Einblicke ins Produzieren: Marc Romboy

Einblicke ins Produzieren: Marc Romboy

Features. 1. März 2021 | / 5,0

Geschrieben von:
Simon Ackers

Musikmachen ist auch in Zeiten eines riesigen Lehrangebots im Internet nach wie vor ein teils mystischer Prozess. Egal in welcher Phase des eigenen Produzent*innen-Daseins man sich befindet, ob erste Schritte oder Profi, bricht die Entwicklung niemals ab. Dies sind auch die Erfahrungen von Marc Romboy. Mit dem Umzug in ein neues Studio ist er, wie er selbst sagt, „angekommen“, musikalisch aber noch nicht am Ende angelangt. Im Gegenteil: Mit dem Umzug beginnt nochmal ein neues Kapitel. In unserem Gespräch gab er uns Einblicke in sein Leben als Produzent und welche Stationen er selbst durchlaufen hat. Dabei geht es um konkrete handwerkliche Tipps, aber vor allem auch darum, was für ihn an erster Stelle steht: Haltung und eine gewisse Philosophie, die das eigene Schaffen und futuristische ungehörte Sounds formt.

DJ LAB: Zum Einstieg können wir ja direkt mal mit einer recht universellen Frage beginnen. Was ist für dich das Faszinierende an Sounds?

Marc: (lacht) Da fangen wir ja direkt im fünften Gang an, lass mich mal nachdenken. Ich hab grundsätzlich festgestellt, dass ich eigentlich immer heiß darauf war, ungehörte futuristische Sounds zu entdecken. Da spielt natürlich auch mein Geburtsdatum mit rein, denn als ich angefangen habe Platten zu sammeln, bin ich direkt auf Titel gestoßen, die anders klangen als das, was im Radio lief. Das waren Ende der 70er die Disco-Musik, Kraftwerk und erste Popproduktionen. Damals hab ich das alles nicht so verstanden, aber jetzt retrospektiv ist mir dann klar geworden, dass es meistens die Lieder waren, bei denen viel mit Synthesizern und Drummachines experimentiert wurde.

Wie hat bei dir dann diese Faszination an Sounds, Technik und Musik angefangen?

Marc: Da müsste ich, glaube ich, tatsächlich nochmal meine Mutter fragen (lacht). Witzigerweise hatte ich mit fünf oder sechs so eine kleine Stereoanlage und weiß gar nicht mehr, wie sich das so genau zugetragen hat. Das war ein Receiver von Rank Arena, so hieß die Firma und ich hatte es letztens auch nochmal gegoogelt, die waren wohl in den 70ern eine angesagt Marke. Der hatte noch so ein türkis-blaues Hintergrundlicht, was direkt schon irgendwie spacig war und dazu hatte ich einen Dual-Plattenspieler mit einem Stab in der Mitte, auf dem man dann mehrere Platten stapeln und automatisiert wechseln konnte. Quasi der Steinzeitvorgänger von der Spotify-Playlist oder einer Compilation. Etwas später hatte ich dann ein Tapedeck und hier in Mönchengladbach konnten wir holländische und belgische Sender empfangen. Damals hab ich dann eben viel auf Kassette mitgeschnitten von dem Sender Hilversum 3. Wenn man den angemacht hat, auch mittags, kam man sich direkt vor wie auf einer Party. Im Grunde war damit aber  schon alles vorprogrammiert für das weitere Leben, wenn ich das jetzt nochmal so betrachte.

Damit wäre dann das erste Interesse an Musik und Technik geweckt. Wie kam es dann konkret dazu, dass du selbst angefangen hast Musik zu machen?

Marc: Das gerade würde ich als Phase 1 bezeichnen. Phase 2 war dann das aktive Kaufen und Sammeln von Schallplatten, auf Konzerte gehen und mich mit Artists auseinandersetzen. Danach begann dann Phase 3, als ich mit Anfang 20 jemanden kennengelernt hab. Jürgen Driessen, der meinte, er hätte ein kleines Studio in seinem Kinderzimmer, und fragte, ob ich mal vorbeikommen will. Natürlich ist jede Phase wichtig, aber die zweite würde ich doch als die essenziellste für mich bewerten, das fiel genau in die Zeit zwischen den 80ern und 90ern. Ich hatte letztens noch mit meiner Frau „MTV So 80s“ geguckt und wir waren uns einig, dass in dem Jahrzehnt eigentlich der Grundstein für alles, was musikalisch danach kam, gelegt wurde. Das hat mich sehr geprägt. Anfang der 80er ging es los, dass die Linndrum 2 Einzug in fast jede Pop-Produktion hielt. Dann tauchten plötzlich Bewegungen wie Italo-Disco, Breakdance, Chicago House, Detroit Techno und so weiter auf. Was alle gemeinsam hatten, war, dass die Drumcomputer irgendwann billiger  somit auch zugänglicher wurden, sodass dadurch auch viel mehr experimentiert wurde. Man muss immer auch im Hinterkopf haben, dass viele dieser Genres auch entstanden, weil die Leute kein Geld für viel Equipment hatten. Also der Mangel hat zu minimalen Setups geführt und schließlich dazu, dass auf einmal so krass geile Musik produziert wurde.

Würdest du das auch so als allgemeinen Tipp oder Ratschlag formulieren, mit kleinem Equipment zu beginnen?

Marc: Ja klar, unbedingt! Das kann ich mit absoluter Überzeugung sagen. Es gibt viele Menschen, die meinen, man kann mit viel Equipment und vielen Möglichkeiten und tollen technischen Voraussetzungen die beste Musik zu machen, aber das ist ein Trugschluss. Wenig ist in dem Fall einfach mehr, weil man sich intensiver mit den Sachen beschäftigt, die man hat. So kann man tiefer eintauchen und es besser verstehen. Das wäre auch mein Tipp: Dass man erst mal den einen Synthesizer vollständig versteht, bevor man sich direkt zehn verschiedene anschafft, die man nur oberflächlich beherrscht.

Marc Romboy Studio Interview.

Wie hast du dann das, nennen wir es mal „Handwerk“ des Produzierens, erlernt und was kannst du da den Leser*innen raten?

Marc: Mein Weg war Learning by Doing.Wenn man mit Neugierde und Begeisterung rangeht, kann man schon eine Menge schaffen und in Erfahrung bringen. Ich habe  nie eine Ausbildung in dem Bereich gemacht – es gab damals nicht das Angebot wie heute. Man hat sich zwar hier und da umgehört und ausgetauscht, die beste Methode ist aber nach wie vor einfach ausprobieren – „Trial and Error“. Am Beispiel des legendären Produzenten Conny Plank kann man das sehr gut sehen. Er hat das gemacht, von dem andere ihm abgeraten haben. Ein gutes Beispiel ist die Regel: Misch den Bass immer Mono. Auf Social Media finden sich ja zahlreiche Tipps zum Produzieren, aber den Großteil davon halte ich einfach für Bullshit. Häufig mögen die Tipps technisch korrekt sein, aber die Intention und das Herz müssen immer über der Technik stehen, wenn man Musik macht. In meinen Masterclasses sage ich das auch immer: „Hier habt ihr ein paar Tipps, was das Produzieren angeht, aber der wichtigste Tipp ist noch immer: Achte einfach nicht auf meine Tipps“. Wenn man das Gefühl hat, man kommt nicht weiter, sollte man sich von diesen Ratschlägen lösen und seinen eigenen Weg gehen.

Es gibt in der Musik allerdings ja auch den Spruch: Um Regeln zu brechen, muss ich sie erst einmal beherrschen. Würde das nicht für dafür sprechen, dass man nicht nur mit Trial and Error arbeitet? Du bringst ja die Beispiele mit dem Bass, der mono gemischt sein soll, oder Conny Plank, der entgegen aller Regeln produzierte. Ein weiteres Beispiel wären vielleicht auch Jazz-Musiker*innen, die ziemlich genau wissen, welche Regeln es gibt – um diese dann bewusst zu brechen.

Marc: Wir haben damals nie danach gehandelt, erst die Regeln zu lernen und sie dann zu brechen.  Vielleicht war und ist die Musik auch deswegen so charmant. Man muss sich das ein wenig so vorstellen, dass wir damals, als wir unsere Musik gemacht haben, quasi Aliens waren, weil wir auch außen vor waren. Von uns lief ja nichts im Mainstream-Radio.  Da es eben dann auch keine Konventionen oder Regeln gab, wie etwas zu klingen hat, haben wir halt einfach nur gemacht. Ich kann mich erinnern, dass eines meiner ersten Releases auf dem Label Adam & Eve war. Das Projekt hieß Unknown Structure und war mit ein paar Kumpels zusammen. Alle Lieder, die auf dieser EP sind, gehen in der Summe durch ein Reverb, ein Quadraverb von Alesis, glaube ich. Die ganze Summe, das muss man sich mal vorstellen! Damals wie heute würde man sagen: ihr seid bekloppt. Wir haben uns aber keine Gedanken darüber gemacht und irgendwie war es halt geil.

Um es dann mal vielleicht runterzubrechen. Sollte man also eher weggehen von dem, was rund um elektronische Musik oft gelehrt wird und so an Tipps und Tricks angeboten wird?

Marc: So direkt würde ich es nicht formulieren. Ich würde diese Haltung eher als Leitfaden nutzen, aber da sind wir ja schon irgendwo im Bereich Philosophie und bei gesellschaftlichen Aspekten. Also ich bin grundsätzlich der Meinung, dass man sich alles anhören kann und dann muss man für sich persönlich entscheiden, ob einem das weiterhilft. Wenn nicht, dann lässt man es halt. Tipps und Tricks sind schön und gut, aber man muss ja nicht jeden befolgen. Auch wenn sie von vermeintlichen Profis kommen.

Dann kommen wir doch zu einem weiteren Tipp, den die Leser*innen dann eventuell befolgen wollen. Ein großes Thema ist für viele das Finden eines Endpunktes. Wie ist es bei dir, wann sagst du „okay, dieser Sound ist jetzt das, was ich haben will“ oder „dieser Track ist jetzt fertig“?

Marc: Puh, jetzt bewegen wir uns aber dann in dem psychologischen Bereich. So platt das klingt, aber der beste Rat ist, dass man seinem Herzen folgen sollte. Da kommen wir dann auch in das wichtige Thema Selbstreflexion. Das ist auch etwas, was ich in meinen Masterclasses feststelle. Bei meiner letzten hat mir jemand aus Buenos Aires etwas gesagt, das mich auch lange beschäftigt hat: „Ich kann einen Track nie fertig machen, ich schaffe es einfach nicht!“ Danach haben wir bestimmt eine halbe Stunde zusammengesessen. Das war ein rein psychologisches Gespräch und hatte mit dem Musikmachen kaum etwas zu tun. Aber das ist auch einer der spannenden Bereiche von Musik, dass man sich durch eine gewisse Selbstreflexion besser kennenlernen kann und ja auch muss. Und um dann den Bogen zurückzufinden: Ich finde, man spürt das einfach, ob man jetzt fertig ist oder einen Sound gefunden hat. Das muss dann auch nicht perfekt sein und wenn jemand schreibt „Hier muss aber noch Sidechain zwischen Bass und Kick und hier kannst du noch das ändern“ – ja fuck it. Da sollte man einfach nicht auf andere hören. Wobei mir das auch immer mal wieder schwerfällt.

Das wäre dann die große Rubrik Selbstreflexion, aber ist nicht auch Fremdreflexion wichtig, also der Punkt, an dem man mal Musik rausgibt an andere?

Marc: Ich sehe da zwei verschiedene Phasen. Die erste ist die, in der ich mit dem Track alleine sein möchte. Das ist schon eine intime Beziehung, an der ich dann nicht jeden  teilhaben lassen möchte. Wenn die dann irgendwann vorbei ist, kann man auch die Sachen mal rausgeben. Was ich da lehre ist, dass man sich einen sogenannten „sicheren Hafen“ sucht, also eine Person, die sehr ehrlich ist, sich auskennt und dann ein ehrliches Feedback gibt. Dazu gehört neben Änderungsvorschlägen aber auch die Meinung, dass ein Track überhaupt nicht funktioniert. Diese Offenheit ist sehr wichtig. Ich höre auch oft, wie sich Leute Bezugspersonen aussuchen, die  unkritisch loben,  um ein gutes Gefühl zu geben. Beispielsweise spielt man es dem Freund oder der Freundin vor und da kommt dann die Antwort: „Ja super, das könnte locker die Nummer 1 bei Beatport sein“. Das bringt vielleicht mal einen schönen Ego-Boost, aber das wars dann auch. Aber auch bei dem sicheren Hafen ist wichtig, dass es nur eine Orientierung ist, am Ende muss die eigene Meinung trotzdem noch immer an erster Stelle stehen.

Du bist jetzt in ein neues Studio gezogen. Was hat sich da für dich jetzt geändert?

Marc: Der Umzug jetzt war auf jeden Fall der „Ich bin angekommen“-Move. Ich denke, hier werde ich doch lange bleiben und Musik machen. Ich habe lange Zeit das Thema Raumakustik vor mir hergeschoben und wollte mich damit nicht auseinandersetzen. Der Schlüsselmoment war vor etwa elf Jahren, als ich geplant hatte, mein Studio in den eigenen Keller zu bauen. Da kam dann ein Freund von mir, der sich damit auskennt, und meinte nach fünf Minuten: Vergiss es, aus dem Raum kannst du nichts rausholen. In dem Moment war ich ziemlich frustriert, weil die Idee des Studios im eigenen Haus eigentlich schon gereift war. Am Ende hatte er schlicht Recht und so hab ich mich danach dann innerhalb von drei Umzügen weiter an dieses Thema rangetastet und die Räume wurden auch immer besser. Deswegen würde ich sagen, dass ich jetzt hier angekommen bin. Ich höre auch viel mehr als früher. Wenn man das mal mit einer Analogie umschreibt, kann man sich das wie einen Maler vorstellen, der immer eine etwas verschmierte Brille aufhatte, die jetzt viel klarer ist. Es ist also generell nochmal eine neue Begeisterung für Sound dazugekommen durch den Raum. Ich kann allen nur empfehlen, nicht denselben Fehler wie ich zu machen – wobei Fehler vielleicht das falsche Wort ist, vielmehr ist es ja ein Weg, den man geht. Ich habe vor ein paar Tagen mit Rodriguez Jr. noch darüber gesprochen und ihm erklärt, dass ich eben lieber Geld in eine Roland TR-808 gesteckt habe, statt das mal in den Raum zu investieren, weil es halt einfach geiler ist, sich so eine 808 zu kaufen. Im Nachhinein muss ich sagen, dass das nicht so gut zu Ende gedacht war. Ich kann jedem wirklich nur empfehlen, sich mit dem Thema Raum mehr zu beschäftigen und sich da auch Expertise einzuholen.

Marc Romboy im Studio Interview.

Bleiben wir bei den Phasen, das zieht sich hier so schön durchs Gespräch. Was würdest du, nachdem du ja jetzt selbst fast alles durchlaufen hast, den Leser*innen in den verschiedenen Phasen konkret raten?

Marc: Können wir gerne so machen. Schieß los, was ist Phase 1?

Der Einstieg. Man beginnt sich fürs Produzieren zu interessieren und hat vielleicht auch schon irgendeine Art DAW.

Marc: Da würde ich dann schon sagen, dass man sich mal YouTube-Tutorials anschauen kann oder Live-Tutorials wie die von mir und Robert Babicz jetzt im März.  Das Angebot heutzutage ist riesig und zu Beginn kann man sich ruhig alles mal anschauen Ich hatte mir zum Beispiel Anfang der 90er einen AKAI S1000 Sampler gekauft, zwei Wochen davor gesessen und wusste überhaupt nicht, wie die Kiste funktioniert. Nach langem Telefonieren habe ich dann jemanden gefunden, der mir das Gerät erklärt hat. Das läuft heute natürlich anders. Schaut bei allem mal rein und seid neugierig. Dadurch findet man dann schon einen eigenen Weg in die ganze Thematik

Dann Phase 2. Der Einstieg ist gelungen, erste Tracks vielleicht schon fertig und das Hobby wird langsam ernster.

Marc: Hier würde ich dann sagen, dass man schonmal nach einem guten Raum sucht, so weit das Budget es zulässt, und dann dafür aber wenig Equipment. Ein guter Controller, um was in der Hand zu haben, ist immer von Vorteil, und ein Rechner mit etwas mehr Power. Für Speaker würde ich persönlich am Anfang gar nicht viel Geld ausgeben, dafür ja eben der Fokus auf den Raum. Ich darf jetzt keine Namen nennen aber ich kenne Top-Produzent*innen, die 10 Jahre auf billigen PC-Boxen gemixt haben und das jetzt erst vorsichtig geändert haben. Nach dem Motto „never change a running system“. Und dann kann ich noch sowas wie die V-Collection von Arturia empfehlen. Da kann man quasi alle relevanten Synthesizer der Vergangenheit mal ausprobieren und kennenlernen.

Würdest du im Allgemeinen die Software-Synthesizer empfehlen, um sich einen Überblick über das Thema Klangsynthese zu beschaffen? Ich kann von mir persönlich zum Beispiel sagen, dass mir das Visuelle da schon sehr geholfen hat. Also beispielsweise  Wellenformen direkt sehen können und was genau wo passiert im Synthie.

Marc: Total. Dass wir mittlerweile so einfach zwischen analog und digital agieren können, ist natürlich ein Knaller. Da kann man sich relativ simple Plugin-Synthesizer, bei mir war es der Minimoog von Arturia, angucken und verstehen, wie das alles so funktioniert und eben, wie du schon sagst, sich direkt Wellenformen angucken. Gleiches gilt ja auch für die Ableton Live Suite, wo man eigentlich alles schon direkt drin hat. Schöne EQs, Filter und dann noch Max for Live – also muss man sich eigentlich gar nichts mehr on top kaufen erstmal. Da sehe ich schon einen riesigen Vorteil, den wir heute haben.

Dem entnehme ich, dass du der Diskussion Analog- vs. Digital-Sounds nichts abgewinnen kannst?

Marc: Nein, die Debatte braucht man aus meiner Sicht keine zehn Sekunden führen. Ich würde auch so weit gehen und sagen, dass es Einbildung ist. Ich habe mal mit einem Kumpel einen Blindtest gemacht zwischen einem echten Minimoog und dem Arturia-Minimoog und ich lag locker zu 50 % daneben.

Dennoch gibt es ja eine Art Analogwelle und viele alte Synthesizer kehren zurück.

Marc: Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Wenn man dann schon ein wenig in der Materie drin ist und man ein bisschen Geld übrig hat, kann man sich natürlich so ein Teil kaufen. Es ist ja irgendwo auch der Ursprung der elektronischen Musik und da dann einzutauchen und mit den ganzen Knöpfen rumzuspielen, macht ja auch viel Spaß. Für den Einstieg finde ich es aber schon eine gute Sache, sich mit Plugins zu beschäftigen.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Könnte man dann nicht sagen, dass die Rückkehr zu älteren Synthesizern nicht eher konträr zu den von dir angestrebten ungehörten Zukunftssounds ist?

Marc: Das Equipment ist letztendlich doch nur dazu da, um die Zukunftssounds zu kreieren. Die Tools bleiben ja immer die gleichen und am Ende geht es dann um die Tools in meinem Kopf, die sich ändern. Deswegen rate ich ja immer dazu, sehr viel zu experimentieren. Ich habe dafür extra ein kleines Board, wo man gewisse Effekt-Ketten bauen kann. Da ist beispielsweise ein Eventide drauf und so ein kleines altes Korg-Mischpult, mit dem man sehr schön übersteuern kann – da habe ich letztens ein altes Radio durchgejagt. Das sollte man nie verlieren, immer wieder mal den „nutty Professor“ zu spielen, der jetzt im Labor steht. Am Ende reden wir dann ja auch über Wahrscheinlichkeitsrechnung. Ich meine, wenn ich jetzt fünf Module in eine Kette packe und damit Sounds erstelle, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das noch nie jemand so gemacht hat. Bei zehn Modulen dann erst recht nicht.

Woran wird momentan ganz konkret geforscht im Labor, sprich: Was steht bei dir als nächstes an?

Marc: Momentan sitze ich an einem Electronica-Album mit einer Sängerin aus Südtirol, die auf Ladinisch singt, eine Sprache, die kaum noch gesprochen wird. Das ist für mich auch insofern spannend, als ich lange nicht mehr so viel mit Vocals gearbeitet habe. Ich mag das eigentlich nicht so, beim Musikhören auch noch nachdenken zu müssen oder mir da so Messages in den Kopf hauen zu müssen. Jetzt sind wir bei dem Projekt in den letzten Zügen und es macht extrem viel Spaß, weil sie in den Liedern singt, spricht, lacht, jodelt. Was auch zeigt, dass Zukunftssounds auch durch andere Mittel erschaffen werden können. Letztes Jahr hatte ich den Percussionisten von Sting bei mir im Studio und der hatte sein Auto voll mit dreißig verschiedenen Instrumenten. Da hab ich auch gemerkt, wie nah alles doch beieinander ist, weil man eben mit Percussions Ungehörtes kreieren kann, allein mit der Art, wie man sie berührt. Ob man da jetzt mit dem Finger draufklopft, mit der ganzen Hand und so weiter. Alles klingt immer anders und wenn man das noch durch Effekte jagt, dann gute Nacht. Ich fände es total spannend, wenn man diese Konzepte auch auf MIDI-Controller überträgt, was ja derzeit schon passiert. Da ist also noch längst kein Ende in Sicht.

Da fällt mir spontan ein, wo wir beim Thema Taktilität sind: Neben „neuen“ Sachen wie das Seabord von ROLI, die mehr auf das Taktile setzen, hatte ich mal durch Zufall ein YT-Video von Half-Life Alyx, ein VR-Spiel, gesehen. Dort haben die Programmierer ein Klavier eingebaut, das man tatsächlich auch spielen konnte. Zwar mit viel Latenz und weil es ein Gimmick ist, war es auch total unausgereift. Aber es wirft ja die spannende Frage auf, ob das Studio nicht bald in die virtuelle Realität zieht?

Marc: Für mich ist das klar wie Kloßbrühe und es ist nur eine Frage, wie lange das alles dauern wird. Da arbeiten auch schon genügend Leute dran und das wird spannend. Ich freu mich auf jeden Fall darauf und hoffe auch, dass ich noch lange leben darf, um das zu erleben. Mit so einer Brille auf und dann mit anderen ins Studio gehen ... da darf ich gar nicht drüber nachdenken. Das wird geil. Stell mal vor, man macht eine Band mit Leuten aus verschiedenen Ländern und man hat sich vielleicht noch nie im Leben gesehen. Das ist ja alles denkbar und total krass. Am besten denke ich da aber jetzt noch nicht zu sehr drüber nach, da werde ich nur bekloppt (lacht).

Go-To-Gear:

Synthesizer: Korg ARP-2600
Drum Machine: Roland CR-78
DAW: Ableton Live Suite
Effektgerät: Ensoniq DP/4
Plugins: Arturia V-Collection / Valhalla-Collection

Wenn ihr mehr von Marc Romboy zum Thema Produzieren erfahren wollt, könnt ihr euch für eine seiner Masterclasses anmelden. Der Workshop gemeinsam mit Robert Babicz findet vom 01. bis 05. März statt. Sämtliche Informationen zu der Systematic Wholeness Masterclass findet ihr hier. Der nächste Release von Marc steht übrigens für den 07. Mai 2021 an, auf Systematic Recordings erscheint dann 'Empathy/Bluethner'.

Veröffentlicht in Features und getaggt mit Equipment , gear , Interview , Marc Romboy , Masterclass , Produzieren , studio

Deine
Meinung:
Einblicke ins Produzieren: Marc Romboy

Wie findest Du den Artikel?

ø: