlich gibt es einen Toggle für Pingpong und einen Regler für die Stereobreite sowie einen Send für den Reverb. Gewöhnungsbedürftig ist, dass die Delay Time nicht in Millisekunden oder als Subdivision, sondern durch einen Wert zwischen eins und 128 dargestellt wird, der in Relation zur BPM des Patterns gelesen wird. Auch die Darstellung von Predelay und Decay des Reverbs erfolgt nur durch solche Zahlenwerte.

Positiv fällt sowohl beim Hall als auch beim Delay das Bandpassfilter auf, welches auch bei extremen Einstellungen – Infinite Decay lässt grüßen – für einen klaren Sound sorgt. Der neue Kompressor besticht vor allem durch sein umgängliches Sidechain Feature: Man wählt als Quelle einfach den Track aus, auf dem die Kick liegt und schon hat man den klassischen Pump-Effekt. Für frequenzabhängige Dämpfung gibt es sogar ein Sidechain Filter und als Bonus einen Mix-Regler für Parallel Compression oben drauf. Bitreduction und Overdrive aus der Source- bzw. Amplitude-Ansicht runden das Effektaufgebot des Digitakt ab.

Sequencing 2.0

Über die Record-Taste gelangt man in den Stepsequencer-Modus und kann in üblicher Manier mittels 16 Stepbuttons Patterns und Beats erstellen. Die Eingabe in Echtzeit ist mittels Live-Recording-Modus und optionalem Quantize Feature ebenfalls möglich. Wer sich an den sehr gut klingenden Startsamples satt gehört hat, kann in der Source-Ansicht jederzeit neue auswählen. Bei einem frisch erstellten Projekt sind hier nur die erwähnten acht eingepflegt, wählt man aber einen der 119 freien Plätze aus, gelangt man in die komplette Sample-Library des Digitakt: 28 Drumkits von elektronisch bis akustisch, 44 Synths und Stabs, 42 Analog Notes, 12 Noises und 72 Oszillatoren zählen zur Werksausstattung und lassen die Bezeichnung Drumcomputer zur Untertreibung des Jahres werden. Die Pfeiltasten führen durch die Library und mit dem YES-Knopf wird die Auswahl bestätigt, um Samples in die Projektdatenbank zu übertragen. Elektron hat den Factory Content gut sortiert, sodass man beim Stöbern schnell fündig wird. Indem man den FUNC-Button hält und YES drückt können die Samples auch direkt in der Sample Library abgehört werden.

Der Projekt-Pool fasst maximal 127 Samples, die dann auf die acht Spuren des Digitakt verteilt werden können. Das sieht zunächst nach Overkill aus, doch alle der bisher geschilderten Einstellungsmöglichkeiten können nicht nur für die jeweilige Spur, sondern sogar für jeden einzelnen Step vorgenommen werden. Elektron nennt das Parameter Lock: Hält man beim Schrauben den entsprechenden Step Button gedrückt, gilt die vorgenommene Einstellung nicht für die gesamte Spur, sondern nur für den einzelnen Step. Im Live-Recording-Modus können die Parameter Locks auch direkt aufgenommen werden. Jede der bisher genannten über 40 Klangfärbungsoptionen, auch das ausgewählte Sample, lassen sich von Step zu Step variieren – Wow!

Eine ebenso geniale Implementierung sind die sogenannten Trig Conditions. In der Trigger-Ansicht kann mittels Encoder entschieden werden, unter welchen Umständen der ausgewählte Step triggern soll: Zur Auswahl stehen diverse Prozentwerte, die ein relativ wahlloses Abspielen der Samples bewirken, oder auf den Takt genaue Angaben, wenn nichts dem Zufall überlassen werden soll. Die Trig Conditions bringen Leben in die Welt von vermeintlich eintaktigen Sequenzen, ohne dass man die Pattern-Länge für nur kleine Variationen ändern und den Großteil der Sequenz doppelt oder gar dreifach programmieren muss. Das macht man beim Digitakt sowieso lieber, um polyrhythmische Patterns zu erzeugen. Denn jedem Track kann eine eigene Länge im Stepsequencer zugewiesen werden, wodurch sich intuitiv sehr komplexe Rhythmen erzeugen lassen. Das ist gerade für Techno und ähnlich vertrackte Stilrichtungen ein Segen. Einziges Manko am ansonsten genialen Sequenzer des Digitakt: Es gibt keinen Song-Mode.

Mehr als "nur" Sampling

Bei den 72 Oszillatoren handelt es sich um sogenannte Single Cycle Waveforms (SCWs), die ihr Klangpotenzial zusammen mit dem Loop Feature aus der Source-Ansicht des Digitakt entfalten. Für sich allein klingen diese nach kaum unterscheidbaren Klicks und Pops, erst wenn die kurzen Samples im Loop abgespielt werden, hört man den Charakter der verschiedenen Wellenformen heraus. Gemäß herkömmlicher Syntheseprinzipien helfen die eingebauten FX und Co, die eher simpel gehaltenen SCWs den gewünschten Soundvorlieben anzupassen. Genau wie die SCWs können übrigens alle Samples im Loop abgespielt und bei passender Einstellung des Start- und Endpunktes zu potenziellen Oszillatoren werden. Diese Loops können wiederum im Chromatic Mode melodisch gespielt und über den Live-Recording-Mode direkt in den Sequenzer aufgenommen werden.

Elektron verwischt so die Grenzen zwischen Sampling und Klangerzeugung. Apropos Sampling: Direkt unter dem Display befindet sich die Sampling-Taste, über die man in die zugehörige Ansicht wechselt. Über die beiden Inputs lassen sich nun kinderleicht alle möglichen Audioquellen aufnehmen und für die Bearbeitung mit dem Digitakt vorbereiten. Vor und während der Aufnahme wird der Eingangspegel auf dem Display angezeigt, was eine klare Aufnahme gewährleistet. Nach Beenden der Aufnahme zeigt das Display die neue Audiodatei als Wellenform an. Mit Hilfe der Encoder kann die Aufnahme entlang eines Start- und Endpunktes beschnitten werden, wobei in der oberen Hälfte des Displays eine vergrößerte Darstellung der Wellenform angezeigt wird, um zielgenaues Arbeiten zu erleichtern. Nach dem Schneiden ist das nagelneue Sample auch schon bereit für den „Elektron Way“.

 

Fazit

Eigentlich genügt ein Blick aufs Firmenlogo, um zu ahnen, dass man beim Digitakt nicht um die Lektüre des Manuals herum kommt. Elektron hat bereits mit dem Octatrack gezeigt, dass eine gewisse Einarbeitungszeit notwendig, aber vor allem auch lohnenswert ist. Wer sich bereits mit den Schweden auskennt, wird schneller mit dem Digitakt zurechtkommen, da sich vor allem die Bedienung des Sequenzers stark mit anderen Elektron Geräten überschneidet. Aber auch als Novize ist man relativ schnell mit dem „Elektron Way“ vertraut: Die Aufteilung in die verschiedenen Ansichten ist sinnvoll gestaltet und man hat schnell begriffen, wo welche Einstellungsmöglichkeit steckt. Das Display und die Tastaturbeleuchtung verraten jederzeit, in welchem Menü man sich befindet und wofür die Encoder zuständig sind.

Das sorgt für eine transparente Bedienbarkeit und verhindert, dass man sich bei all den Einstellungen und Menüs zu sehr verirrt. Trotz unkomplizierter Möglichkeit, andere Instrumente und Klänge zu sampeln, eignet sich der Digitakt hervorragend als Erst- bzw. Einzelgerät, weil die über 400 Sounds aus dem Lieferumfang genug Auswahl bieten, um ganze Tracks zu erschaffen. Besonders die vielen Synth- und Stabsamples lassen die Herzen von Techno- und House-Fans höher schlagen und zeugen vom guten Geschmack der Schweden. Zusammen mit dem äußerst fähigen Sequenzer und den zahlreichen Sound-Shaping-Optionen multiplizieren sich die kreativen Möglichkeiten und machen den Digitakt fast zu einer Art Hardware-DAW.

Besonders der Sequenzer dürfte jedoch der Grund sein, weshalb auch bestehende Setups von einer Erweiterung durch den Digitakt profitieren: Ob via MIDI oder als Sample – es macht einfach unglaublichen Spaß so intuitiv und effektiv lebendige Patterns zu erzeugen, was vor allem Elektrons Parameter Locks und Trig Conditions zu verdanken ist. Der fehlende Song-Mode fällt bei derartiger Flexibilität kaum auf, lediglich das Low Pass Filter und der Reverb könnten etwas mehr Charakter vertragen. Wer nicht gerade mit Overbridge arbeitet, wird sich außerdem über die wenigen Audioausgänge ärgern, etwa wenn einem die interne Klangregelung des Digitakt nicht mehr ausreicht – auch wenn bis dahin eine Menge Zeit vergehen kann.

Pro

Viele sehr gute Factory Samples
Unfassbar flexible Klangregelung
Genialer Sequenzer

Kontra

Kein Song-Mode
Kein Equalizer oder Bandpassfilter für einzelne Spuren
Nur zwei Audioausgänge

Preis:

855,00 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Elektron-Website.

Alternativen:

– Akai MPC One (666 EUR)
– 1010music Blackbox (659 EUR)
– Roland Verselab MV-1 (629 EUR)

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit Digitakt , Drum Machine , Elektron , Producing , Sampler , sequencer

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