Essentials: Erobique

Essentials: Erobique

Features. 4. Januar 2020 | 5,0 / 5,0

Geschrieben von:
Kristoffer Cornils

Es gibt auf dieser Welt nur einen guten Alleinunterhalter und sein Name lautet Erobique. Gerade weil er es noch mit seinen witzigsten Songs wirklich ernst meint. “Upliftende Musik verfolgt durchaus einen Zweck, sie soll uns gut drauf bringen”, sagte Carsten Meyer einmal in einem Interview über seinen Tatortreiniger-Soundtrack. So selbstverständlich das klingt, ist wirklich rundum upliftende Musik mit garantierter Überdosis Freude doch selbst im Clubbetrieb eigentlich rar.

Als Erobique macht er allerdings genau diese, seit 1997, so easy mobeasy wie sonst niemand anderes. Zunächst zog das die Aufmerksamkeit von Fischmob auf sich, wenig später gründete Meyer mit zwei von deren Mitgliedern – Cosmic DJ und einem gewissen Stefan Kozalla, besser bekannt als DJ Koze – die Gruppe International Pony. Dem Trio gelang es irgendwie, auf einem Major-Label ernsthaft upliftende Musik an der Schnittstelle von House, Hip-Hop-Humor und großen Refrains zu machen, die nicht in die damals ubiquitäre Electroclash-Falle trudelte.

Obwohl sich Meyer in den letzten Jahren vor allem unter seinem bürgerlichen Namen mit Filmmusik hervorgetan hat – neben dem Tatortreiniger war da unter anderem Magical Mystery oder der Film über die imaginäre Band Fraktus – und sich bisweilen mehr auf seinen Output als Babyman konzentrierte, bleibt die Endorphinmacchine dem Dancefloor weiterhin treu. 2019 erst erschien der unsterbliche Konzertgassenhauer 'Urlaub in Italien' endlich auf Vinyl, kurz darauf folgten zwei Tracks für eine neue Subdivision des Labels Lehult. Wir stellen euch sechs essenzielle Erobique-Klassiker aus der Zeit davor vor.

Erobique – Tanzen

Die ersten Töne, die von Erobique zu hören sind, sollten in nur wenigen Takten den Sound der kommenden Jahre vorgeben. 'Tanzen' war nicht nur der Eröffnungstrack des 1998 erschienenen Debütalbums 'Erosound' und die A1 der 'Discodebut'-Single aus dem Jahr 1997, sondern eine kleine Poetologie des Erobiqueschen Soundkosmos: Sanfte Keys, in denen viel Soul mitschwingt, die roughe Bratzigkeit der norddeutschen Hip-Hop-Szene und viel, viel Disco-Vibes paarten sich mit French Touch und Downbeat-Elementen. Zwei Jahre, bevor Metro Area ihre erste EP veröffentlichten, hatte ein gerade in Hamburg gelandeter Jungspund ihr Feld schon beackert.

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Erobique – Space Invaders Are Smoking Grass (Himmel & Hoelle Remix)

Es gibt viele großartige Erobique-Cover-Versionen. 'Hier kommt die Sonne' etwa, die legendäre Beatles-Neuinterpretation mit Robag Wruhme, die nur als Teil einer Nachtdigital-Compilation das Licht der Welt erblickte – und einen gehörigen Discogs-Median vorweisen kann. Für das kleinere Portemonnaie kommt 'Erobique Invades Space' von 2000 allerdings gerade recht. Der 'Himmel & Hoelle Remix' – eigentlich handelt es sich um eine sehr eigenwillige Neuinterpretation des Electro-Klassikers 'Space Invaders Are Smoking Grass' von I-F – gräbt tief nach den Italo-Wurzeln des Originals. Die Synths glitzern, die Bassline hüpft, Erobique macht schwer atmende Ansagen durch einen umgepolten Kopfhörer und am Ende wird gekreischt, während sich das Tempo hochregelt und so der kratzigen Brachialität des Originals immer näher kommt.

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Erobique – Endorphinmachine

2008 war die große Tour de Force mit International Pony gerade zu ihrem Ende gekommen und bis zum Einstieg ins Film- und Theatermusikbusiness sollten noch ein paar weitere Jahre ins Land gehen. Nach der Quasi-Compilation 'Discodebut'-LP, die 2001 über Acid Jazz erschienen war, markierte 'Endorphinmachine' das erste Erobique-Solo-Release seit ganzen sieben Jahren. Der Titeltrack ist von grellen Sounds einerseits und gerissenen Hip-Hop-Grooves andererseits geprägt und überträgt damit nicht nur die International-Pony-Ästhetik in Meyers eigene Klangsprache, sondern setzte als ebenso farbenfrohe wie komplexe Soul-Sample-Collage mitten im Minimal-Hype einen scharfen Kontrapunkt. Don’t call it Macro House! Wie viel das Ganze allerdings noch mit Prince’ Stadion-Rock-Hymne desselben Namens zu tun hat, ist eine ganz andere Frage.

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Erobique und Jacques Palminger – Wann strahlst du?

2007 bis 2009 produzierte Erobique gemeinsam mit dem ehemaligen Dackelblut- und Studio-Braun-Mitglied Jacques Palminger im Berliner Maxim Gorki Theater das Album 'Songs For Joy', das Tin-Pan-Alley-Aroma versprüht und dank der Lyrics von Yvon Jansen nicht selten irgendwo im Bermuda-Dreieck zwischen Hildegard Knef, Nico und Bachmannpreis-Lesung herumschwebt. Das unzweifelhaft schönste Stück dieses mittlerweile legendären Albums setzt auf einen funkigen Groove und den vielleicht upliftendsten obwohl existentiellsten Lyrics im Erobique-Universum. 'Wann strahlst du?' war weniger als Frage denn vielmehr als Aufforderung gemeint. 2016 und 2019 wurde das Stück mit zugehöriger Dub-Version über Meyers a sexy-Label neu aufgelegt.

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Erobique – Easy

Der bekannteste Erobique-Song überhaupt allerdings ist nie als reguläre Veröffentlichung erschienen. Wer 'Easy' hören will, muss entweder auf einen der legendären Erobique-One-Man-Show-Abende wie beispielsweise dem traditionellen Jahresempfang in Berlin gehen oder auf einen YouTube-Stream zurückgreifen, der die vielleicht netteste Kommentarsektion des ganzen Internets bereithält. Und what’s not to love? Von harten Wahrheiten über nicht ausreichend harte Geschlechtsteile hin zum Vitamin-D-angereicherten Refrain über ein Mundharmonika-Solo bis zu butterweichen Rhodes-Akkorden macht dieser Song dieses eine Leben für fast volle zehn Minuten zum richtigen im falschen – ob mit anderen gemeinsam auf der Tanzfläche oder doch mit dem Finger am Rewind-Button zu Hause.

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Erobique – Warmer Bruder

Cowbells, funkige Gitarren-Licks, Streicher, Klangholzgeklapper, ein Soul-Sample und zwischendrin noch viel Rumgeflöte: Was auf dem Papier klingt wie der Soundtrack für die schlimmstmögliche Cocktail-Bar auf der Welt, das wird unter den Händen von Erobique über 6:42 Minuten zu einem der schönsten und sonnenverbranntesten Deep-House-Stücken der letzten zwei Dekaden. Das im Jahr 2012 auf einer Split-12” mit Alexander Polzin über Mirau erschienene Stück nahm Sommerhits wie Kollege Kozes 'Pick Up' schon lange im Voraus vorweg. “Understatement ist die Hoffnung, dass die eigenen Fähigkeiten erkannt werden, ohne dass man sich mit Reklame zuhängen muss. Was soll ich denn ein buntes Sweatshirt tragen, wo irgendwas draufsteht. Ein Pullover in Beige reicht aus”, meinte Erobique selbst einmal - und 'Warmer Bruder' ist pures Understatement.

https://youtu.be/OWg_Y1fggQM

Spotify

Viele der Klassiker, die in unseren Essentials aufgeführt werden, lassen sich aufgrund ihres Alters oder Nischenstatus nur über YouTube finden, daher verwenden wir in unserer Auflistung überwiegend diese Plattform. Um aber auch mobil einen leichten Zugriff zu haben, tragen wir bei Spotify auffindbare Tracks in thematischen Playlists zusammen und ergänzen diese um weitere Beispiele aus dem jeweiligen Genre.

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