Test: Roland MC-101 / Groovebox

Test: Roland MC-101 / Groovebox

Tests. 22. Dezember 2019 | 5,0 / 5,0

Geschrieben von:
Kai Dombrowski

Grooveboxen aka eierlegende Wollmilchsäue sind wieder schwer im Trend und auch Roland lässt sich nicht lumpen und hat im September dieses Jahres gleich zwei solcher Modelle auf den Markt gebracht. Die beiden MCs 707 und 101 versprechen für den großen und kleineren Geldbeutel alles was man braucht, um computerlos produzieren oder performen zu können. Dieser Roland MC-101 Test bezieht sich auf die kleine Version, die MC-101, und soll prüfen, ob sie auch als abgespeckte Ausführung der 707 dem Anspruch an ein vollwertiges Instrument gerecht wird.

Die Features im Überblick

Auf vier Tracks erlaubt die MC-101 das Sequenzieren von Drums und Synths, kann Audio-Loops recorden, unzählige Effekte beimischen und einzelne Aufnahmen als Clips zusammenfassen. Dabei profitiert das kleine Instrument natürlich von Rolands markterprobter Palette legendärer Sounds à la 808, 909, Juno-106 oder SH-01. Wer zwischen den über 3000 Synthsounds und mehr als 80 Drumhits nicht die passenden Klänge findet, kann mittels SD-Karte weitere Samples auf den Speicher des 101 laden. Für noch mehr klangliche Vielfalt stehen für jede der vier Spuren 90 Track FX, EQ, Reverb und Delay zur Verfügung sowie 90 Master FX, Kompressor und EQ für den Gesamtmix. Für noch mehr Effekthascherei gibt’s den Scattermode, indem der aktive Track mit Beatrepeats und Co. versehen werden kann. Das Beste daran? Die Kiste läuft mit Batterien – so weit, so wow.

Verarbeitung, Haptik und technische Daten

Die Roland MC-101 misst 61 x 224 x 132 mm und wiegt samt Batterien gerade mal 719 g. Lediglich vier AA-Akkus reichen aus, um die 101 mit Strom zu versorgen, allerdings sollte auf unnötigen Batteriebetrieb verzichtet werden, um die recht kurze Laufzeit von 3 bis 4,5 Stunden zu schonen. Wer auf Nummer sicher gehen will, nutzt ein herkömmliches USB-Kabel mit B-Stecker. Rückseitig befinden sich abgesehen vom SD-Kartenslot und dem USB-Port noch zwei Audioausgänge im 6,3mm-Klinkenformat sowie MIDI in und out nach DIN-Norm. Der 3,5mm-Phones-Ausgang wurde raffinierterweise auf die Vorderseite der MC-101 verlegt.

Bereits vorm ersten Powerup überzeugt die Verarbeitung der kleinen Schwarzen: Stabiles Gehäuse, keine scharfen Kanten oder Öffnungen, bombensicher wirkende Fader und Potis mit angenehmem Regelweg sowie ein ausreichend großes Display – eins mit Sternchen für Roland! Dazu verfügen alle Funktionstaster über eine beleuchtete Aufschrift, um auch bei schlechteren Lichtverhältnissen für genügend Orientierung zu sorgen. Kritikwürdig sind lediglich die 16 Stepbuttons, die zwar ebenfalls schön leuchten, aber ruhig über ein festeres Spielgefühl verfügen könnten.

Abgesehen von den bereits erwähnten 3000+ Preset Sounds, fasst der Speicher der MC-101 zusätzlich sechs bzw. zwölf Minuten Audiosamples bei 44.1 kHz – je nachdem, ob mono oder stereo. Einzelne Samples können bis zu 60 Sekunden lang sein, die maximale Polyphonie der ZEN-Core Audioengine beträgt 128 Töne und der Stepsequencer eine Höchstlänge von 128 Schritten. Auf jedem der vier Tracks können bis zu 16 Clips organisiert und gespeichert werden. Die MC-101 wird mit vier AA-Batterien und Anleitung geliefert. Das passende USB-Kabel spendiert Roland leider nicht.

Sounds und FX

Bei der Roland MC-101 gibt’s drei verschiedene Track-Typen: Drum, Tone und Looper. Drumtracks repräsentieren ganze Kits, die wiederum aus 16 Einzelklängen bestehen und individuell zusammengestellt werden können. Tone Tracks befassen sich mit gepitchten Sounds und Looper Tracks beherbergen Audio Samples. Letztere können entweder über USB oder SD-Karte importiert oder auf Grundlage der internen Sounds der 101 aufgenommen werden. Je nach Track-Typ gibt’s unter Sound Edit eine Menge Einstellungsmöglichkeiten: Level, Pan, Tune, Filter, EQ, ADSR, FX und vieles mehr.

Das lädt natürlich zum Verlaufen ein und entschleunigt die Sound-Suche enorm, besonders weil die kleine Kiste auf Doppelbelegungen der Taster und verstrickte Menüs angewiesen ist. Im Vergleich zur 707 soll hier übrigens dieselbe Audioengine am Werk sein, nur an den Einstellungsmöglichkeiten wurde etwas gespart. So gibt es bei der MC-101 weniger Synthese-Optionen oder Sound Layering, sondern es wird sich eher auf die vorgefertigten Grundsounds berufen.

Diese können dann aber mit reichlich Effekten weiter verfremdet werden. Über 90 Arten, darunter Phaser, Flanger, Chorus, Overdrive, Pitchshift und Slicer, erinnern daran, dass Roland unter dem Namen BOSS auch eine Menge Erfahrung im Pedal-Business hat.

Seq Mode, Note Mode und Motion Record

Im Note-Modus lässt sich das jeweilige Drumkit in Echtzeit spielen und recorden, wobei die 16 Stepbuttons den 16 Drumsounds zugeordnet sind. Im Seq-Modus können einzelne Sounds in gewohnter Lauflicht-Manier programmiert werden. Weil sich aber mehrere Sounds auf einem Track tummeln, muss vor der Eingabe der gewünschte Percussionhit ausgewählt werden. Das geht nur im Note-Modus und passiert hörbar, solange nicht gleichzeitig der Shift-Knopf gedrückt wird. Das kostet Zeit und vor allem Nerven, wenn man nicht richtig aufgepasst hat und noch der falsche Sound aktiv ist.

Abgesehen davon fühlt sich der Workflow im Seq Mode relativ normal an. Wird Shift zusammen mit einem Stepbutton gedrückt, sind auch Parameterlocks realisierbar, wobei lediglich die Werte Velocity, Microtiming, Mute Probability und Sub Step – eine Art Beatrepeat oder Flam – geregelt werden können. Die Mute-Wahrscheinlichkeit wird prozentual mit einem Wert zwischen 0 und 100 eingestellt, Aussetzer mit konkreter Taktangabe gibt es nicht. Was fehlt, sind vor allem ein Pitch-Parameter und die Möglichkeit, mehrere Steps gleichzeitig einzulocken. Das Muten einzelner Drums geschieht wieder im Note-Modus und erfordert erneut eine Tastenkombination.

Der Note-Modus kommt logischerweise besonders bei Tone Tracks zum Einsatz. Die Stepbuttons verwandeln sich hier zur Klaviatur und werden entsprechend beleuchtet. Die Tasten, die keinen Ton erzeugen, dienen beispielsweise zum Blättern durch die Oktavlage und im Sound-Edit-Bereich kann auch der Grundton des Keyboards transponiert werden. Der Seq Mode fungiert bei Tone Tracks wie beim 303, d. h. die Eingabe startet auf der ersten Zählzeit und wandert immer einen Step weiter. Alternativ kann über das Value-Dial direkt zur gewünschten Zählzeit gescrollt werden. Für die Orientierung sorgt hier das Display, das immer anzeigt, auf welchem Step man sich momentan befindet. Mittels Rest/Tie können Pausen eingegeben oder mehrere Noten verbunden werden, um längere Töne zu erzeugen.

Deshalb kommt es beim Echtzeit-Recording längerer Töne jedoch häufig zu unerwünschten Lücken in der Aufnahme. Apropos Echtzeitrecording: Besonders praktisch ist das Motion Record Feature, das bei laufender Aufnahme die Potibewegungen der vier Control Knobs recorded. Diese lassen sich individuell routen und die Zuweisung erfolgt in Sekundenschnelle – einfach den Sound, Filter, Mod oder FX Button halten und den jeweiligen Drehregler auf den gewünschten Parameter stellen. Um die aufgenommene Parameterfahrt wieder loszuwerden, geht’s über Shift und Mod ins Motion-Menü.

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Mehr Informationen

Clip und Scatter Mode

Statt immer nur an einer Sequenz zu arbeiten, erlaubt der Clip-Modus das Abspeichern mehrerer Aufnahmen, die dann über die verschiedenen Step Buttons abgerufen werden können. So dürfen auf einem Track verschiedene Melodien oder Drumpatterns gespeichert werden, die dann in Windeseile abgerufen werden können, wodurch mehr Zeit und Muße für Filterfahrten oder sonstige Sound-Spielereien bleiben. Auch die Sound Source kann von Clip zu Clip variieren, was der geringen Track-Anzahl des MC-101 entgegenwirkt. Auf diese Weise lässt sich, wenn auch mit etwas Vorarbeit verbunden, gänzlich ohne Computer eine ideale Performance-Grundlage erschaffen.

Als weiteres Performance Tool hat Roland den Scatter Mode implementiert. In diesem repräsentiert jeder der Step Buttons einen Effekt – von Beatrepeat über Pitch Bend bis hin zu Panning und Reverse. Die Auswahl der Effekte lässt sich frei zusammenstellen, genauso wie die Beleuchtungsfarbe der Pads, was Fehlbedienungen vorbeugt. Besonders praktisch ist die Möglichkeit, mittels Scatter die Master FX anzusteuern. Im Sound-Edit-Bereich der Tracks kann nämlich entschieden werden, welche Klänge nicht an die Effekte gesendet werden, um Einheitsbrei zu vermeiden. Statt sich durch die Untermenüs zu schlagen, um derartige Einstellungen rückgängig zu machen, genügt im Scatter Mode dann ein einzelner Knopfdruck.

Fazit

Auf den ersten Blick passt die geringe Größe der MC-101 nicht zum relativ stolzen Preis. Doch bei genauerer Betrachtung all der Features und Patente, die Roland ins kleine Gehäuse gezwängt hat, legt sich die anfängliche Pikiertheit. Kassenschlager wie Elektrons Digitakt verblassen beim Vergleich mit all den Effekten der 101 und auch der Batteriebetrieb weiß zu überzeugen. Nimmt man die grundsoliden Presetsounds, die Möglichkeit eigene Samples zu implementieren und die wertige Verarbeitung hinzu, bleibt nicht mehr viel zu meckern. Doch wie immer kommt es nicht nur auf die Menge der kreativen Möglichkeiten an, sondern auch darauf, wie diese zu erreichen sind. Sieht man von den vier Control Knobs unterm Display oder den MFX-Potis ab, muss wirklich jede Klangeigenschaft im Menü geändert werden. Die vier Fader sehen zwar schick aus, kommen aber auch eher selten zum Einsatz. Der holprige Workflow lässt sich aber mittels Clip und Scatter Mode umgehen, sodass es sich mit etwas Einarbeitungszeit und dem ein oder anderen Workaround durchaus arbeiten lässt.

Pro

Gute Verarbeitung
Batteriebetrieb
Tolle Features

Kontra

Umständlicher Workflow
Stattlicher Preis

Preis:

461,00 EUR

Weitere Informationen gibt es auf der Website von Roland.

Veröffentlicht in Tests und getaggt mit groovebox , MC-101 , Roland , Sampling , Synthesizer , Test

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