Ist es ein neuer Octatrack? Ist es Digitakt III? Nein, es ist Tonverk! Elektrons neuester Release ist eine polyphone Groovebox mit Multisampling, zahlreichen Effekten und Routing-Optionen, überarbeitetem Sequenzer sowie sechs zuweisbaren Audioausgängen. Grob ein Jahr nach dem Leak bringen Elektron den Tonverk ohne viel TamTam auf den Markt und die Community reagiert – verhalten. Details zu den Features und Limits des Tonverk gibt es im folgenden Test.
Quick Facts
- Acht Stereo Audiospuren, vier Bus-Tracks, drei Send-Tracks und ein Mix-Track
- Vier Machines pro Audiotrack: Singleplayer, Multiplayer, Subtracks oder MIDI
- Umfassendes Sounddesign via 17 Effekte, LFOs und Filter pro Track
- Polyphoner Sequenzer mit 256 Steps, Parameterlocks, Trig Conditions und Retrig
- 5 GB interner Speicher und 64 GB SD-Karte (im Lieferumfang enthalten)
Verarbeitung und Haptik
Mit Maßen von 286 × 176 × 63 mm und 1,85 kg Gewicht ist Elektrons Tonverk etwas kleiner als ein Octatrack, aber größer als Digitakt, Digitone oder Syntakt. Die verbauten Encoder und Buttons sowie das Metallgehäuse sind in Sachen Verarbeitung und Haptik Elektron-typisch erstklassig und fühlen sich angenehm vertraut an. Lediglich die Step-Taster sind beim Tonverk etwas schmaler. Der dadurch gewonnene Platz wird von einer 13-Tasten-Klaviatur belegt, die wir von Analog Four MK II kennen.
Das 128 x 64 px OLED Display ist ebenfalls identisch mit anderen Elektron Maschinen und liefert im gewohnt pixeligen Black and White Look den nötigen Überblick. Wer bereits mit Digitakt und Co. gearbeitet hat, wird sich im Workflow rund um die acht Endlos Encoder, sechs Menü Taster und besagtem Bildschirm schnell zurechtfinden. Für alle, die mit Tonverk ihr erstes Elektron Gerät unter den Fingern haben: Die Encoder sind velocity-empfindlich und verfügen über eine Push-Funktion, was effektiv drei verschiedene Scroll Speeds beim Regeln ermöglicht.
Die Step- und Klaviertaster müssen nach wie vor auf Anschlagsdynamik verzichten. Das ist gerade bei einem Multisampler wie dem Tonverk ziemlich schade, weil man out of the box nicht in den Genuss kommt, die verschiedenen Velocity-Abstufungen der Multisamples live zu spielen. Cool ist wiederum, dass Tonverk über sieben LEDs verfügt, die anzeigen, in welcher Oktavlage sich das kleine Keyboard gerade befindet. Die benachbarten Plus- und Minustaster sind ebenfalls ein Segen und waren in der Vergangenheit (außer beim Analog Four MK II) nur über Tastenkürzel erreichbar.

Anschlüsse und Lieferumfang
Die Audioanschlüsse des Tonverk sind im 6,35mm Klinken Klinkenformat gehalten, symmetrisch und in Zweiergruppen eingeteilt: Ausgänge A und B sind praktisch die Main Outs, C und D sind Auxiliary Outs und die Stereobuchse für die Kopfhörer ist intern als Ausgänge E und F gekennzeichnet. Im Routing Kapitel weiter unten könnt ihr nachlesen, was sich mit den Ausgängen alles anstellen lässt. Für MIDI gibt es entweder das typische Trio aus MIDI-IN, -THRU und -OUT oder eine der zwei USB-C-Buchsen.
Einer der USB-C-Anschlüsse ist für das mitgelieferte Netzteil reserviert, das sich mittels Schraube am Stecker am Gehäuse des Tonverk fixieren lässt. Der andere USB-Slot kann Stereo Audio (Input und Output) sowie MIDI transferieren. Im Drive mode lassen sich hier auch Files und Samples verschicken. Tonverks USB-Slots funktionieren mit MIDI-Hosts wie Computern oder Smartphones, aber leider nicht mit USB-Devices, wie Audio Interfaces oder Hardware Gear.
Abgerundet wird die Anschlusssektion vom Powerschalter und einem SD-Kartenslot, über den sich die internen 5 GB Speicher des Tonverk erweitern lassen. Im Lieferumfang ist sogar eine 64 GB SD-Karte enthalten. In der Verpackung des Tonverk befinden sich außerdem ein beidseitig bedrucktes Poster, ein Kärtchen mit Hinweis auf Software Updates sowie ein hochwertiges 1,50 m USB-C-Kabel mit Elektron Kabelbinder. Wie bei vielen anderen Elektron Geräten zuvor, ist auch Tonverk direkt nach Veröffentlichung (noch) nicht Overbridge-kompatibel.
Deep Dive: Subtracks
Tonverk arbeitet mit 16 individuellen Tracks, von denen jedoch lediglich acht für Audiomaterial verwendet werden können, was im Vergleich zu den 16 Audio Tracks des Digitakt 2 wie ein Rückschritt scheint. Hier kommt die neue Subtrack Machine ins Spiel, die es ermöglicht, auf einer einzelnen Spur bis zu acht verschiedene Samples unterzubringen. Das war beim Digitakt nur relativ umständlich via Soundlocks möglich und brachte aufgrund der monophonen Funktionsweise der Tracks gravierende Limitierungen mit sich. Mittels Subtracks können beim Tonverk ganze Drumkits auf einen Track geladen werden. Speichern geht auch, einzelne Samples lassen sich im Handumdrehen austauschen und dank der achtstimmigen Polyphonie der Subtracks dürfen auch mehrere Samples auf denselben Trigs landen.
Trotzdem bergen die Subtracks ein paar Einschränkungen: So teilen sie sich die Sequenzerlänge und FX-Routings. Wer also polyrhythmische Drumpatterns bauen will, muss trotzdem auf verschiedene Audio Tracks zurückgreifen. Weil Tonverk beim Verlängern der Sequenz automatisch deren Inhalt dupliziert, ist es aber möglich, mit einem eintaktigen Kick Pattern zu starten, es auf zwei Takte zu duplizieren und dann ein zweitaktiges Hihat-Pattern zu overdubben. Wer mit dem längeren Pattern bzw. der Hihat aus unserem Beispiel starten möchte und keine Lust hat, das eintaktige Kick Pattern doppelt einzugeben, sollte ebenfalls einen extra Track bemühen, oder mehrtaktige Variationen über Trig Conditions realisieren.
Im Zusammenhang mit den vielen neuen FX-Möglichkeiten muss in Kauf genommen werden, dass die Effekte für alle Subtracks gleichermaßen gelten – egal ob Inserts, Sends oder Bus. Mögliche Workarounds sind Resampling der gewünschten Kombination aus Effekt und Sample, oder Parameterlocking der jeweiligen Send- bzw. Dry-/Wet-Parameter. Wenn sich beim Parameterlocking jedoch mehrere Samples auf dem Parameterlock-Trig befinden (bspw. Kick und Snare/Clap), werden automatisch beide Sounds effektiert. Die Parameter der Pages Trig, Source, Filter, Amp und Mod sind dafür uneingeschränkt und individuell pro Subtrack verfügbar. Auch die überarbeitete Mute-Funktion des Tonverk lässt sich individuell auf einzelne Subtracks anwenden.
Im Klartext gibt es also für jeden Subtrack eine eigene ADSR-Hüllkurve, individuelle Sample-Playmodes, -Start-, -End- und Looppunkte, Retrig-Optionen, Probabilty und Trig Conditions, zwei LFOs, eine Modulationshüllkurve, die Elektron-typische Kombination aus Basewidthfilter und Multimodefilter samt Filterhüllkurve, Overdrive und Panning. Besonders die individuellen Trig Conditions sind hilfreich, um etwas mehr Abwechslung in die für alle Subtracks geltende Sequenzerlänge zu bringen, wie weiter oben bereits angemerkt wurde. Zusätzlich lässt sich ein Tonverk-Track mit Subtracks auch als Supertrack anwählen, wo sich Probability und Velocity für alle Subtracks gleichzeitig regeln und die FX-Sends automatisieren lassen.

Singleplayer und Multiplayer
Abgesehen von den Subtracks gibt es beim Tonverk noch zwei weitere Audio-Machines: Singleplayer und Multiplayer. Letzterer ist für die neuen Multisamples gedacht und ermöglicht jede Menge Artikulation in Sachen Pitch und Velocity. Hier werden streng genommen für verschiedene Tonhöhen und Anschlagsdynamiken eigene Samples geladen, was für einen organischen und unfassbar vielseitigen Sound sorgt. Im Factory Content des Tonverk befinden sich 110 Multiplayer Sounds, um direkt loslegen zu können. Wie zu erwarten gibt es hier klassische, akustische Instrumente, wie Streicher oder Klavier, die dank der gesampleten Abstufungen das nuancierte Klangverhalten ihrer Vorbilder abdecken. Es gibt aber auch Windspiel-ähnliche Sounds, deren Geklimper im Abklang je nach Tonhöhe angenehm organisch variiert.
Der Singleplayer arbeitet mit nur einem Sample, das dann chromatisch gespielt werden kann. Hier liefern Elektron 175 Samples in der Werksausstattung. Der große Fortschritt im Gegensatz zu den monophonen Digitakt Tracks ist die achtstimmige Polyphonie (pro Audiotrack) des Tonverk. Diese ermöglicht das Spielen und Sequenzieren von Akkorden, während zuvor jeder Akkordton einen eigenen Track beansprucht hätte oder via Resampling zusammengeführt werden musste. Die Polyphonie gilt übrigens genauso für die Multiplayer-Maschine, allerdings verlangen die Singleplayer Tracks dem Tonverk deutlich weniger Rechenleistung ab. Komplexere Projekte bringen nämlich relativ lange Ladezeiten mit sich. Eine der größten Enttäuschungen des Tonverk ist, dass Elektron weder Timestretch-, noch Chopping-, Slice- oder Grid-Algorithmen integriert haben – Klarer Pluspunkt für Digitakt 2.
Sampling
Um eigene Samples zu erstellen gibt es beim Tonverk eine breite Auswahl an Möglichkeiten. Ihr könnt zum Beispiel eure Sounds intern via Resampling aufnehmen, wobei als Quelle nicht nur die einzelnen Tracks oder gleich der Main Out angewählt werden können, sondern auch die vier Bus Tracks. Alternativ lassen sich aber auch die physischen Klinkeneingänge oder einer der USB-C-Slots recorden. Cool ist, dass über den Record-Length-Parameter die Sample-Länge passend zur Projekt BPM bzw. Clock erstellt wird. Nach der Aufnahme lässt sich das Sample aber auch als Wellenform betrachten, heranzoomen und zurechtschneiden.
Der Autosampler des Tonverk ist besonders spannend und nimmt – wie der Name schon sagt – ganz automatisch Multisamples auf. Dafür müssen Tonverk und das aufzunehmende Gear via MIDI-Kabel connectet und die Note Range sowie Anzahl an Velocity Layers ausgewählt werden. Den Rest übernimmt der Autosampler, was zwar einige Zeit in Anspruch nimmt, aber deutlich angenehmer ist, als sämtliche Tonhöhen und Velocity-Stufen manuell einzugeben. Wenn beim Autosampling mal etwas schiefgeht, beispielsweise der Startpunkt nicht ganz knackig sitzt, gibt es jedoch keine Möglichkeit, einzelne Samples zu korrigieren.
Komplett überarbeitete FX-Ausstattung
Lange genug haben Elektron Instrumente mit der Dreifaltigkeit aus Chorus, Delay und Reverb gearbeitet. Tonverk erweitert die Liste um stolze 14 neue Effekte, darunter klassische Modulation in Form von Infinite Flanger oder Phase 98, aber auch jeweils ein neuer Delay und Reverb sowie Chronopitch, Frequency Warper und Warble. Bevor wir uns die neuen Effekte im Detail anschauen, sollten wir jedoch abchecken, wie die sie in die Tonverk Architektur eingebettet sind: Die drei altbekannten Send-Wege, die früher fix mit den oben erwähnten Chorus, Delay und Reverb-Effekten ausgestattet waren, sind immer noch dabei, lassen sich jetzt aber beliebig mit den verfügbaren Effekten belegen. Hinzu kommen zwei serielle Insert-FX pro Track. Seriell heißt, FX1 wird in FX2 gespeist, wobei sich deren Routing nicht verändern lässt. Weil beide Inserts auf dieselbe Auswahl an Effekten zugreifen, ist das in der Praxis aber relativ egal.
Hinzu kommt der Mix-Track, der sich ebenfalls beliebig mit einem der Effekte koppeln lässt. In der Vergangenheit war hier nur der Compressor verfügbar, der jetzt nach Gusto auf die Sends oder Inserts verfrachtet werden kann. Zusammengefasst: Die acht Audio-Spuren und vier Bus Tracks können mit jeweils zwei Insert Effekten versehen werden und lassen sich beliebig an die drei Send-Effekte schicken. Die Send-Spuren und der Mix-Track können mit jeweils einem Effekt ausgestattet werden, müssen aber auf eigene Sends verzichten – bei Digitakt und Co. gab es bei den Send-Effekten nochmal extra Sends, mit denen sich beispielsweise der Delay in den Reverb speisen ließ. Standardmäßig werden alle Tracks an den Mix-Track samt dort platzierten Effekt geroutet. Weil Tonverk über mehrere physische Ausgänge verfügt (CD und EF bzw. Phones), kann der Mix-Track aber auch als fünfter Bus genutzt werden.
Wie im Subtracks-Kapitel beschrieben, gelten die Sends und Inserts immer gleich für alle Subtracks der jeweiligen Spur, was leider ein ziemlicher Bummer ist. Eine weitere Einschränkung in Sachen FX ist, dass die verfügbare Auswahl je nach Track variiert. Die volle Sammlung gibt es tatsächlich weder bei Insert, Send noch bei Bus oder Mix. Frequency Warper und Warble sind beispielsweise nur für Bus- und Mix-Tracks verfügbar, der neue Raumsklang-Reverb und Daisy Delay nur bei den Sends. Das deckt sich zwar mit dem klassischen Workflow, Time-based-Effekte als Send zu verwenden, während die Inserts für Modulation und Dirt gedacht sind, schmälert aber das Potenzial der eigentlich super flexiblen und inspirierenden FX-Architektur.
Routing und Bus-Tracks
Über die Tastenkombination aus SHIFT und MUTE öffnet sich Tonverks dediziertes Routing-Menü. Hier können alle Tracks, von Audio über Bus bis hin zu Sends und Mix, an verschiedene Outputs geschickt werden. Beispielsweise lassen sich so diverse Hardware Setups realisieren, indem ihr die Tracks auf die verschiedenen physischen Ausgänge verteilt. Auch wenn die Outputs AB, CD, EF nur als Stereogruppe angesteuert werden können, lassen sich via Panning bis zu sechs unabhängige Einzelausgänge abgreifen - vorausgesetzt für den Phones-Ausgang ist ein Y-Kabel vorhanden.
Gleichzeitig sind Tonverks Routing Optionen nicht nur in Zusammenhang mit externem Gear interessant: Über die vier BUS-Tracks könnt ihr Audio-Spuren in Gruppen unterteilen, und diese bspw. gemeinsam komprimieren oder filtern. Wer bei älteren Elektrons versucht hat, mehrere Tracks im Rahmen einer Live Performance gleichzeitig runterzufiltern dürfte sich also freuen, dass das jetzt mit nur einem Regler und ohne wildes Track Gehopse funktioniert. Abgesehen von den technischen Möglichkeiten, ist die Bedienung des Routing Modus besonders gelungen. Die 16 Step Taster repräsentieren die verschiedenen Tracks, die durch einfaches Drücken ausgewählt werden.
Die "langweilige” Variante ist, dann mittels Regler H das Routing-Ziel einzustellen, wobei für Busse und Mix-Track nur die Hardware-Ausgänge des Tonverk zur Verfügung stehen. Wenn ihr die Audio Tracks routen wollt, könnt ihr auch den jeweiligen Audio-Track-Taster gedrückt halten und dann entweder einen der vier Busse oder den Mix-Track auswählen, um das Routing zu ändern. So werden die Busse im Routing Menü zu richtigen Performance Effekten, weil sich bei laufendem Pattern in Windeseile die Bus-Effekte ein- und ausschalten lassen. Schade ist, dass sich die Aktionen im Routing Menü nicht live aufnehmen lassen. Das geht nur über den Routing-Regler auf der FX-Page, aber dafür sowohl als Parameterlock, als auch via Echtzeitaufnahme.
Die Effekte: Filter
Zusätzlich der altbekannten Multimode und Base/Width Filter, die unabhängig von den Insert-FX- und Send-Slots für jeden Audio Track und sogar die Subtracks verfügbar sind, haben Elektron noch weitere Filter implementiert. Beispielsweise ist der Comb-Filter – bekannt von Digitakt II – beim Tonverk als möglicher Kandidat für Insert, Bus oder Mix Track anwählbar. Filterbank ist ein grafischer 8-Band-EQ mit fixierten Frequenzbändern. Gemeinsam mit Multimode und Low-Pass-Filter kommt Tonverk also auf insgesamt sechs verschiedene Filtertypen.
Die Effekte: Modulation
Während die Modulationseffekte rund um Phaser, Chorus und Flanger zwar nice to have sind, sind sie in Sachen Bedienbarkeit und Sound relativ selbsterklärend und eher nicht das Highlight der neuen FX-Palette. Hier sind eher Warble, Frequency Warper und Chrono Pitch zu erwähnen. Warble simuliert alte Bandmaschinen und war bereits beim Analog Heat +FX eins der Highlights. Frequency Warper funktioniert ähnlich, konzentriert sich aber eher auf Tonhöhenschwankungen, als auf die Grundtextur. Chrono Pitch ist ein Grain Delay, das sich zwar nicht mit der Clock synchronisieren lässt, aber dafür herrlich unvorhersehbare Pitch-Glitches erzeugt.
Die Effekte: Delay, Reverb und Co.
Die Effekte Panoramic Chorus, Saturator Delay und Supervoid Reverb sind wie bereits beschrieben 1:1 von vorherigen Elektrons übernommen. Degrader und Dirtshaper sind Overdrive- bzw. Bitcrush-Effekte, die es in reduzierter Form auch schon in der Vergangenheit gab, dank neuer Parameter lässt sich der Overdrive aber praktisch equalizen und der Bitcrush zu einer Art Ringmod umfunktionieren – nice!
Der neue Daisy Delay ist die ideale Ergänzung zur Saturator-Variante, weil er mit Modulation ausgestattet ist und mittels Skew-Regler für spannende Stereo-Rhythmen sorgt. Nur der Filter ist nicht ganz so vielseitig, wie beim OG Delay. Rumsklang, der neue Room Reverb des Tonverk, ist jedoch relativ enttäuschend: als Raumhall hat er zwar einen anderen Grundklang im Vergleich zum Plate Reverb Supervoid, die Texturen der Early Reflections liefern aber nicht genug Charakter. Außerdem gibt es auch bei null Pre-Delay eine kleine Verzögerung zwischen Source Sound und Hall, was durchaus stören kann.

Sequenzer und Mute Mode
Nachdem die maximale Sequenzerlänge bereits beim Digitakt II von 64 auf 128 Schritte erhöht wurde, verdoppelt Tonverk die Anzahl der möglichen Steps ein weiteres mal auf stolze 256. Das ist besonders für längere Live Overdubs praktisch, beim Step Recording wird es bei derartig langen Patterns jedoch schneller unübersichtlich bzw. unpraktisch. Passend zu den längeren Patterns haben Elektron auf die bisher üblichen Page LEDs verzichtet – schließlich bräuchten wir mittlerweile acht – und verlegen das optische Feedback auf den Screen und die Step-Taster.
Zu den Extra-Steps gesellen sich neue Scale-Werte, mit denen sich die Auflösung der Steps variieren lässt: Neben bereits bekannten Faktoren wie 1/2 oder 3/4 gibt es jetzt auch so krumme Werte wie 7/8. Mit diesen neuen Subdivisions eröffnen sich viele spannende Möglichkeiten, um polyrhythmische Sequenzen zu erzeugen. In der Vergangenheit war der Scale-Parameter nützlich, wenn man die relativ geringe Maximallänge von 64 Schritten erweitern wollte. Bei Tonverks 256 Steps ist das wohl eher unnötig, aber theoretisch wären via Scale bis zu 64 Takte möglich – Hallo Ambient! Cool ist auch, dass sich der Scale-Parameter auf die Tempi der LFOs, den Arp und die Retrigs auswirkt.
Zu guter Letzt sei noch der Mute Mode erwähnt, mit dem sich die verschiedenen Tracks (und Subtracks!) des Tonverk stummschalten lassen. Das Betätigen des zugehörigen Mute-Tasters lässt die Step- und Keyboard-Taster grün aufleuchten. Die Step-Taster repräsentieren die Super Tracks und die Keyboard-Taster die Subtracks. Um an die gewünschten Subtrack-Mutes zu kommen, müsst ihr also die jeweilige Spur via Track Button auswählen! Wenn der ausgewählten Spur eine Single- oder Multiplayer Machine zugewiesen ist, kann via Keyboard übrigens parallel zum Muten noch gespielt werden. Schade ist, dass Tonverk nur über Global Mutes verfügt, Pattern eigene Mutes gibt es leider nicht, was beim Performen mit dem Song Mode aber ziemlich praktisch wäre.
Alternativen
Fazit
Elektron Tonverk ist eine inspirierende Mischung aus Sampling, Sequencing und Effektbearbeitung. Die Vielseitigkeit der Audio-Track-Machines, Insert FX, Busse und Sends sowie das flexible Routing in Kombination mit den zahlreichen Effekten und Sounddesign Tools sorgen für jede Menge Experimentierfreude. Trotzdem wirkt Tonverk an manchen Stellen etwas unausgereift: Das Fehlen von Sampling-Tech wie Timestretch oder Slicing und das (noch) nicht ganz so zuverlässige Autosampling dürfte den ein oder anderen Sampling-Fan abschrecken. Auch die FX- und Sequencer-Integration der Subtracks haben ihr Potenzial noch nicht zu 100 Prozent ausgeschöpft. Wer Elektron kennt, darf aber guten Gewissens auf künftige Firmware-Updates hoffen, die diese “Kinderkrankheiten” beheben.
Auch wenn Tonverk ein aufregendes Instrument ist, dessen Leistungs-Limit und Anwendungsbereich noch zu ergründen sind, stellt sich die Frage, welche Niche Elektron mit ihrem neuen Multisampler besetzen wollen. Beispielsweise ist Tonverk mit dem stolzen Preis von 1329 Euro gar nicht mehr so weit vom Ableton Push 3 Standalone entfernt. Auch MPC One+ steht als Multisampling Groovebox in direkter Konkurrenz zum Tonverk und kostet sogar nur die Hälfte. Selbst Elektron-intern gibt es eine große Schnittmenge zwischen Digitakt II und Tonverk. Wer auf Elektron steht, die vielen Effekte und Routing-Optionen braucht und/oder die MK II Rutsche ausgesetzt hat, sollte Tonverk aber definitiv auschecken. Entweder direkt, um dabei zu sein, diese New Frontier zu erkunden, oder ihr wartet noch auf die nächsten Firmware-Updates, um zu schauen, was Elektron noch aus der Kiste rausholen können.
Pro
Flexible Track-Architektur
Vvielseitige FX- Modulation- und Routing-Optionen
Überragender Sequenzer mit 256 Steps
Kontra
Weder Timestretching, Noch Slicing oder Grid Sampling
Nicht alle Effekte sind für alle Spuren verfügbar
Subtracks verhältnismäßig eingeschränkt
Autosampler recht buggy beim Multisampling
Preis:
1.255 EUR
weitere Iformationen gibt es auf der Website von Elektron.

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