Test: Korg ARP 2600 M / Analogsynthesizer

Test: Korg ARP 2600 M / Analogsynthesizer

Tests. 19. März 2022 | 5,0 / 5,0

Geschrieben von:
Kai Dombrowski

Nach dem rasanten Ausverkauf des ARP 2600 FS, der limitierten Neuauflage des Klassikers ARP 2600, folgt ein Jahr später der ARP 2600 M. Wieder in Zusammenarbeit mit Korg entstanden, handelt es sich beim 2600 M um eine kleinere, an moderne Umstände angepasste, aber dennoch weitestgehend originalgetreue Kopie des legendären Sound-Wunders. Zwar nur noch halb so teuer wie der 2600 FS ist der neue ARP jedoch längst kein Schnäppchen – 1.799 Euro soll das gute Stück knapp drei Monate nach dessen Veröffentlichung kosten. Ob sich das Geld am Ende nicht nur für das original Label, sondern auch den Sound lohnt, zeigt dieser Test.

Anschlüsse und technische Daten

Bei Instrumenten jenseits der 1000 Euro sind Besonderheiten bei der Verpackung und dem Lieferumfang immer gerne gesehen. Dass der ARP 2600 M im eigenen Rollkoffer geliefert wird, sorgt so bereits beim Unboxing für gute Laune und ist tatsächlich eine nicht nur witzige, sondern durchaus praktische Methode, das jüngst erworbene Objekt der Begierde sicher zu transportieren. In diesem Koffer finden neben dem Synth auch die mitgelieferten Patchkabel, das Netzteil, zwei USB-Kabel, die Anleitung in Papierform und ein kleines MIDI-Keyboard Platz.

Wer also viel unterwegs ist, spart sich beim Kauf ein paar hundert Euro fürs Hardcase. Bei raueren Strapazen, wie beispielsweise im Touralltag, führt aufgrund der doch recht dünnen Kofferhülle jedoch kein Weg an einer derartigen Extra-Investition vorbei. Auch was die Software betrifft hat Korg bei der Ausstattung des ARP 2600 M nicht gegeizt: Neben dem leistungsstarken Mastering Tool Ozone Elements von Izotope spendiert Korg noch Reason Lite samt einigen Softsynths des japanischen Unternehmens sowie anderer Hersteller.

Mit Maßen von 520 x 311 x 129 mm ist der ARP 2600 M etwas mehr als halb so groß wie das Original und die FS-Version. Trotzdem bringt der Synth mit seinem robusten Metallgehäuse stolze 5,9 kg auf die Waage und wirkt keineswegs wie eine Miniaturversion. Auch wenn die vielen Fader jetzt deutlich kleiner ausfallen, fühlen sie sich absolut wertig an und bieten immer noch genügend Platz zum detailgenauen Schrauben.

Insgesamt macht die Verarbeitung des ARP 2600 M einen absolut überzeugenden Eindruck in Sachen Stabilität und Look. Letzterer wurde nämlich 1:1 vom Original aus den 70ern übernommen und punktet mit schlichter sowie zeitloser Ästhetik und hoher Funktionalität.

Als semimodularer Synthesizer lässt sich der ARP auch ohne Verwendung von Patchverbindungen spielen, wobei die Vorverdrahtung des Synths auf die schwarze Gehäuseoberfläche gedruckt ist. Das erleichtert den Überblick und ermöglicht einen experimentellen Zugang, weil viele spannende Modulationsmöglichkeiten bereits ohne Patchkabel funktionieren. Mit den absolut hochwertigen mitgelieferten Kabeln, deren Länge ausreicht, um vom einen Ende des Instruments zum anderen verpatcht zu werden, macht aber auch das Patchen einen Riesenspaß.

Durch die helle Farbe setzen sich die Kabel super von der Gehäuseoberfläche ab und die Steckverbindungen sitzen bombenfest. Allerdings scheinen die 3,5mm-Klinkenbuchsen des 2600 M wie beim Korg MS-20 Mini nicht mit den Sechskantmuttern verschraubt, sondern aufgeklebt zu sein. Kurzfristig konnte dadurch jedenfalls keinerlei Nachteil ausgemacht werden.

Das mitgelieferte MIDI-Keyboard macht, was es soll – Noteneingabe über drei Oktaven und weitere MIDI-Befehle via Mod- und Pitchwheel sowie Portamento On/Off –, ist allerdings komplett aus Plastik und hat außer zwei Buttons für die Oktavlage nicht viel mehr zu bieten. Das genügt zwar für den Anfang, ist aber definitiv das schwächste Glied in der Kette des Zubehörs. Die Anschlüsse für Strom, Audio, MIDI und USB befinden sich an der Seite des ARP 2600 M, sodass das originalgetreue Design der Frontseite unangetastet bleibt.

MIDI-In gibt es nach DIN-Norm sowie einen extra USB-A-Slot für class compliant MIDI-Keyboards, Controller und Co. Via USB-B-Anschluss kann der ARP 2600 M mit dem Computer verbunden werden und auf diese Weise auch die MIDI-Daten des Keyboards an den Rechner kommunizieren. Die beiden Audioausgänge L und R kommen im 6,35mm-Klinkenformat und die vier Kippschalter für die Auswahl der Mehrstimmigkeit runden die Anschlusssektion ab.

VCOs und FM

Der ARP 2600 M ist wie sein Vorgänger mono- bis duophon, was bedeutet, dass maximal zwei verschiedene Notensignale gleichzeitig ausgegeben werden können. Über die Kippschalter an der Seite des Instruments kann der Synth aber auch gänzlich monophon eingestellt werden. Für das duophone Spiel lässt sich zusätzlich steuern, ob tiefe oder hohe Noten Priorität haben. Ab Werk bevorzugt der ARP 2600 M bei „zu vielen“ Tönen die relativ hohen, also Obacht beim Legatospiel!

Die VCOs sind wie die gesamte Klangerzeugung des 2600 M analog und unterscheiden sich voneinander insofern, dass nur VCO2 und VCO3 die Pulsbreite regeln können, obwohl sich alle Oszillatoren als Pulswelle – beziehungsweise Squarewave bei VCO1 – ausgeben lassen. VCO2 ist am üppigsten ausgestattet und kennt neben der ebenfalls für alle VCOs verfügbaren Sägezahnwelle noch Dreieck und Sinus.

Außerdem lässt sich die Pulsbreite von VCO2 sogar vom Noise Generator modulieren. Via Patchkabel sind selbstverständlich noch mehr Quellen verfügbar. LFOs gibt’s beim ARP zwar nicht, dafür können die VCOs mittels Kippschalter auf niederfrequente Schwingungen gedrosselt werden. Gestimmt wird mit je einem quer liegenden Fader für Grobes und Finetuning. Welche Schwingungsform pro VCO an den Mixer geleitet wird, ist ebenfalls vorverdrahtet und nur per Patchkabel zu ändern.

Das entspricht zwar der Funktionsweise des Originals, wirkt aber irgendwie umständlich. Abgesehen von den VCOs und dem Noise Generator gibt es beim ARP noch ein Sample-and-Hold-Modul, das den Pitch von VCO1 und VCO2 moduliert, sobald die zugehörigen Fader betätigt werden.

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VCF, ADSR und Co.

Mit den beiden Filtertypen 4012 und 4072 besteht die Filtersektion des ARP 2600 M aus gleich zwei verschiedenen Lowpassfiltern, von denen jedoch immer nur eins aktiv sein kann. Per Kippschalter wird zwischen den Varianten gewechselt, wobei der zweite Filtertyp insgesamt vielleicht etwas wärmer klingt. Ansonsten befinden sich die Unterschiede zwischen den Modellen eher im Detail, etwa Resonanzverhalten oder die Interaktion mit der Hüllkurve.

Apropos Hüllkurve: Beim ARP 2600 M können Attack, Decay, Sustain und Release mit vier entsprechenden Fadern geregelt werden, wobei die Ansprache von Attack und Release beim 2600 M überarbeitet wurden. Das äußert sich vor allem dadurch, dass nichts negativ auffällt bzw. alles so läuft, wie von anderen Synthesizern gewohnt.

Die Hüllkurve kann „unverpatcht“ den Pitch der VCOs oder die Cutoff-Frequenz der Filter regeln. Eine weitere, reduzierte Hüllkurve aus Attack und Release liefert noch mehr Modulationsmöglichkeiten. Außerdem wurde der Schwellenwert für Triggersignale von 10 Volt auf die viel verbreiteteren 5 Volt reduziert, was den ARP 2600 M besser mit anderen Rack- und Modulargeräten arbeiten lässt.

Genau wie beim großen Original ist auch der Federhall des neuen ARP analog mit hörbarer Hallspirale. Trotz der geringeren Größe des 2600 M klingt der Hall einfach großartig und belebt die Synthpatches mit herrlich düsterer Vintage-Atmo. Auch die integrierten Lautsprecher machen einen hervorragenden Eindruck und unterstreichen erneut das Retro-Feeling bei erstaunlich guter Basswiedergabe.

Fazit

Der ARP 2600 M bringt den Charme und Charakter des originalen ARP aus den 70ern richtig gut rüber. Der Synthesizer wirkt nicht nur äußerlich wie aus einer vergangenen Zeit, sondern spiegelt das auch im Klang wieder. Bekannt aus zahlreichen Filmen, sowohl für Special Effects als auch Musik, ruft der Sound des 2600 M immer wieder inspirierende Assoziationen mit mehr oder weniger klaren Referenzen hervor. Das macht Spaß und passt erstaunlich gut in viele Stile rund um Techno und House. Bässe, Pads, Leads aber auch Stabs und Percussion funktionieren erstaunlich gut mit der Ausstattung des ARP 2600 M. Der eingebaute Federhall ist die Kirsche auf der Sahnetorte und bringt noch mehr Authentizität in den Klang. Zusammen mit der robusten Verarbeitung, dem raumgreifenden Formfaktor sowie den integrierten Lautsprechern erinnert der ARP sogar fast an einen alten Gitarrenverstärker. Das Mojo stimmt also, mit anderen Worten: Der ARP 2600 M ist ein charismatisches Gesamtpaket. Das größte Manko ist wahrscheinlich der stolze Preis von fast 2000 Euro. Für analogen Sound und (semi)modularen Workflow kann man mit dem ARP 2600 M aber nicht viel falsch machen. Eine vergleichbare Zusammenstellung von Synth-Modulen kostet in etwa dasselbe, wobei sich der ARP noch mehr wie ein traditionelles Musikinstrument anfühlt. Wer das als Pluspunkt sieht und das Geld aufbringen kann, sollte den Korg ARP 2600 M definitiv auschecken.

Pro

Satter Analog-Sound mit Vintage-Charakter
Hochwertige Verarbeitung
USB-Anschluss für class compliant MIDI-Controller
CV jetzt Eurorack kompatibel

Kontra

Teuer

Preis:

1619,00 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von KORG.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit 2600 M , analog , ARP , korg , semimodular , Synthesizer

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