Review: Function – Awakening From The Illusory Self [Tresor]

Review: Function – Awakening From The Illusory Self [Tresor]

Features. 16. April 2021 | / 5,0

Geschrieben von:
Tim Tschentscher

Zeit für einen Reality Check: Sofern die heimischen 1210er noch immer nicht frustvoll im Keller verschwunden sind, kommen dann und wann noch 12-Inches auf den Markt, die das unbeirrte Bestehen von Dancefloors simulieren. Mit der neuen EP 'Awakening From The Illusory Self' kehrt David Sumner als Function zurück. Auf vier clubfertigen Tracks skizziert er einen kompakten Mix diverser Techno-Spielarten und sorgt dabei für Frühjahrsputz im Bassröhrenbereich. Nicht, dass jemand mal post-Pandemie behaupten würde, es hätte während der Zwangspause keine Clubmusik gegeben.

Als einstiger Berghain-Resident und Teil der, wenn man den Begriff bemühen will, Supergroup LSD mit Steve Bicknell und Luke Slater ist Sumner freilich kein Unbekannter. Zählt man die Pseudonyme DMO bzw. VEX, Dan Nurse und Portion Reform hinzu, kommt der gebürtige New Yorker schnell auf über 25 Jahre Berufserfahrung als DJ. Einer etwaigen Betriebsblindheit zum Trotz hat es sich Sumner bewahrt die eigene musikalische Handschrift stets neu zu denken. Zuletzt schnürte er mit 'Existenz' sein eklektisches Selbstportrait. Zwei Jahre danach ist Sumner zurück auf Tresor und wirft jetzt nochmal einfach so etwas in den Raum.

Wundern sollte man sich beim Nadelauflegen daher nicht, 'Misinterpetations Of Reality' steigt frei von jeglicher DJ-Rampe knietief ins Szenario ein. Am Rande von Vierviertelgetrete webt Sumner subtiles Spiel aus Acid und übersättigtem Minimal ein. Das ist so energetisch weil hier flirrende Verzierungen gegen einen hochdosierten Puls antreten. Der Stoff verliert erst hinten raus seine Wucht.

Leicht psychedelisch wird es auf 'An Optical Illusion Of Consciousness'. Schweres Atmen verkleidet sich als repetitives Tropfen, versetzte Drum-Pattern kommen dazu und bauen das Grundgerüst auf. Hier fehlen nur wenige Pitch-Shifts um einen verrauchten Dub-Stampfer zu mimen. In der Tat wirkt das etwas illusionär, denn ab der Zwei-Minuten-Marke haben sich mehr Percussions formiert. Aus der anfänglichen Entspannung gehen mehr Phasenwechsel hervor. Vorsicht vor dem zu frühen Vormischen, die Trackspur läuft nicht einfach so gleichförmig aus.

Flip auf B1, 'Spiritually Unconscious (Dissolve)' bietet sich schon flexibler als Bindeglied zwischen Warm-Up und Highlight-Ordner an. Ob es diese Zügigkeit oder das bittende Fluoreszieren sind sei dahingestellt aber es wirkt schon sehr anpassungsfähig. Zu Beginn baut sich ein genügsamer House-Rhythmus auf, 909-Presets kommen dazu und geben dem Ganzen einen familiären Touch. Je weiter der Track voranschreitet, desto mehr Synth-Progressionen modulieren sich zusammen.

Richtig gescheppert wird dann auf 'Compulsive Thinking: Repetitive And Pointless'. Wuchtige Taktgeber konstituieren satte Funktionalität, während Drone-Schwaden zu- und aufziehen und das Stück düster einfärben. Vor allem aber im Subbassbereich steckt enorm viel Druck. Hier ist das eigentliche Stück versteckt. Auf der Hälfte schieben die Bässe raus, kurze Hi-Hat-Pattern zählen ein, bis das mächtige Klangkonzept wieder in seine Form findet und weiter bollert. Das ist so weit abseits vom quasi-spirituellen Anspruch zeitgenössischer Clubkultur und viel näher dran an dem was Tanzflächen eigentlich brauchen. Viel Chichi hat Sumner ja noch nie nötig gehabt.

’Awakening From The Illusory Self’ ist am 16.04.2021 auf Tresor erschienen.

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