Workshop: Techno produzieren mit 2pole – Teil VI: Controller

Workshop: Techno produzieren mit 2pole – Teil VI: Controller

Workshops. 25. August 2019 | / 5,0

Geschrieben von:
2pole (Marcus)

2pole. Diesen Namen dürften Techno-Fans zuletzt immer häufiger gelesen haben, denn die beiden Musiker sorgen derzeit für mächtig Betrieb auf den Tanzflächen. Von Adam Beyer über Tale of Us bis zu Ida Engberg spielten sämtliche Größen der Szene ihre Tracks in den kleinen Clubs und auf den großen Floors der Festivals. Wir konnten Mitglied Marcus für eine Workshop-Serie gewinnen, in der er die Herangehensweise beim Produzieren vom Signature-Techno von 2pole nachvollziehbar erklärt: 

Jeder, der mit einer DAW an einem Rechner arbeitet, ob Apple Mac oder Windows PC, wird wohl einen Controller besitzen – egal in welcher Form. Diese Geräte dienen zur Eingabe eurer Ideen, also Noten, Automationsverläufe, Drum-Sequenzen, aber auch Zufallswerten, die am Ende einen fertigen Song ergeben. Das ständige „Umherwedeln“ mit der Maus oder das wilde Gestikulieren auf dem Trackpad erzeugt meist nur ein statisches Konstrukt eures entstehenden Werkes. Okay, manchmal ist diese Arbeitsweise effektiver, vielleicht sogar durch langjährige Übung mit den Steuergeräten des Computers ein wenig schneller. Trotzdem lohnt sich ein Blick auf einige Hardware-Helfer für DAWs. Denn Knöpfchen drehen und Trigger-Pads spielen ist meist kreativer und vor allem „musikalischer“.

2pole's Studio

In meinem Studio läuft alles in der DAW Ableton Live zusammen. Die im Moment aktuelle Version dieser Software steuert mein komplettes Hardware- und Software-Sammelsurium. Alle externen Klangerzeuger und Effektgeräte werden auf der Audioseite in drei Soundkarten der Firma MetricHalo (2882) und drei ADAT Wandlern der Firma Focusrite (OctoPre) geleitet. Somit stehen mir 48 analoge und zusätzlich nochmals sechs digitale Ein- und Ausgänge gleichzeitig zur Verfügung, die über Firewire (mit Thunderbolt-Adapter) mit meinem iMac 5k kommunizieren.

Jeder Synthesizer, Drumcomputer, externe Sequenzer und fast alle externen Effektgeräte besitzen entweder einen MIDI- oder einen USB-Anschluss. Darüber werden die MIDI-Daten mit der DAW ausgetauscht wie zum Beispiel Noten, MIDI-Clock zur Synchronisation, und Parameterwerte aller Drehregler und Buttons. Und genau diese lassen sich natürlich auch über andere MIDI-Controller in derselben Weise kontrollieren. Eigentlich eine gute Sache, denn so kann ich von meinem Studiotisch alle Geräte fernsteuern, die MIDI empfangen können.

Minimal zur Beschleunigung

Und genau das vereinfacht den Workflow ungemein. Denn ich muss nicht ständig im Studio hin und her laufen oder mich mit dem Bürostuhl drehen, um hier und da einen Regler auf die Schnelle nachzujustieren. Nur müsst ihr die für euch passenden Controller finden. Denn nicht jeder ist für jeden sofort zugänglich oder kann genau das erfüllen, was ihr euch vorstellt damit erledigen zu können.

Der Markt ist mittlerweile ziemlich unübersichtlich und gefüllt, sogar schon übersättigt an Controllern jeder Art. Hier gibt es zum einen die reinen und klassischen Masterkeyboards in verschiedenen Klaviaturgrößen, zum Beispiel mit nur zwei Oktaven oder eine richtig große Piano-Tastatur mit 88 gewichteten Tasten. Diese Keyboards wurden über die Jahre modernisiert und erweitert. Die Standard-Tastatur ist nunmal nicht alles, was ein Computer-Musik-Produzent zur Eingabe benötigt. Drumpads, Regler, Fader und sonstige Bedienungsformen wurden integriert. Es gibt in diesem Sektor ständig innovative Weiterentwicklungen, um aus dem „normalen“ Klavierfeeling etwas neuartiges zu formen. Die Firma ROLI entwickelte dafür das Seaboard Rise, auf das ich später eingehen werde.

Trigger-Pads mit Mehrfachfunktion

Auf der anderen Seite gibt es Controller, die euch ganz anders an die Musik heranführen wollen, was auch praktische Seiten hat. Diese haben zum Beispiel eine kompaktere und mobilere Bauweise der Hardware. Hier gibt es den Ableton Push 2, das Novation Launchpad, der schon in den letzten Techno-Workshops eingesetzte Arturia Beatstep Pro oder ganz experimentelle Ansätze wie das Linnstrument von Roger Linn. Die neuesten Controller kommunizieren sogar regelrecht mit den einzelnen Plugins eurer DAW (wie zum Beispiel Native Instruments NKS-Support). Auf kleinen Bildschirmen wird euch angezeigt, was ihr hier und da regeln könnt. Sogar der Blick auf den Computerbildschirm bleibt erspart. Es gibt sogar Firmen, die komplett individuelle Controller nach Kundenwunsch (siehe Stephan Bodzin) bauen, oder gar Bausätze anbieten, sodass ihr selbst euer Bedienfeld konfigurieren könnt (Livid Instruments).

Das Linnstrument.

Eine weitere Kategorie an Controllern sind Hardware-Sequenzer, mit denen ihr Melodie-Verläufe, aber auch Automationen über einen Zeitverlauf von mehreren Takten über Regler und Buttons programmiert. Ich nutze hierfür gerne den Urzwerg Pro von der Berliner Firma MFB oder auch den kleinen Korg SQ-1. Moderne Synthesizer und Drumcomputer wie zum Beispiel Analog Four oder Digitakt von der schwedischen Firma Elektron bieten solche Sequenzer von Hause aus. Meist könnt ihr diese auch zur Steuerung eurer Software-Synthies oder anderer Hardware einsetzen.

USB, MIDI und CV

Viele oben genannten, reinen DAW-Controller verfügen ebenso über einen Stepsequenzer. Aber die analogen Pendants sind vielseitiger und bringen viele Vorteile, wie zufällig erzeugte Fehler, die oft zu einem fantastischen Ergebnis führen können. Darüber hinaus bieten sie die Möglichkeit, über CV-Ausgänge ein Modular System mit der DAW zu verbinden und synchron zu eurem Song zu steuern. Viele solcher Eingabemöglichkeiten bereichern die Kreativität und das ist während der Entstehung eines Songs mehr als wichtig. Die meisten externen Sequenzer sind nicht sehr teuer oder schon zu einem sehr guten Preis bei eBay (Kleinanzeigen) oder in den üblichen Facebook Gruppen zu haben. Testet es einmal aus: Ihr werdet überrascht sein, wie viele Ideen ihr aus solchen kleinen Kisten herausholen könnt.

Anschließen, schrauben und die Sequenz laufen lassen. Jeder Eingriff auf einen Parameter verändert den Verlauf oder den Klang des Sounds. Und genau diese fließenden Verläufe, trotz gleichbleibender Melodie oder Sounds, sind sehr wichtig für einen abwechslungsreichen Track.

Korg SQ-1 Sequenzer

Der Push zur Kreativität

Für mich ist Ableton Push 2 mein Basis-Controller für die Hauptsteuerung meiner DAW Ableton Live. Alle wichtigen Parameter des Songs, meiner Software-Synthesizer und Effekte laufen hier zusammen und sind direkt vor mir auf dem Tisch sichtbar. Ich kann sehr schnell zwischen verschiedenen Kanälen hin und her schalten und alle Werte verändern und aufzeichnen. Die Haptik ist für mich hervorragend. Nur an die neuartige Pad-„Klaviatur“ musste ich mich gewöhnen. Mittlerweile kann ich – anders als auf meinem Masterkeyboard – Harmonien und Melodielinien exakt einspielen ohne nachdenken zu müssen, der intuitiven Bedienung sei Dank.

Mit Push 2 wird auf dem neuen Display sogar die Wellenform zur Nachbearbeitung am Controller in Echtzeit übertragen. Live auf der Bühne, aber auch im Studio beim Jammen, kann der Computer-Bildschirm (teilweise) komplett ausgeschaltet werden. Mein Highlight beim Push 2 Controller sind die Sequenzer. Zum einen gibt es hier den mit dem Drum Rack verbundenen Drum-Stepsequenzer, aber auch der Melodie-Sequenzer bringt mich immer wieder zu neuen, teilweise verrückten Melodien und Basslines.

Ableton Push 2

Ist MPE zukunftsweisend?

Eine absolut neuartige Innovation lieferte uns für einiger Zeit die Firma ROLI mit dem Seaboard Rise. Äußerlich wirkt es wie ein normales Keyboard, aber sobald ihr es in die Finger bekommt, werdet ihr merken, dass sich das Material unter euren Fingern bewegen lässt, quasi „fließt“. Es ist ein sogenannter 5D Touch Controller, der nicht nur die gespielten Notenwerte an die DAW schickt, sondern gleichzeitig auch den Druck und die Position auf der Taste als Information an das angeschlossene Instrument weitergibt. Natürlich ist die Bedienung nicht sehr einfach und ich musste zuerst sehr viel üben, wie bei jedem neuen Instrument. Die Ergebnisse sind dagegen grandios!

Die Möglichkeiten, die sich hieraus ergeben, sind endlos, da der Controller jedem Synthesizer-Parameter oder über Makros mehreren Funktionen zugewiesen werden kann. Leider versteht Ableton Live 10.1 solche neuartigen Controller noch nicht nativ. Es gibt auf der ROLI Internetseite eine sehr gute Anleitung zur Einrichtung des Controllers. Aber laut Ableton scheint dieses Feature ganz oben auf der Liste der Entwickler-Crew zu stehen. Wir sind gespannt!

ROLI Seaboard Rise

Fazit

Ich habe hier in meinem Artikel nur an der Oberfläche des riesigen Angebots gekratzt, um euch ein wenig zu vermitteln, wie ich hier meine Studiozeit verbringe. Jeder von euch sollte sich vor dem Kauf genau überlegen, was er überhaupt mit dem neuen Studiogerät anfangen möchte. Natürlich ist auch das Platzproblem ein ganz großes Thema. Deswegen checkt mal die Anbieter und testet, was das Zeugs hält. Ich kann euch nur empfehlen in einen Controller zu investieren – für das Studio und auf jeden Fall für eure nächste Live-Performance auf der Bühne.

Für alle, die noch tiefer ins Thema "Techno produzieren" einsteigen wollen, habe ich noch eine Buchempfehlung: 

Elektronische Musik produzieren

Veröffentlicht in Workshops und getaggt mit 2pole , Ableton , Ableton Push 2 , controller , Korg SQ-1 , Linnstrument , ROLI Seaboard , Techno produzieren , workshop

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