Review: DJ Piper – A Dream In A Dream [Kommerz Records]

Review: DJ Piper – A Dream In A Dream [Kommerz Records]

Allgemein. 18. November 2022 | 5,0 / 5,0

Geschrieben von:
Christoph Benkeser

Weil niemand weiß, dass er eigentlich Wagner heißt, ist Verkleidung key. DJ Piper lässt deshalb für die erste Platte den Pornobalken sprießen. Als one half of FJAAK kennt man den Burschen aus Berlin eigentlich als Freund der angezurrten Basstrommel, mitunter Raversonnenbrille tragend vorm Berghain oder mit einer Monatsration Weed im Mundwinkel. Weil Felix Wagner aber schon im Kindergarten lieber am Ghettoblaster herumhantierte, als Murmelbahnen mit anderen Suckern aus der Regenbogengruppe zu basteln, kommt jetzt sein Solodebüt als Instrumentalplatte: 'A Dream In A Dream'.

Wenn das Sample-Ohr in einem müden Moment schlafen geht, träumt es von Dre, Dilla oder Rock. Manch deutsches Lauscherlein mag sogar zu den Beats von Brenk Sinatra oder Suff Daddy entschlummern. Danach ist Sense an der MPC. Eine Armee an Beatsoldaten, die im Schützengraben der Lofi-Beats-Playlisten auf den YouTube-Algorithmus hoffen, holpert mit ewig gleichen Chillhop-Chakren in die Ritalin-Runde. „Zum Lernen reicht’s”, hat irgendwer mal unter eines dieser Videos geschrieben. Für 50 Euro im Bundle mit Platte, Shirt und Rolling Papers (eh!), darf man sich mit Pipers Release auf Kommerz Records ein bisschen mehr erwarten.

DJ Piper klingt zwar nach East Coast, Street Cred und einer Rolex, die am Handgelenk baumelt. Aber: Die Bronx sind nicht Spandau, auch wenn sich die Beats von dort inzwischen so anhören, als hätte jemand den Backkatalog von Pete Rock mit Ketamin gestreckt. Piper muss sich darüber nicht den Hip-Hop-Head zerbrechen. Ein FJAAK-Gig zahlt die Monatsmiete und den THC-Bedarf der nächsten Stunde. Mit dem DJ-Piper-Kram lässt sich die Off-Time zwischen zwei Flughäfen optimieren. Beats sind Beats – ob sie im Marschiertempo aus der Funktion-One-Anlage brettern, oder in Kush Clouds über Punchlines und 16ern aufgehen.

Auf 'A Dream In A Dream' knatschen Funk-Gitarren ('Görlitzer Park') neben dem Fender Rhodes ('Palmistry'). Man kurbelt den Fahrersitz so weit nach hinten, bis man in 'Sekundenschlaf' fällt – oder lädt schon mal die Bluetooth-Box, um nächstes Jahr mit Wartezimmer-Vibes den Badestrand zu beschallen ('Long Havel Beach'). Dazwischen massakrieren Ritsch-Ratsch-Hi-Hats eine Trompete ('FRA-Chi'), ein paar Sprachnachrichten später landet man im 'K-Hole', dann mischt Piper auf dem letzten Track die Afterparty mit den letzten Bröseln auf ('RIP TXL'). Wer sich danach an nichts mehr erinnern kann, legt die Platte einfach nochmal auf.

Übrigens: Bevor hier jemand was von Type Beats labert. Schaut euch diese Videos an! Raman Djafari kann Piper in Blender zwar auch nicht mit seinen Sample-Sounds helfen, bastelt darin aber Video-Animationen, die so aussehen, als hätte er Bilder von Botero mit Plastilin gefüttert. Das ist creepy, das ist geil. Irgendwie passt’s sogar zu den Playmobil-Beats, die Piper aus seinem Laptop quetscht. Ob man dafür trotzdem in den nächsten Plattenladen fährt, ist eine andere Sache.

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